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Der Toten tiefes Schweigen

Der Toten tiefes Schweigen

Titel: Der Toten tiefes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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Witz, Judith. Dann komm, schnell, die Schlange rückt vor.«
    »Judith, wenn du …«
    »Ist schon gut«, sagte Judith und wurde fortgezogen, »ehrlich. Warum gehst du nicht mit Hannah über die Wackeltreppe ins Spiegelkabinett? Geht schon, ich spendier es euch.«
    »Danke! Hast du Lust, Hanny?«
    »Ja!«
    Sie trennten sich. Als Cat einen Blick zurückwarf, standen Sam und Judith am Schalter, kurz davor, hineinzugehen.
     
    Clive Rowley, Paul J. und Paul C. schoben sich durch die dichte Menge, die auf den Sky-Dive zuströmte. Niemand trat für sie zur Seite.
    »Wie Krankenwagen«, sagte Paul C., »die Leute pflegten für sie zur Seite zu fahren, aber heutzutage nicht mehr.«
    »Doch. Immer. Wo kommst du denn her?«
    »Er könnte hier jeden erschießen – die Waffe in der Tasche, direkt in den Rücken, keiner würde es merken.«
    »Nicht so leicht. Im Übrigen würde er das nicht tun.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Weil«, sagte Clive, als sie die Dienstwagen auf der anderen Seite erreichten, »er ein Planer ist, unser Meisterschütze, kein Abstauber.«
    »Du hast zu viel von diesem Profiler-Müll gelesen.«
    »Wieso ist das Müll?«
    Doch der Generator hinter ihnen war wieder angesprungen, und Paul J.s Antwort wurde verschluckt.
     
    Simon Serrailler warf einen Blick über die Schulter, als er sich vom Jahrmarkt entfernte. Die deutliche Polizeipräsenz funktionierte. Kriminalbeamte waren überall, standen in den Schlangen vor den Pommesbuden und den Boxautos, schlenderten zwischen Schießständen und Glücksspielbuden, standen zu zweit neben den Wahrsagehäuschen. Uniformierte sprachen mit Kindern und Teenagern, alberten mit den Älteren herum, nahmen zwei Taschendiebe fest. Die Fahrzeuge der bewaffneten Sondereinheiten standen für alle sichtbar am Rand. Er hatte ein gutes Gefühl. Kein Schütze würde heute Abend hier ein Risiko eingehen.
    Er hatte versucht, seine Schwester zu finden, aber die Menge war zu dicht. Er würde sie später treffen, doch vorerst machte er sich auf den Weg aus dem Gedränge hinaus zur Nebenstraße, die auf den Kathedralenhof führte. In fünf Minuten wollte er einen Whisky trinken und das letzte Kapitel des neuesten Aurelio-Zen-Krimis von Michael Dibdin lesen, der mehr Windungen hatte als die Spiralrutsche auf dem Jahrmarkt.
     
    Sams Augen leuchteten, als ihr Wagen durch die Plastikvorhänge in das silbrige Halbdunkel der Geisterbahn schoss und sogleich zwei Skelette vom Dach herunterrasselten, sie beinahe berührten und wieder nach oben entschwebten. Aus der Lautsprecheranlage ertönten grässliche Schreie und Kreischen, während sie in die pechschwarze Dunkelheit rasten. Judith spürte, wie Sam ein Stückchen näher rückte, bis sein Bein das ihre berührte. Der Wagen kippte nach unten, und direkt vor ihnen öffnete sich ein Grabstein. Eine Plastikfledermaus, glatt und kalt, wehte wie Seetang in ihre Gesichter.
    »Alles klar?«, fragte sie, doch aus den Wänden des Tunnels tauchte ein Geist auf, dessen grauenhaft verstärktes Stöhnen lauter als ihre Frage war, lauter als das Geschrei und Kreischen der Menschen in den Wagen vor und hinter ihnen.
    Sie wurden langsamer, dann plötzlich wieder sehr schnell, und der Tunnel machte eine scharfe Biegung nach rechts. Diesmal packte Sam ihre Hand, und zwei Wagen hinter ihnen drückte Helen Phils Hand, unwillkürlich verängstigt. Sie sah sein Gesicht in dem grünen, phosphoreszierenden Licht, künstlich bleich, seine Zähne blitzten auf, als er sich ausschüttete vor Lachen.
    Lärm wallte auf, als sie mit einem Ruck ins Dunkle abtauchten, dann ging es plötzlich immer schneller hinab, bis der Wagen heftig hin und her schwankte und die Gleise sich vor ihren Augen aufzubäumen schienen. Helen schrie. Das grüne Licht war erloschen, ringsum herrschte Finsternis und höllischer Lärm, während Metall und Holzbalken sich verzogen, Leinwand riss und das gesamte Fahrgeschäft allmählich einstürzte, der obere Teil krachte hinab in den nächsten, der Boden des gesamten Aufbaus brach unter dem Gewicht zusammen und kippte nach vorn in die Menschenmenge.
     
    Simon Serrailler hörte den Lärm und dachte im ersten Augenblick, dass nicht ein Schuss, sondern ein ganzes Sperrfeuer über den Platz hallte. Dann drehte er sich um und sah, dass die Geisterbahn vornüberkippte und wie ein Kartenhaus einsackte. Er vernahm das unfassbare Geräusch von reißendem Metall und splitterndem Holz, den explodierenden Generator und die entsetzten Schreie, die

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