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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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deshalb war er hier.
    Sein älterer Bruder William, der jetzt im Knast saß, hatte mit Raymond Benjamin Geschäfte gemacht, als die beiden noch jung gewesen waren, und als Benjamin wieder aus dem Gefängnis kam, hatte er Michael angeheuert. Aber Michael Tate war klug genug zu wissen, dass das, was er auf diese Weise verdiente – auch wenn er sich über die Bezahlung nicht beklagen konnte –, nur ein Taschengeld war im Vergleich zu dem, was Modedesigner verdienten. Verdammt, warum sollte Michael Tate nicht können, was irgendwelche rappenden Weicheier konnten?
    Die Frage war, wie kam man von hier nach dort? Vielleicht wäre es vernünftig, als Erstes seinen Schulabschluss nachzuholen. Aber darüber würde er sich ein anderes Mal Gedanken machen.
    Vorerst saß er hier mit Nesto Henderson auf einem beschissenen Parkplatz fest und bewachte eine junge Frau, die wahrscheinlich niemandem etwas getan hatte. Und dabei musste er sich als Schwuchtel bezeichnen lassen von diesem Schwachkopf, der selbst keine Frau kriegte, sich aber über ihn lustig machte, weil er Zeitschriften las. Und zu alledem knurrte auch noch sein Magen.
    »Ich hab Hunger«, sagte Tate.
    »Dann geh rüber zur Bude und hol dir ein Sandwich. Und wenn du schon mal da bist, bring mir auch gleich eins mit.«
    »Wie kannst du so blöd sein? Man kauft niemals ein Sandwich in einem Imbiss, wo es auch chinesisches Essen gibt. Und man isst niemals chinesisch von einem, der Sandwiches verkauft.«
    »Pedro-Fraß rühr ich aber nicht an«, entgegnete Henderson mit einem Blick zu dem mexikanischen Imbiss.
    »Hör mal, die verschwindet hier ohnehin nicht so bald. Sie hat schließlich eine Kundin, und außerdem ist es noch zu früh, um Feierabend zu machen. Lass uns was suchen, wo man anständig essen kann, und später wiederkommen.«
    Henderson sah zu Chantel Richards hinüber und bewunderte, wie sie ihre Hüften zur Musik bewegte. »Wär ‘ne Schande, wenn wir die umlegen müssten. Von der Sorte laufen nicht viele rum.«
    »Wir sollen ihr doch bloß folgen, um rauszukriegen, wo dieser Romeo wohnt.«
    »Ich meine ja nur, könnte sein, dass wir’s müssen.« Und mit einer Kopfbewegung zum Zündschlüssel fügte Henderson hinzu: »Also los, fahren wir.«
    Tate ließ den Motor des Nissan an und fuhr los. Oben an der Riggs hielt er bei Gelb, und an der nächsten Kreuzung setzte er gewissenhaft den Blinker. Sie hatten geladene Waffen unter den Sitzen, und er wollte nicht von der Polizei angehalten werden.
    Nesto Henderson hatte schon einige Erfahrung. Wenigstens behauptete er das. Michael Tate konnte sich selbst verteidigen und auch Raymond Benjamin, falls es nötig werden sollte, aber er hatte keine Lust, zum Killer zu werden. Schließlich hatte Benjamin selbst einmal zu ihm gesagt, mit diesem Kapitel habe er abgeschlossen.
    Ich bringe keine Frau um, dachte Michael Tate. Nie im Leben.

NEUNUNDZWANZIG
    Die Vernehmungszelle war stickig wie immer. Dominique Lyons saß auf einem Hocker, der fest auf dem Boden montiert war. Die Sitzfläche war absichtlich klein gehalten, sodass es einem großen Mann schnell unbequem wurde. Lyons war nicht mit Fußschellen an die Beine des Hockers gefesselt. Zu diesem Zeitpunkt der Vernehmung war Detective Bo Green, der ihm gegenübersaß, noch Lyons’ Freund. Sie hatten erst kurz miteinander gesprochen.
    Lyons trug ein Authentic-Trikot der Redskins, mit Sean Taylors Namen und der Nummer 21 auf dem Rücken. Diese Authentics wurden auf der Straße für hundertfünfunddreißig, hundertvierzig gehandelt. Die brandneuen Jordans, die Lyons an den Füßen trug, kosteten hundertfünfzig. Der Wert von Lyons’ Schmuck – einer echten Rolex, Ringen, Diamantohrsteckern und einer Platinkette – bewegte sich im fünfstelligen Bereich. Auf Greens Frage nach seinem Lebensunterhalt antwortete Lyons, er habe eine Autowerkstatt an der Straße, in der er wohne.
    »Wie ich sehe, sind Sie ein Fan von Taylor«, stellte Green fest.
    »Der Junge ist unglaublich«, sagte Lyons, der selbst hochgewachsen und langgliedrig war. Er hatte breite Schultern und ein kantiges, attraktives Gesicht. Das Haar hatte er zu langen Zöpfen geflochten, die seine Wangenknochen umrahmten. Seine Augen waren tiefbraun und flach, der Traum eines Präparators.
    »Kein Wunder, er war auf der Miami. Sie wissen ja, diese Hurricanes haben’s einfach drauf.«
    Lyons nickte. Dabei sah er Bo Green direkt in die Augen.
    »Sie haben selbst in der Highschool-Liga gespielt, nicht wahr?«, fuhr

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