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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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der oberen. Das schmale, nicht weiter auffällige Haus besaß einen voll verglasten Wintergarten zur Straße hin, der wohl nachträglich an das sicher hundert Jahre alte Haus angebaut worden war, dennoch fügte er sich gut in den architektonischen Stil des Hauses ein. An der Glasfront hingen einige Immobilienanzeigen.
    Batzko und Gerald öffneten das schmiedeeiserne, hüfthohe Gartentor und gingen über den mit Steinen ausgelegten Weg zur Eingangstür. Auf der linken Seite, in Höhe des Hauses selbst, befand sich die Garage. Der Garten hinter dem Haus war, soweit Gerald es von hier erkennen konnte, natürlich und schlicht gehalten. Rasen, Sträucher, Bäume, keine Blumen.
    Als Batzko auf die Klingel drückte, öffnete sich die Tür automatisch. Von der Diele führte links eine Treppe in den ersten Stock. Das Firmenemblem von Thaler Immobilien auf einer Milchglastür direkt vor ihnen wies den Weg in die Geschäftsräume.
    Sie war nicht abgeschlossen. Batzko ging voraus.
    Gerd Thaler saß an einem großen, altmodischen, tiefbraunen Schreibtisch und telefonierte. Die Ellbogen auf den Tisch gestützt, den Kopf gesenkt, offensichtlich ganz konzentriert auf das Gespräch, hatte er die beiden Kommissare weder gehört noch gesehen.
    »Verehrte Frau Brandstätter, ich weiß, Sie sind berufstätig, Sie haben Termine, aber dennoch … bitte? … Natürlich, Sie sind Kundin, ich bin Dienstleister, es ist nur so, dass auch ich Verpflichtungen habe, ich muss meine Zeit wie Sie auch … nein, verehrte Frau Brandstätter, das ist keine Kritik, niemals würde ich mir das erlauben, ich bitte nur um Verständnis, wenn ich darauf hinweisen muss …«
    Der Immobilienmakler zuckte kurz mit dem Kopf, als hätte er eine Ohrfeige bekommen. Dann legte er den Hörer langsam auf die Gabel und massierte sich, den Blick weiterhin auf den Schreibtisch gerichtet, mit den Fingerspitzen die Schläfen, als hätte er einen akuten Anfall von Migräne.
    Batzko hüstelte. Erschreckt fuhr Thaler hoch, sah die beiden Besucher und realisierte erst, als Gerald seinen Ausweis vor sich hielt, dass er eine Verabredung mit den Kommissaren hatte. Er stand auf und zeigte die formvollendete Andeutung einer Verbeugung. »Sie müssen bitte entschuldigen«, sagte er leise. »Dreimal hintereinander hat mich die Dame versetzt. Dreimal! Es geht um eine absolut hochpreisige Wohnanlage in Bogenhausen, da kann man doch eigentlich, sollte man meinen, ein gewisses Benehmen voraussetzen und nicht, dass ich an drei Nachmittagen vor der Anlage warte, eine ganze Stunde lang, und die Dame mich nicht einmal informiert, dass sie keine Zeit hat, weil sie angeblich nicht aus einer ultrawichtigen Besprechung herauskommt. Ultrawichtig, das sagt man offensichtlich heute, wenn man gerade Anfang dreißig und sehr reich ist. Dann kann man es sich offenbar auch leisten, einfach aufzulegen.«
    Gerd Thaler hob kraftlos die Arme, sein Blick irrte im Raum, als wüsste er nicht, was er mit seinen Besuchern und sich selbst anfangen sollte. Er war ein großer, auffallend hagerer Mann mit einem schmalen, sehr fein geschnittenen Gesicht. Man hätte ihn für einen Künstler, vielleicht einen Dirigenten, halten können. Mund und Nase waren schmal, die hohen Wangenknochen verliehen seinem Gesicht etwas Asketisches. Er trug einen grauen Westenanzug und statt einer Krawatte ein Halstuch in dezenten Farbtönen.
    »Verzeihen Sie meine ungebetenen Ausführungen«, sagte er und wies mit dem linken Arm auf die Sitzgruppe im Wintergarten. »Sie kommen ja nicht hierher, um sich Klagen über den Verfall unserer Umgangsformen anzuhören. In Ihrem Metier geht es schon um Handfesteres, wenn ich mich so ausdrücken darf.«
    Die beiden Kommissare setzten sich in die Sessel, die links und rechts neben dem tiefen Glastisch standen. Gerd Thaler nahm den Sessel mit dem Blick auf die Straße und schlug die Beine übereinander.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee, Tee, Mineralwasser?«
    Die Kommissare lehnten dankend ab. Gerald überlegte, wie alt Thaler wohl sein mochte, und schätzte ihn dann auf Ende fünfzig, Anfang sechzig. Ein gutes Jahrzehnt älter als Baumann und Mostert.
    »Wo Sie gerade die Umgangsformen erwähnt haben, Herr Thaler«, sagte Batzko unvermittelt. »Da gab es eine Vermisstenmeldung mit Foto von Herrn Baumann, und da muss die Frage erlaubt sein, warum Sie keinen Anlass gesehen haben, uns zu kontaktieren. Einmal abgesehen davon, dass Sie unsere Ermittlungen wesentlich erleichtert hätten.«
    Thaler

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