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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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stattdessen gemacht?«, hakte Batzko nach.
    »Wir sind nach Hause gefahren, haben den Wagen stehen lassen und sind spazieren gegangen. Gegen neunzehn Uhr waren wir wieder zu Hause und haben zusammen gegessen. Meine Frau hat danach ferngesehen, ich habe gelesen.«
    »Gibt es dafür Zeugen? Hat ein Nachbar Sie gesehen? Haben Sie zufällig telefoniert in der Zeit ab einundzwanzig Uhr?«
    »Bitte? Ist das Ihr Ernst? Unterstellen Sie etwa, dass ich die Unwahrheit sage? Darf ich Sie daran erinnern, dass wir einen engen Freund verloren haben? Dass uns dieses tragische und offenbar willkürliche Verbrechen sehr verstört hat?« Gerd Thaler wirkte so fassungslos, als hätte Batzko sich in seinem Haus die Schuhe ausgezogen, um sich die Fußnägel zu schneiden.
    Dieser blieb ganz ruhig und drehte die Handflächen nach außen. »Reine Routine. Sie verstehen das sicher.«
    Thaler seufzte und schüttelte den Kopf. »Es gab wohl ein oder zwei dienstliche Anrufe, aber am Sonntagabend erlaube ich mir, sie vom Anrufbeantworter aufzeichnen zu lassen. Gegen Mitternacht sind meine Frau und ich zu Bett gegangen. Reicht Ihnen das als Antwort? Bei allem Verständnis für Ihre Pflichten – auch wir haben die unsrigen, und ich fürchte, ohne zu direkt werden zu wollen …«
    Gerald erhob sich. »Wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch. Es mag durchaus notwendig sein, dass wir noch ein zweites Mal mit Ihnen reden müssen. Dass Sie erreichbar sind, setze ich voraus.«
    Batzko fuhr auch auf dem Rückweg geradewegs in den Stau am Luise-Kiesselbach-Platz. So hatte Gerald genug Zeit, das riesige Alters- und Pflegeheim eingehend zu betrachten, das wie eine Kaserne aus wilhelminischer Zeit wirkte. Er verspürte plötzlich eine tiefe Sehnsucht nach seinem Sohn, schmerzhaft wie der Stich eines Messers. Er selbst hatte keine Geschwister, seinen Vater würde er wohl nie mehr wiedersehen. Die Vorstellung, seinen Lebensabend alleine, ohne Kind und Familie, in einem Altersheim zu verbringen, bedrückte ihn. Würde er Severin am kommenden Wochenende endlich wieder einmal sehen können? Er zwang sich, an etwas anderes zu denken.
    »Ich kann noch nicht richtig einordnen, was in der Wohnung passiert sein soll«, sagte er unvermittelt. »Arndt Baumann leert die Alkoholvorräte, Dr. Mostert schwitzt seine Ehekrise aus und erinnert sich an seine unverwirklichten Jugendträume. Aber wenn man das Ehepaar Thaler hört, war es ein fröhliches Miteinander wie in einer Ferienwohnung in den Alpen. Das passt doch nicht zusammen.«
    »Vielleicht kann es in deinen Augen gar nicht passen, weil du zwanghaft ein Motiv bei diesen Leuten suchst. Was ist, wenn es wirklich ein Zufallstäter war? Oder eine Gruppe von gewaltbereiten, betrunkenen Männern, die auf dem Rückweg vom Flaucher noch kurz einen Obdachlosen aufmischen wollten?«
    In diesem Moment piepste Geralds Handy. Es war eine SMS . »Kann ich heute Abend einen Nachtisch vorbeibringen? Ich habe wieder einen Hundert-Stunden-Tag. Anne.«
    Gerald lächelte und sah aus dem Fenster. Er spürte, wie sich sein ganzer Körper entspannte. Die Erinnerungen an das letzte Treffen, als sie so nervös gewesen war, und er anschließend befürchtet hatte, sie würde sich wieder von ihm zurückziehen, waren wie weggewischt.
    »Hundertmal ja« tippte er und steckte das Handy wieder weg.
    Batzko schwieg einen Moment, während sie durch den Trappentreutunnel fuhren. Dann schlug er mit der Faust auf Geralds Oberschenkel. »Du grinst, als wärst du auf Drogen. Es kann sich also nur um Plan B gehandelt haben.«
    »Kein Kommentar.«
    »Undank ist des Kollegen Lohn.«
    »Du bist kein Kollege. Du bist die Pest eines Kollegen.«
    Im Büro protokollierte Gerald das Gespräch in Solln. Er konnte sich nur schlecht konzentrieren, musste immer wieder den Anfang eines Satzes streichen, weil er nicht mehr wusste, wie er ihn zu Ende bringen sollte. Wenn Anne direkt von der Arbeit kam und Hunger hatte? Er überlegte, ob er vorher noch etwas einkaufen sollte. Er entschied sich dafür und machte eine kleine Liste.
    Sie erwies sich später als überflüssig. Anne hatte keinen Hunger. Sie hatte auch keinen Nachtisch mitgebracht. Nur sich selbst.

13
    »Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.« Dr. Vordermayer blickte in die Runde. Sie bestand aus einem oder zwei Kollegen aller Kommissariate. In der so genannten Großen Runde ließ er sich an diesem Morgen über alle aktuellen Vorgänge unterrichten. An seiner Seite saß Tanja Hillenbrand. Die

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