Der Toten tiefes Schweigen
zurückgehalten«, sagte Serrailler, als er aus dem Wagen stieg.
Drei Streifenpolizisten hielten die Stellung, der Sergeant wirkte erleichtert, als er Simon erblickte.
»Leiten Sie die Ermittlung, Sir? Wir hatten keine weitere Sichtung, keine Schüsse – falls es ein Schuss war.«
»Wer hat es gemeldet?«
»Eine Frau, die ihren Hund ausführte. Wohnt da drüben, in Nummer 17 . Scheint glaubwürdig. Sie hat einen Motorradfahrer angehalten, er hat den Mann am Fenster mit der Waffe gesehen, und dann, ein paar Sekunden danach, mit der Frau. Hat uns über Handy angerufen.«
»Hat der Mann das Fenster geöffnet, etwas hinausgerufen?«
»Nein, Chef.«
» DCS Serrailler?« Der Leiter der Sondereinheit trat zu ihm, der Wagen war ein paar Meter entfernt abgestellt.
Simon sagte ihm, was er wusste.
»Was wollen Sie tun?«
»Warten. Nur um zu sehen, ob wir Verbindung aufnehmen können.«
»Okay. Sagen Sie uns Bescheid.«
Simon trat zurück und sah am Haus hinauf. Dann entfernte er sich in die entgegengesetzte Richtung, um nachzudenken.
Die sechs Männer der Sondereinheit warteten im Wagen. Im Unterschied zu allen anderen Polizeikräften waren diese Sondereinheiten bewaffnet.
»Immer dieselbe Scheiße«, sagte Steve Mason. »Da saust man wie ein geölter Blitz los und sitzt dann dumm rum.«
»Wahrscheinlich eine Wasserpistole«, meinte Duncan Houlish.
»Ein Schatten von jemandem.«
»Sein eigener Arm.«
»Kinder. Oft sind es Kinder.«
Aber sie waren angespannt, während sie warteten, bereit, kribbelig, denn sie wollten in Aktion treten. Sie waren dazu ausgebildet, loszuschlagen, doch in neunzig Prozent der Fälle kamen sie nicht zum Einsatz.
Clive Rowley schaute auf seine Füße. »Macht schon«, sagte er kaum hörbar.
»Könnte mit dem anderen zusammenhängen«, meinte Steve.
»Womit? Melanie Drew?« Clive sah ihn an.
»Sobald da draußen ein Irrer mit einer Waffe rumläuft …«
»Wer sagt denn, dass es ein Irrer ist?«
Clive zupfte sich lose Hautfetzen vom Finger. Sie nörgelten weiter. Er zog es vor zu schweigen. Bereit. Dabei waren die anderen auch bereit, aber sie redeten zu viel.
Im Wagen war es heiß.
Steves Kaugummi wanderte hin und her, im Kreis herum, mit einem nassen, schmatzenden Geräusch.
»Liverpool wird drei zu null gewinnen«, sagte einer.
»Das geht unentschieden aus. Die haben nicht die Stürmer.«
Die Themen wechselten ständig.
»Wir brauchen hier drinnen eine Klimaanlage.«
»Kriegt deine Frau diese Woche ihr Kind, Tim?«
»Nächste. Sie hat die Nase voll. Die Hitze macht ihr zu schaffen.«
»Das wievielte ist das jetzt, das dritte?«
»Drei plus.«
Clives rechter Fuß juckte in seinem Stiefel. Das konnte einen verrückt machen, es juckte, und man kam nicht dran. Doch sobald er den Stiefel aufschnürte, würde bestimmt der Einsatz losgehen.
Fünf Minuten später, als Serrailler zurückging, einen Plan im Kopf, öffnete sich die Haustür, und ein Mann kam heraus, die Hände erhoben, und schüttelte den Kopf. Eine junge Frau folgte ihm, klammerte sich an seinen Arm, schrie, es sei nichts passiert, er habe ihr nichts getan, es sei ein Streit um nichts gewesen.
Die Waffe war ein Spielzeuggewehr, das dem fünfjährigen Sohn der Frau gehörte.
Im Wagen der Sondereinheit herrschten Ernüchterung und Verärgerung. Sie waren dazu ausgebildet. Brannten darauf. Waren gespannt. Fluchten ausgiebig über einen neuen falschen Alarm, eine weitere Schicht, in der sie nur rumgehangen hatten.
Draußen vor dem Haus rollten zwei Polizisten das Absperrband auf. Die Straße leerte sich. Der Zirkus zog weiter.
»Die sollten solche Leute dafür bestrafen, dass sie unsere Zeit vergeuden. Ein Tausender würde reichen«, sagte die Kriminalbeamtin auf dem Weg zurück zum Revier.
»›Solche Leute‹ haben keinen Tausender. Der eigentliche Punkt ist aber doch, eine junge Frau wurde ermordet, und wir haben ihren Mörder noch nicht gefunden. Meinen Sie, wir hätten das hier ignorieren sollen?«
Sie seufzte. »Das Problem ist, alle sind gereizt. Ein Spielzeuggewehr, du liebe Zeit!«
Serrailler beschloss, es dabei bewenden zu lassen. Sie alle würden den Rest der Schicht über nörgeln, nicht zuletzt die bewaffnete Sondereinheit. Sie wussten, dass es wahrscheinlich noch eine Reihe solcher Vorfälle geben würde, bis Melanie Drews Mörder gefasst war, denn niemand würde ein Risiko eingehen, alles, was auch nur halbwegs verdächtig war, würde eine Überreaktion hervorrufen.
Er
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