Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
Vom Netzwerk:
Nähe betrachtet hatte Holiday sich doch nicht so gut gehalten, wie es von weitem schien. Er hatte die ungesunde Gesichtsfarbe eines Trinkers, die Falten eines Rauchers und einen deutlich hervortretenden Bauch, der gar nicht zu seiner hageren Statur passte.
    Ramone und Holiday gaben sich nicht die Hand.
    »Du hast die Leiche gemeldet«, stellte Ramone fest.
    »Stimmt.«
    »Erzähl mir, wie es dazu kam.«
    »Tja, das war so: Ich hatte meinen Wagen hier am Straßenrand abgestellt, irgendwann nach Mitternacht – ich würde sagen, so gegen halb zwei.«
    »Hattest du getrunken?«
    »Ein bisschen. Ich bin im Auto eingeschlafen. Ein paar Stunden später wurde ich wach, bin ausgestiegen, um pinkeln zu gehen, und habe dabei die Leiche entdeckt. Ich bin die Blair Road raufgefahren und habe von dem Münztelefon bei dem Spirituosenladen angerufen.«
    »Hast du die Leiche berührt? Hast du irgendwas am Tatort verändert?«
    Holiday grinste verkrampft. »Ich doch nicht.«
    »Ich frage nur, weil du, na ja, eben verschlafen warst.«
    »Die Antwort ist nein.«
    »Hast du irgendwann in der Nacht einen Schuss gehört?«
    Holiday schüttelte den Kopf.
    »Was noch?«, fragte Ramone. »Kannst du dich sonst noch an etwas erinnern? Hast du irgendwas gesehen?«
    Holiday sah sich um, den Blick auf nichts Bestimmtes gerichtet. Cook sagte: »Erzählen Sie’s.«
    »Ich bin zwischendurch ein paarmal wach geworden«, berichtete Holiday. »Du weißt schon, so im Halbschlaf. Ich habe nicht auf die Uhr geschaut. Es ist alles etwas verschwommen in meiner Erinnerung.«
    Weil du betrunken warst.
    »Was hast du gesehen?«, fragte Ramone.
    »Ein Streifenwagen ist an mir vorbeigefahren. Er kam von dahinten, aus der Sackgasse. Auf dem Rücksitz hinter dem Gitter saß ein Festgenommener. Schmale Schultern, dünner Hals.«
    »Ein männlicher Cop?«
    »Männlich, weiß.«
    »Hat er angehalten, um dich zu überprüfen?«
    »Nein.«
    »Hast du das Kennzeichen gesehen?«
    »Nein.«
    »Woher weißt du, dass die Person auf dem Rücksitz ein Verdächtiger war?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was sonst noch?«
    »Später habe ich einen Schwarzen durch den Garten gehen sehen. Den Bewegungen nach zu urteilen würde ich sagen, es war ein junger Mann.«
    »Wie konntest du erkennen, dass er schwarz war?«
    »Es war nicht mehr ganz dunkel, es fing schon an zu dämmern. Ich bin mir jedenfalls ganz sicher, dass er nicht weiß war. Und dann seine Haare. Und der Gang. Ich wusste es einfach.«
    »Du sagst, du hast diesen Burschen später gesehen. Wie viel Zeit lag zwischen dem Polizisten und dem jungen Mann?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Okay. Und weiter? Dann bist du also wieder eingeschlafen, und als du das nächste Mal wach wurdest, bist du ausgestiegen, um pinkeln zu gehen.«
    »Ja, so ungefähr war es. Ich hatte meine kleine Taschenlampe dabei. Ich habe seinen Namen auf dem Schülerausweis gelesen. Da habe ich eins und eins zusammengezählt und Sergeant Cook verständigt.«
    »Wegen der Palindrom-Morde.«
    »Genau.«
    »Sind Sie deshalb hergekommen?«, fragte Ramone, an Cook gewandt.
    »Die Parallelen sind nicht zu übersehen«, sagte Cook.
    »Die Unterschiede aber auch nicht«, entgegnete Ramone.
    »Und welche wären das?«
    »Dazu komme ich gleich.« Ramone wandte sich wieder an Holiday. »Doc, ich nehme an, du hast Zeugen dafür, wo du an dem Abend warst, bevor du deinen Wagen an der Oglethorpe abgestellt hast.«
    Holiday dachte an die Bar in Reston, an den jungen Handelsvertreter, mit dem er getrunken hatte, und die Frau, die als Hotelgast registriert war. Außerdem waren da noch die beiden Männer im Leo’s, die über den Paul-Pena-Song diskutierten, und der Barkeeper, mit dem er gesprochen hatte.
    »Keine Sorge«, erwiderte er. »Aber ich stehe doch nicht unter Verdacht, oder, Gus?«
    »Ich will nur sicherstellen, dass du nicht in Schwierigkeiten gerätst.«
    »Du sorgst dich ja rührend um mich, wie?«
    Ramone biss sich auf die Lippe. Damit hatte er gerechnet, und er hatte es wohl zum Teil auch verdient. Aber nur zum Teil.
    »Leiten Sie diesen Fall?«, fragte Cook.
    »Nein, ich helfe nur bei den Ermittlungen. Eigentlich ist es etwas anders – der Verstorbene war mit meinem Sohn befreundet. Er wohnte in unserer Nähe, und ich kenne seine Eltern.«
    »Schon irgendetwas herausgefunden?«, erkundigte sich Cook.
    »Ich möchte nicht unhöflich sein, Sir«, erwiderte Ramone, »aber das würde ich Sie gern zuerst fragen.«
    »Das ist nicht besonders sportlich von

Weitere Kostenlose Bücher