Der Totengarten
Heights. Sie fuhren an Neubauten, älteren Wohnhäusern und Einkaufszentren vorbei, sahen junge Männer die Straße entlanggehen. Es war weniger ein Vorort als ein Ausläufer von Southeast D.C.
Holiday ging vom Gas und ließ sich weiter zurückfallen. Dann sah er, dass Dunne den Blinker setzte, und beobachtete, wie er ein Stück voraus auf das Gelände einer Tankstelle mit Shop einbog.
»Heilige Scheiße«, sagte Holiday in das Funkgerät.
»Was ist los?«
»Wechseln Sie auf die rechte Spur und folgen Sie mir auf den Parkplatz von diesem Einkaufszentrum.«
Als Cook näher kam, sah er den Tankstellenshop und Dunnes Explorer, der an einer Zapfsäule stand.
»Verdammich«, sagte Cook. »Da arbeitet Reginald Wilson.«
»Beeilen Sie sich und kommen Sie hier rüber.«
Cook fuhr auf den Parkplatz des heruntergekommenen Einkaufszentrums. Er bog in eine Parklücke neben Holiday ein, von der aus er die Central Avenue gut im Blick hatte. Holiday stieg aus dem Town Car, das Fernglas in der Hand, und setzte sich neben Cook in den Marquis. Cook schwitzte, und seine Augen glänzten.
»Ich wusste es.«
»Noch wissen wir gar nichts«, wandte Holiday ein und beobachtete durchs Fernglas, wie Dunne den Ford auftankte.
»Wilson ist dadrin«, sagte Cook. »Drüben neben dem Shop steht sein Buick.«
»Okay, er ist da. Das heißt aber noch nicht, dass die beiden etwas miteinander zu tun haben. Vielleicht ist Dunne wirklich nur zum Tanken hergekommen.«
»Soll das etwa heißen, wir unternehmen nichts?«
»Ja.« Holiday ließ das Fernglas sinken und legte es neben Cook auf den Sitz. »Nehmen Sie das. Behalten Sie den Shop im Auge.«
»Und Sie?«
»Ich bleibe an Dunne dran und versuche mit ihm zu reden. Im Augenblick rechnet er mit nichts … Das ist die beste Gelegenheit.«
»Und ich, soll ich hier etwa solange auf meinem Hintern sitzen?«
»Stellen Sie sicher, dass Wilson sich nicht von hier wegbewegt«, erwiderte Holiday, der wusste, dass er ohne Cook schneller vorankommen würde. »Wenn er wegfährt, beschatten Sie ihn.«
»Bleiben wir in Funkkontakt?«
»Wenn ich mich Dunne nähere, werde ich mein Funkgerät ausschalten. Er soll nicht wissen, dass ich mit jemandem zusammenarbeite. Ich melde mich dann wieder bei Ihnen, sobald ich fertig bin.«
»Einverstanden.«
Holiday musterte Cook, dessen Hemd feucht von Schweiß war. »Warum ziehen Sie nicht Ihr Jackett aus, Sarge?«
»Ich arbeite, junger Mann.«
»Wie Sie meinen.«
»Doc?« Cook streckte die Hand aus, und Holiday ergriff sie. »Danke.«
»Nichts zu danken.« Damit stieg Holiday aus dem Marquis und setzte sich wieder in seinen Lincoln. An der Parkplatzausfahrt blieb er mit laufendem Motor stehen.
Dunne hatte inzwischen den Tankstellenshop betreten. Ein paar Minuten später kam er wieder heraus. Er sprach in sein Handy, während er zu seinem Ford ging. Cook beobachtete, wie er vom Tankstellengelände fuhr und wie Holiday geduldig abwartete, bis er sich in einigem Abstand hinter ihm in den Verkehr auf der Central Avenue einfädelte. Dann waren die beiden verschwunden.
Cook stützte den Arm auf das heruntergelassene Seitenfenster und sah durch das Fernglas. Dann ließ er es wieder sinken und starrte den Buick auf dem Tankstellengelände an. Er wusste, dass Holiday nicht ehrlich zu ihm gewesen war, was Ramones Fortschritte bei der Ermittlung betraf. Wahrscheinlich hatte es in dem Johnson-Fall einen Durchbruch gegeben. Jetzt verfolgte Holiday Grady Dunne allein, weil er ihn, Cook, für einen alten Mann hielt. Zu alt für die Polizeiarbeit. Bei der Beschattung nur hinderlich. Aber Cook wollte nicht untätig herumsitzen und ein geparktes Auto bewachen. Reginald Wilson würde nicht von hier verschwinden, er hatte noch lange nicht Feierabend. Darum musste Cook hinüber zu Wilsons Haus. Etwas in Bewegung bringen, diesen jüngeren Männern zeigen, was noch in ihm steckte.
Cook schaltete Funkgerät und Handy aus. Er wollte jetzt weder mit Holiday noch mit irgendwem sonst reden. Für heute hatte er genug von der Technik. Er ließ den Motor des Marquis an und fuhr vom Parkplatz.
Draußen auf der Central Avenue hielt Holiday vier Fahrzeuge Abstand zu Dunne. Dunne blieb auf seiner Spur und fuhr konstant zehn Meilen über dem Tempolimit. Holiday konnte sehen, dass er noch immer telefonierte. Dadurch war er abgelenkt, und Holiday war zuversichtlich, dass er unbemerkt bleiben würde, bis Dunne sein Ziel erreicht hatte. Doch Holiday hatte bereits beschlossen, Dunne nicht so
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