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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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ihrem Cappuccino.
    »Womit?«
    »Irgendetwas ist doch passiert. Komm schon.«
    Sinnlos, sie hinzuhalten. Lizzie kannte sie zu gut. Kaum war Helen zur Tür hereingekommen, nachdem sie zum ersten Mal mit Phil ausgegangen war, hatte Lizzie bemerkt: »Du mochtest ihn, nicht wahr? Es hat funktioniert, oder?«
    »Gut«, hatte Lizzie immer wieder gesagt. »Gut«, nachdem sie mehr gehört hatte.
    Außerdem war sie am nächsten Tag nach Hause gekommen und hatte verkündet, ein Freund, dessen Bruder die Schule besuchte, an der Phil unterrichtete, bezeichne ihn als »anständig« und »nicht blöd«.
    »Mach nicht so viel Aufhebens. Das ist albern, ich weiß nicht mal, ob er es ernst gemeint hat.«
    »
Was
ist albern?«
    »Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm zum Töpfermarkt gehe!«
    »Ach du liebe Güte. Du machst Witze!«
    »Offensichtlich nicht. Da er zehn Minuten später noch einmal anrief, um mir zu sagen, es sei keiner. Kein Witz, meine ich.«
    »Eigentlich … finde ich das richtig süß. Ja, ganz bestimmt. Ihr könnt zusammen Zuckerwatte essen und in der Geisterbahn Händchen halten, und er kann an der Schießbude so ein rosa Kaninchen mit vorstehenden Zähnen für dich schießen.«
    »Danke vielmals!«
    »Du gehst doch hin, oder?«
    Diese Frage hatte Helen sich mehrfach gestellt, ohne sie endgültig zu beantworten. Der Töpfermarkt war es nicht. So weit, so gut. Ein Jahrmarkt war ein Jahrmarkt, ganz gleich, mit wem man ihn besuchte, und wenn sie sich dort nicht amüsieren konnte, dann war sie ein hoffnungsloser Fall. Doch sie spürte, dass sie, wenn sie mit Phil hinginge, einen entscheidenden Schritt tun würde – über eine Grenze zwischen einer einzigen Verabredung unter Freunden und …
    Und dem, wozu sie sich im Internet angemeldet hatte, was immer es war.
    »Mum?«
    »Ja, natürlich gehe ich hin«, sagte sie und wischte sich Butter vom Mund. »Und ich nehme auch noch einen Espresso.«

[home]
    Elf
    E r war aufgeregt. Er ging mit diesem flauen Gefühl in der Magengrube zu Bett, das er als kleiner Junge an Heiligabend immer gehabt hatte. Mit demselben Klumpen wachte er auf, als ihm klarwurde, welcher Tag heute war.
    Das herrliche Wetter hielt an. Der riesige Mond. Die Nebel im Morgengrauen. Heiße Tage. Nach sechs Uhr abends wurde es frischer.
    Sie waren draußen auf dem Gelände des Clandine-Anwesens, fünfundzwanzig Kilometer westlich von Lafferton. Hierher kamen sie immer zur Abschlussjagd der Saison. Das Waldstück, der Hügel dahinter, der steile Hang zum See hinunter – es war perfekt. Die Gastfreundschaft war unübertroffen. Die Sponsoren waren großzügig. Aber es war mehr als das. Bei der Abschlussjagd kam alles zusammen. Für ihn war es mehr als ein Tag draußen, ein gutes Mittagessen. Er brach auf, um zu gewinnen. Er brach immer auf, um zu gewinnen. Seit dem ersten Mal, als er auf Tontauben geschossen hatte.
     
    Er war früh da. Man baute noch auf. Es war ein englischer Jagdparcours von acht Ständen mit jeweils zehn Wurfscheiben und einem neuen sogenannten Hochhaus mit hundert Wurfscheiben. Der beste Parcours, den man sich vorstellen konnte. Die Wurfscheiben würden hoch fliegende Fasane, sehr hoch fliegende Fasane simulieren, kreuzende Tauben, aufgescheuchte Rebhühner und verschiedene andere, ein stetiges Kommen und Gehen. Die größte Herausforderung überhaupt.
    Angestellte der Sponsoren spannten ein Band zwischen zwei Pfosten. Das Zelt für die Verköstigung war aufgestellt. Landrover voller Mädchen und Besteckkörben fuhren über das Feld.
    Er ging zurück zum Wagen. Lehnte sich an die Motorhaube, sah zu, beobachtete, prüfte die Atmosphäre, die Visierlinie, den Hintergrund, sah und beobachtete. Nahm mit dem Auge Maß.
    Zwei Mitglieder gesellten sich zu ihm. Er nickte. Nahm die Beobachtung wieder auf. Wenig später würde er hundert Meter vom Hochhaus weggehen, wieder zurück. Sehen. Er schlenkerte mit den Armen. Drehte den Kopf hin und her. Bleib locker. Bleib flexibel. Bleib gelassen.
    Er benutzte eine doppelläufige Flinte, Kaliber 32 . Dieselbe, die er in den letzten drei Jahren benutzt hatte. In den Jahren, in denen er gewonnen hatte.
    Er entfernte sich vom Wagen. Ging mit gleichmäßigen Schritten auf das Hochhaus zu, sah und beobachtete. Schlenkerte mit den Armen.
    Doch er vergaß nicht, danach ins Zelt zu gehen, sich bei den lächelnden blonden Mädchen ein Frühstücksbrötchen zu holen, gebratenen Speck und Pilze, alles mit an einen Gruppentisch zu nehmen, zu reden, zu lachen,

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