Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
Helm aufgesetzt hatte, blieb er einen Augenblick sitzen und sah die Straße hinunter.
    Er hätte es dem Pastor nicht sagen können, doch während er dort für sich in ihrem Gebetsraum gewesen war, hatte er zum letzten Mal um Erleuchtung gebetet, was er denn tun solle, und es war ihm sofort in den Kopf gekommen, hatte ihn erschreckt, ihm den Atem genommen. Die Stimme jedoch war deutlich gewesen. Die Worte unmissverständlich. Er begriff nicht, warum er das tun sollte, denn es war derart abwegig, damit hätte er niemals gerechnet. Doch je länger er nun darüber nachdachte, während er rittlings auf seiner Maschine im Dunkeln saß, desto richtiger und klarer erschien es ihm. Wenn sonst nichts half, dann würde zumindest das sie aufwecken, sie dahin bringen, zu verstehen, ihr den rechten Weg weisen. Deshalb musste er es tun. Nicht für sich selbst, für sie. Das Opfer war für sie. Vielleicht erkannte sie es nicht auf Anhieb, aber sie würde es bald begreifen, denn das war Seine Antwort, und Gottes Antwort konnte nie falsch sein.
    Er ließ das Motorrad aufheulen und fuhr aus dem Tor. Der Pastor hinter ihm schaute auf und schüttelte den Kopf. Er sprach ein kurzes Gebet für den Jungen, dass er nicht in einen Unfall raste.

[home]
    Fünfundsechzig
    U nd du kommst damit gut zurecht, wie ich sehe?«, fragte Peter Wakelin noch einmal.
    »Alles in bester Ordnung.«
    »Ich kann nicht gut delegieren, fürchte ich.«
    Jane lachte. »Das habe ich mir schon gedacht. Ehrlich, Peter, hier wird noch alles stehen, wenn du zurückkommst.« Sie erhob sich und steckte die Papiere vom Tisch in ihre Mappe. Der Morgen war mild, Sonnenstrahlen drangen durch den unvermeidlichen Nebel von Cambridge. Sie fragte sich, wie oft der Dean die Absprachen und Zeitpläne für alles, was während seiner Abwesenheit stattzufinden hatte, noch durchgehen wollte. Jetzt musste sie zu ihrem Doktorvater und dann eine Studentin in der psychiatrischen Notaufnahme besuchen, doch als sie an der Tür war, sagte Peter Wakelin: »Jane – hast du nachher zu tun?«
    »Wann nachher? Ich habe den ganzen Tag keine freie Minute mehr, fürchte ich.«
    »Ich meine, heute Abend. Ich habe mich gefragt, ob du vielleicht mit mir zu Abend essen würdest.«
    Sie zögerte. Sie hatte ein schnelles Essen im Trinity College und einen Abend am Schreibtisch geplant. Das wollte sie nicht umstoßen. Doch als sie ihm einen Blick zuwarf, änderte sie ihre Meinung. Der Mann ist einsam, dachte sie, und er kann sich weder einem geselligen Abend mit dem gesamten College noch einem Abend allein stellen. Sie wusste, wie es einem dabei ging. Sie war gern mit sich allein, aber in den letzten beiden Jahren hatte es Zeiten gegeben, als ihr alles andere lieber gewesen wäre.
    »Das wäre schön«, sagte sie.
    Etwas, das sie als Erleichterung auslegte, erhellte seine Gesichtszüge.
    »Sollen wir uns am Haupttor treffen? Um halb acht? Ich komme mit dem Auto.«
    »Können wir nicht zu Fuß gehen?«
    »Nein, nicht dahin, wohin wir wollen.«
    »Gut. Bis später.«
    Sie ging hinaus, um ihre Post aus der Pförtnerloge zu holen. Sie hatte das Gefühl, auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein, als hätte sie etwas missinterpretiert, ohne zu wissen, was oder warum. Die Frage beschäftigte sie, während sie zum Krankenhaus fuhr, um die Studentin zu besuchen, die man in die Psychiatrie eingewiesen hatte.
    Jane kannte Polly Watson nicht, soweit sie sich erinnern konnte, doch die junge Frau, eine Studentin im zweiten Jahr, hatte um ihren Besuch gebeten. Ihre Studienleistungen waren einwandfrei, sie hatte bisher keine nachgewiesenen medizinischen Probleme gehabt und war im Allgemeinen so gut wie unsichtbar gewesen.
    Jane hatte nur wenig Erfahrung mit Psychiatriepatienten. Sie hatte mit Sicherheitsmaßnahmen gerechnet, doch die Frau am Empfang sah sie nur schief an und bat sie, Platz zu nehmen. Warum, fragte sich Jane, stellen sie die Stühle immer an die Wände, überall in Krankenhäusern und Wartezimmern, reglementiert und ziemlich beunruhigend? Stuhlgruppen vermittelten ein ganz anderes Gefühl.
    Ein paar Menschen warteten, die Köpfe gesenkt, und redeten nicht miteinander. Nur eine Frau blätterte in einer Zeitschrift, ohne etwas zu lesen. Ein Mann kam herein, gab seinen Namen an, setzte sich und stand gleich wieder auf. Ging hinaus.
    Einige kamen und gingen. Jane entschied, dass eine Viertelstunde eine vernünftige Wartezeit war, bevor sie wieder an den Empfang gehen würde.
    Eine Frau kam mit zwei

Weitere Kostenlose Bücher