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Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Tote von der Isar: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schmitter
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zur Seite. Er war an diesem Samstagmorgen besonders früh aufgestanden, um frische Semmeln und die Zeitung zu holen. Nun, nach dem gemeinsamen Frühstück, zog Nele Severin an, damit sie zu dritt einkaufen fahren konnten. Gerald kümmerte sich um den Abwasch, doch seine Gedanken kreisten weiterhin um den Artikel. Erneut ließ er die Begegnung in der Giesinger Wohnung Revue passieren. Womöglich hatte er die Situation der Thalers bisher zu oberflächlich betrachtet? Da war zum einen Gerd Thalers Eifersucht. Zweifellos. Aber was war eigentlich mit der Beziehung zu ihrer Tochter? Seine Fragen dazu hatte das Ehepaar nur ausweichend beantwortet. Das musste er bei ihrem nächsten Gespräch unbedingt nachholen.
    Sie fuhren mit dem Wagen zum Supermarkt. Severin saß vorne im Einkaufswagen, ließ die Beine baumeln und spielte mit der Kette, an der der Verschluss hing, während Nele links und rechts in die Regale griff. Der Wagen füllte sich nach und nach mit einem Berg von Lebensmitteln, Windeln, Babycremes und einem Spielzeugauto – so wie früher. Gerald wusste nicht einmal, ob Nele vor ihrer Abfahrt überhaupt eine Rückfahrkarte gekauft hatte. Doch ihm wurde immer deutlicher bewusst, dass sie höchstwahrscheinlich bei ihm bleiben würde.
    Nachdem sie die Einkäufe zu Hause verstaut hatten, ging Gerald mit seinem Sohn zum Spielplatz. Der Tag gehorchte tatsächlich der Wettervorhersage. Es war spätsommerlich warm, der Himmel wolkenlos. Entsprechend voll war der Spielplatz. Gerald kannte einige Eltern und Mütter von früheren Besuchen. Er las in ihren Augen die Überraschung, ihn nach Monaten wieder mit seinem Sohn zu sehen, und die Neugier, den Grund zu erfahren. Aber er hatte keine Lust auf Gespräche, wich den Blicken aus und setzte sich ins Gras am Rand des Sandkastens. Severin platzierte er vor sich, mit einem kleinen Angebot an Schaufeln und Förmchen. Sein Sohn schien zufrieden zu sein. Wie ein kleiner Buddha hockte er umgeben von seinen Spielsachen im Sand.
    Gerald nahm sein Handy aus der Jackentasche. Es fühlte sich plötzlich bleischwer an. Es war noch ausgeschaltet, und Gerald beließ es dabei. Er hatte Angst vor einer Nachricht von Anne, oder auch davor, dass sie ihm keine geschrieben hatte. Er sehnte sich nach ihr und wusste gleichzeitig nicht, was er ihr hätte sagen sollen. Die Wahrheit? Aber was war die Wahrheit? Er verstand ja selbst nicht einmal, warum Nele ihre Meinung so schnell geändert hatte. Und was er eigentlich wollte.
    Severin wurde plötzlich unruhig und quengelig, als könne er Geralds Gedanken lesen. Er füllte etwas Sand in eine von Severins Plastikmuscheln, kippte sie aus, wiederholte den Vorgang und gab die Muschel dann seinem Sohn in die Hand, der sie erst einmal in den Mund nahm. Eine halbe Stunde später ging Gerald mit seinem Sohn zurück nach Hause. Sie aßen gemeinsam, Nele legte Sevi schlafen, und Gerald nahm die Zeitung, ohne sich auf einen Artikel konzentrieren zu können.
    Der Mordfall wollte ihm einfach nicht aus dem Kopf gehen. Er dachte an das Ehepaar Thaler, und jeder Gedanke war verbunden mit der Gewissheit, dass dort die Lösung des Falles zu finden war. Gerald konnte den Montag kaum erwarten und hoffte, dass der Staatsanwalt die Vorladungen noch am Wochenende abschicken würde. Er selbst wollte unbedingt mit der unbekannten Tochter der Thalers sprechen.
    »Was ist?«, fragte Nele mit unsicherer Stimme in genau diesem Moment. Sie hatte sich mittlerweile neben ihn gelegt, die Füße auf seinem Schoß, die jeden Abend, ob Sommer oder Winter, kalt waren. Wie früher, dachte Gerald, wie vor Sevis Geburt.
    »Nichts«, antwortete Gerald. »Da ist nur der aktuelle Fall, der mir nicht aus dem Kopf geht.«
    Aber es war Anne, an die er dachte, während Nele am obersten Knopf seines Hemdes nestelte.

18
    »Starnberger See?«
    »Warum nicht? Bilderbuchwetter, Bilderbuchlaune bei Sevi, es ist vielleicht der letzte Sommertag im Jahr. Ab morgen tauchst du wieder in deinen Fall ab, und der ist noch viel tiefer als der Starnberger See, wie ich dich kenne.«
    Eine Stunde später hatten sie es durch den Stau am Luise-Kiesselbach-Platz – geradeaus ging es nach Solln, zu den Thalers, dachte Gerald – bis auf die Autobahn geschafft. Natürlich war Starnberg randvoll mit Tagestouristen, Fahrradfahrern, Spaziergängern, Motorradfahrern und Millionären, die ihre Oldtimer ausführten.
    Nele und Gerald brauchten lange, bis sie einen Parkplatz gefunden hatten. Dann spazierten sie über eine

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