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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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demonstrieren wollte, dass er bereit wäre, sie in Sekundenschnelle wieder zu schließen. Die beiden Kommissare stellten sich vor und zeigten ihre Dienstausweise.
    »Sauber. Ihr fehlt mir noch in meiner Sammlung. Nach den Geiern von der Bank und diesem Verbrecher von Insolvenzverwalter kommt ihr mir gerade recht.«
    Batzko räusperte sich deutlich hörbar. »So herzlich werden wir selten willkommen geheißen. Könnten Sie uns das vielleicht drinnen näher erläutern?« Wilfried Scharnagl hielt Batzkos Blick mehrere Sekunden lang stand, zuckte dann die Schultern und ließ die Kommissare eintreten. Die Diele und das Wohnzimmer gingen ineinander über und schienen so groß und offen wie eine Reithalle. Der Boden war durchgehend gefliest. Es gab einen Kamin, der mit Stapeln aus Holzscheiten umbaut war, schwarze Ledersessel und eine ebenso schwarze Couch mit verchromtem Gestell, die nicht so recht zum wuchtigen, braunen Wohnzimmerschrank passen wollte. Auf einem runden Plexiglastisch sah Gerald einige gerahmte Fotos. Familienbilder – von der Hochzeit (das Ehepaar Scharnagl in einer Pferdekutsche), der Einweihung des Hauses, der Geburt eines Kindes, eines Sohnes, das erzählten jedenfalls die Bilder von der Kommunion und der Einschulung. Frau Scharnagl, dunkelhaarig, vollschlank, lachte auf jedem Bild. Wilfried Scharnagl – noch bartlos – blickte ernst, aber nicht unfreundlich in die Kamera. Ein Kraftkerl aus dem bayrischen Bilderbuch, der mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der hiesigen Freiwilligen Feuerwehr engagiert war und bei Dorffesten im Fingerhakeln seine Gegner niederrang.
    »Kann ich etwas zu trinken anbieten, bei der Hitze?« Scharnagls Stimme klang nun um einiges freundlicher. »Wasser, Bier?«
    »Gerne. Sehr nett«, sagte Gerald, der sich tatsächlich ausgetrocknet fühlte, aber auch daran dachte, dass es die Atmosphäre lockern würde.
    »Für mich nichts, danke«, gab Batzko knapp zurück. Er hat die unfreundliche Begrüßung also noch nicht verdaut, dachte Gerald. Während Scharnagl in die Küche ging, sah er aus dem Fenster in den Garten, der bis zur Bundesstraße reichte. Eine Baumreihe diente als Sicht- und Hörschutz. Der Garten war zum Teil naturbelassen, was Gerald persönlich sehr gefiel. In der Mitte eine Rasenfläche und seitlich durfte wachsen, was immer die Natur hervorbrachte.
    Scharnagl kam zurück und balancierte auf einem Tablett mehrere Flaschen und Gläser. Den Werkzeuggürtel hatte er abgelegt. Nun wirkte sein Bauch noch voluminöser.
    Batzko bestätigte mit einer knappen Handbewegung seine Entscheidung, nichts trinken zu wollen.
    »Sie haben nichts dagegen, dass ich mir selbst ein Bier anbiete?«
    »Warum sollten wir?« Gerald nahm sich ein Wasser.
    Wilfried Scharnagl leerte eine Flasche Weißbier in ein Glas, wartete geduldig, bis sich der letzte Schaumtropfen vom Flaschenhals abgeseilt hatte, und sank mit einem Seufzen der Behaglichkeit in den Sessel. Nur seine Augen flackerten weiterhin unruhig. »Das war, bis vor Kurzem jedenfalls, der beste Moment, den mir der Herrgott jeden Tag schenken konnte. Zehn, zwölf Stunden auf der Baustelle geschuftet oder nebenan in der Halle, der Holzstaub wirbelt in deine Lungen, in deine Haare, klebt in deinem Mund, aber dann kommst du nach Hause und weißt, jeden Stein hier, jeden Balken, jedes Fenster hast du selbst in der Hand gehabt und mit deinem Schweiß verdient, und die Frau, die du immer noch liebst, nach zwanzig Jahren, deren Hintern du immer noch hinterherschaust, bringt dir ein Bier, und ich sitze da, wo Sie jetzt sitzen, und sehe in den Garten und freue mich, dass mein Leben so stabil und grad ist wie ein Kreuz auf einem Berggipfel.«
    Scharnagl wollte trinken, zögerte aber, sein Blick verdüsterte sich. Dann nahm er lediglich einen kleinen Schluck, beinahe widerwillig, und stellte das Glas zurück auf den Tisch.
    »Sie können sich denken, warum wir hier sind.« Batzko ging nicht auf Scharnagls Monolog ein.
    »Wegen dem Baumann, nehme ich an. Habe es in der Zeitung gelesen. Na und?« Scharnagl hob träge die Schultern.
    »Es berührt Sie also nicht weiter.«
    »Hatte er Familie, Kinder, Enkelkinder? Weiß ich nicht. Hatte er irgendwann irgendwem etwas Gutes getan? Weiß ich auch nicht. Ich habe ihn zwei-, dreimal gesehen, beruflich, worauf ich gerne verzichtet hätte, wie Sie sich vorstellen können. Er hat seine Drecksarbeit gemacht bei mir, und jetzt schickt das Gericht eben einen anderen, der mein Leben und auch das Werk meines

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