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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Green fort. Das war geraten, aber Green konnte sich denken, dass irgendwann einmal ein Trainer auf den großen jungen Mann mit der athletischen Statur aufmerksam geworden war.
    »Eastern«, bestätigte Lyons. »Ich war D-back.«
    »Corner oder Safety?«
    »Free Safety.«
    »Wann war das? Muss Ende der 90er gewesen sein, oder?«
    »Ich hab nur ein Jahr gespielt. 99.«
    »Ich erinnere mich, die Rambiers hatten in dem Jahr ein gutes Team. Verdammt, ich glaube sogar, dass ich Sie mal gesehen hab. Sie sind in dem Jahr gegen Ballou angetreten, nicht wahr?«
    Das war eine Lüge, und Lyons durchschaute sie. Aber er fühlte sich geschmeichelt.
    »Ich bin in meinem zweiten Studienjahr in die Uniauswahl gekommen.«
    »Sie sehen aus, als könnten Sie ordentlich rangehen.«
    »Ich hab die Jungs plattgemacht«, sagte Lyons.
    »Warum haben Sie nur eine Saison gespielt?«
    »Ich bin nach dem zweiten Jahr abgegangen.«
    »Ziemlich früh, wie?«
    »Verkürztes Studium. Ich war wohl ein Wunderkind.«
    »Football ist ein toller Sport. Für manche auch nützlich. Sie hätten bestimmt Kapital draus schlagen können, wenn Sie dabeigeblieben wären.«
    »Ich hätte wohl mit meinem Karriereberater drüber reden sollen. Wenn ich einen gehabt hätte.«
    »Ich trainiere ein Footballteam in Southeast«, sagte Green in gleichbleibend geduldigem Ton. »Ich und ein paar andere – wir sind zusammen dort aufgewachsen. Wir haben drei Gewichtsklassen. Wenn die Jungs regelmäßig zum Training kommen und ihre Schulnoten wenigstens ausreichend sind, garantiere ich ihnen, dass sie zum Einsatz kommen. Dabei geht es mir gar nicht mal darum, ob sie Talent haben.«
    »Und?«, entgegnete Dominique Lyons.
    Bo Green bedachte den Mann auf dem unbequemen Sitz mit einem raubtierhaften Grinsen. »Sie sind witzig, Mann. Hat Ihnen das schon mal jemand gesagt?«
    »Ich meine, nette Story, aber wir sind nicht zum Plaudern hier. Wenn Sie nichts gegen mich in der Hand haben, müssen Sie mich laufenlassen, ich hab noch was anderes zu tun.«
    »Ihnen wird der Besitz von Marihuana vorgeworfen«, sagte Green.
    »Den geb ich zu«, erwiderte Lyons. »Aber das ist hier in D.C. doch wie Falschparken. Also geben Sie mir meine Entlassungspapiere und meinen Gerichtstermin, und dann bin ich weg.«
    »Wenn Sie schon mal hier sind, würde ich Ihnen gern noch ein paar Fragen stellen.«
    »Worum geht’s denn?«
    »Um einen Mord. Das Opfer war ein junger Mann namens Jamal White. Kannten Sie ihn?«
    »Ich will ‘nen Anwalt«, sagte Lyons.
    »Ich möchte doch nur wissen, ob der Name Ihnen etwas sagt.«
    Lyons starrte Green an.
    »Es stimmt, Dominique: Sie haben das Recht auf einen Anwalt. Aber wenn Ihnen dieser Anwalt womöglich rät, nicht mit uns zu reden, können Sie später nicht mehr auf ein mildes Urteil plädieren. Ich meine, wenn Sie kooperieren und uns ein paar Informationen geben würden, die unsere Ermittlungen in diesem Mordfall voranbringen, dann würden beispielsweise die Vorwürfe wegen des Marihuanas, mit dem Sie heute erwischt wurden, höchstwahrscheinlich fallengelassen.«
    »Das kenn ich aus dem Fernsehen«, sagte Lyons.
    »Wie bitte?«
    »Sie wissen schon, die Sendung, wo dieser Weiße mit den Verdächtigen im Vernehmungszimmer sitzt und ihnen ausredet, von ihrem Recht auf einen Anwalt Gebrauch zu machen, und das jede Woche, seit wie lange? Zehn Jahren? Und dann schiebt er so einen gelben Block über den Tisch und sagt zu dem Verdächtigen, er soll sein Geständnis aufschreiben, und der Verdächtige tut’s. Klar, das hab ich gesehen. Das Problem ist nur, ich bin noch nie jemandem begegnet, der derart dämlich war. Vielleicht sind die in New York ja so naiv. Aber nicht hier in D.C.«
    »Sie sind ja ein ganz Schlauer, Dominique.«
    »Sag ich doch.«
    »Wie Doogie Howser.«
    »Wenn Sie’s sagen.«
    »Nun, wir werden mit Ihrer Freundin Darcia reden.«
    »Ach ja?«
    »Ist die auch so schlau wie Sie?«
    Bo Green stand auf. Er blickte auf Lyons hinunter, der mit gesenktem Blick vor sich hin starrte. Seine Hände, die er während der gesamten Befragung ruhig gehalten hatte, trommelten jetzt rhythmisch auf die verschrammte Tischplatte.
    »Ich hole mir was zu trinken«, sagte Green. »Wollen Sie auch was?«
    »Ein Slice.«
    »Haben wir nicht. Mountain Dew?«
    Lyons nickte knapp. Green warf einen Blick auf die Uhr, dann sprach er direkt in die Kamera unter der Zimmerdecke.
    »Elf Uhr zwanzig«, sagte Green, ehe er die Vernehmungszelle verließ.
    Bo Green wartete, bis sich die

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