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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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oder so bekommen. Dachte, ich könnte ein bisschen bummeln, was ich auch getan hab, aber die Lichter und der Lärm gingen mir so auf die Nerven, dass mir der Schädel fast geplatzt ist. Ich war nicht so fit, wie ich dachte, und beschloss daher, wieder zurückzugehen.«
    »Ich sehe Sterne, Matty, mir schwirrt der Kopf.«
    »Was Sie nicht sagen.«
    »Wann wurden Sie überfahren?«
    »Das hab ich nicht gesagt.«
    »Hören Sie, Sie beantworten meine Fragen jetzt direkt, oder ich belange Sie wegen Zeitverschwendung eines leitenden Beamten.«
    »Sie?«
    »Ja, ich. Und jetzt noch mal von vorn.«
    »Ich war im Hangar. Ich schlief ganz ruhig in einer Ecke, und da kam er, leuchtete mir mit der Taschenlampe in die Augen, ich stand auf, und er leuchtete mit der Taschenlampe ein bisschen herum, ich hab mich umgedreht, und er hat zugeschlagen. Kapiert?«
    »Das war also der Unfall.«
    »Furchtbar war das. Zwei Wochen im Krankenhaus, und alles war wie im Nebel, dann war ich im Wohnheim und dachte, ich brauch ein bisschen frische Luft, man wird verrückt, wenn man in so einem Haus eingepfercht ist und eigentlich gewohnt ist, draußen zu leben. Ich bin also rausgegangen. Nur war der Jahrmarkt gerammelt voll, Gott und die Welt, und nur blitzende Lichter und Krach, die meinem Schädel noch mehr zusetzten. Keine gute Idee. Deshalb dachte ich mir, geh zurück. Aber der Gedanke, zurückzugehen, und ihn in die Tat umzusetzen, waren zwei Paar Schuhe. So was hab ich noch nie erlebt. Konnte mich nicht bewegen. Ich war ganz am anderen Ende vom Jahrmarkt. Hier ein bisschen schieben, da ein bisschen, sich hierhin und dahin schlängeln. Mein Schädel brummte, das kann ich Ihnen sagen. Und da hab ich ihn gesehen.«
    »Gesehen?«
    »Ihn. Und es bestand kein Zweifel. Das traf mich wie der Blitz, und ein bisschen mehr Erinnerung kehrte zurück. Wie eine Lampe, die angeht. Als ich ihn sah. In dem Augenblick, als ich ihn sah. Vieles weiß ich immer noch nicht, es ist wie ein schwarzer, verschwommener Rand ringsum, aber das Stückchen kam so deutlich wie nichts wieder hoch.«
    Er schob seinen Becher im Kreis herum, äußerst konzentriert, als versuchte er, sich das Bild wieder vor Augen zu rufen.
    »Ich weiß, ich hab einen Schlag abbekommen, aber ich bilde mir nichts ein. Ich weiß, es war halb dunkel, aber er hatte eine Taschenlampe, und das war es! Die Taschenlampe. Als ich ihn auf dem Jahrmarkt wiedersah, kam von irgendwoher ein Licht, von einem der Fahrgeschäfte oder aus einer Bude, die ringsum Glühbirnen haben, er stand neben einer. Er war es.«
    Matty Lowe sah Whiteside triumphierend an.
    »Ich brauche einen Namen, eine Beschreibung. Vielleicht können Sie noch mal vorbeikommen und sich ein paar Fotos ansehen, ob Sie ihn wiedererkennen.«
    »Die brauch ich nicht.«
    »Dann kennen Sie ihn?«
    »Nein, ich kenne ihn nicht.«
    »Wissen Sie, wie er heißt?«
    »Nee. Ich kann Ihnen nur sagen, was er ist. Als ich ihn sah.«
    Graham Whiteside seufzte. »Dann fahren Sie fort.«
    Matty Lowe fuhr fort. Es dauerte nicht lange.
    Als er fertig war, nahm Whiteside ihm den leeren Becher aus der Hand, warf ihn in den Abfalleimer und geleitete ihn aus der Wache.
     
    Der DS lief die Betontreppe hinauf, zwei Stufen auf einmal, und grinste vor sich hin. Als er wieder im Dezernatsbüro war, lachte er laut. Gerade hier brauchte er jetzt Gelächter. Er war dem Penner fast dankbar, dass er mit seiner verrückten Geschichte gekommen war. Als hätten sie sonst nichts zu tun.

[home]
    Siebenundsechzig
    D as ist hart«, sagte Judith, »hart für dich.«
    Ihre Krücken lehnten an der Wand, und sie stützte ihr Bein mit dem sperrigen Gips am Spülbecken ab. Sie schälte Möhren und sah aus dem Fenster des Bauernhauses auf das Herbstlaub, das in die Einfahrt herabsegelte. Das Fleisch war geschnitten, die Zwiebeln gehäutet, der Fond fertig. »Hast du noch Thymian und ein Lorbeerblatt?«
    »Im Beet gegenüber von der Küchentür. Ich hol’s.«
    »Wenn man zurzeit aus dem Fenster schaut, ist immer schönes Wetter – ruhiges Wetter.«
    Judith nahm das Bündel Thymian von Cat entgegen und roch an den Stengeln.
    »Wenn er zu Hause bleiben will, dann sollte er auch. Du weißt, ich werde dir helfen, so gut ich kann. Und Richard natürlich auch.«
    »Ohne euch würde ich es nicht schaffen. Es geht um die Kinder …«
    »Versuch nicht, alles vor ihnen zu verbergen.«
    »Ich weiß.«
    »Verzeih, Cat – ich wollte dich nicht bevormunden. Hast du Petersilie?«
    »Ich hole

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