Der Totengräber (Horror-Roman) (German Edition)
dass sie sich letztlich doch nicht durchsetzen könnten. Im zweiten Fall würden sie mich wohl schlicht für bekloppt halten.“
„Oder dir nicht glauben und Fall eins annehmen.“
„Du sagst es!“
„Tja, Brad. Du siehst, es rächt sich, wenn man seine Eltern nicht richtig erzogen hat. Bis nachher.“
*
Mom kam spät nach Hause und war hundemüde. Sie sagte nicht mehr viel, machte ein Fertiggericht warm, während Brad den Tisch deckte. Anschließend aßen sie zusammen. Aber sie schwiegen beide die meiste Zeit.
„Es kommen wieder bessre Zeiten“, sagte Mom schließlich.
„Ja, sicher.“
„Vielleicht können wir uns nächstes Jahr sogar schon wieder eine kleine Urlaubsreise leisten. Floria wird nichts, aber vielleicht eines der Capes in Massachusetts.“
„Das ist nicht so wichtig, Mom.“
„Doch ist es. Und das weiß ich auch. Ich steige vielleicht in ein paar Monaten in unserem Büro etwas auf und bekomme dann etwas mehr Geld. Dann ist es nicht mehr ganz so knapp. Jedenfalls hat man mir das in Aussicht gestellt.“
„Prima, Mom.“
„Scheint dich ja nicht so besonders zu interessieren. Du scheinst mit den Gedanken irgendwie woanders zu sein.“
Brad antwortete nicht. Er wusste, dass jede Antwort die Fragerei nur verlängern würde. Er hatte aber keine Lust, mit Mom jetzt darüber zu sprechen, was ihn wirklich bewegte. Über den Totengräber, die Münzsammlung, den Geist seines Vaters und all das.
„Ich habe Mrs. McKee im Supermarkt getroffen. Sie hat mich angesprochen.“
„So?“
„Du hättest dich mit Lana getroffen.“
„Kann sein.“
„Magst du sie?“
„Geht so.“
Mom hat einen entscheidenden Konstruktionsfehler!, dachte Brad. Irgendwie ist der Aus-Knopf vergessen worden!
*
Mom ging früh ins Bett. Brad postierte sich in seinem Zimmer in der Nähe des Fensters und wartete ab, was sich auf dem Friedhof tat. Von Smith war nichts zu sehen. Vielleicht irrte sich Lana und der Vorrat an mentaler Energie reichte etwas länger.
Lana war überpünktlich. Um kurz nach elf kam sie auf das Grundstück und stieg mit der Leiter auf das Dach. Anschließend zog sie die Leiter hoch. „Wir wollen es den Typen ja nicht leichter machen als unbedingt notwendig!“, kommentierte sie ihre Handlungsweise.
Dann stieg sie in Brads Zimmer.
„Mom hat eingekauft. Ich habe hier ein paar Dosen Cola und Chips.“
„Ziemlich ungesund.“
„Schmeckt aber.“
Sie warteten ab. Die Nacht wurde sehr dunkel. Die Wolkendecke wurde immer dichter. Weder Sterne noch der Mond waren zu sehen. Die Kirche und der Friedhof glichen einer Ansammlung finsterer Schatten. Einzelheiten waren nicht zu erkennen, aber falls der Totengräber auftauchte, war ja damit zu rechnen, dass er eines seiner ewigen Lichter entzündete, um es auf einen Grabstein zu stellen.
„Was denken deine Eltern eigentlich, wo du bist?“, fragte Brad.
„Sie denken, dass ich bei meiner Freundin Jody übernachte.“
Brad grinste. „Dann können wir ja nur hoffen, dass dein Dad dir nicht hinterher telefoniert.“
„Im Moment haben wir ganz andere Probleme, Brad.“
Brad seufzte. „Du hast Recht. Weißt du was, ich werde mich jetzt mal ins Wohnzimmer schleichen und die Münzsammlung meines Vaters anderswo unterbringen.“
„Hast du schon eine Idee, wo?“, fragte Lana.
Brad deutete auf sein Bett. „Ich dachte da drunter.“
Lana lächelte. „Machen wir es denen nicht zu leicht.“
„Nur, wenn meiner Mom wieder mitten in der Nacht einfällt, sich die Sammlung anzusehen, gibt’s Ärger. Aber dazu ist sie im Moment wohl viel zu müde. Hoffe ich jedenfalls.“
*
Bis vier Uhr morgens hielten Brad und Lanas durch. Dann nickten sie kurz ein.
„Brad!“
Eine Gedankenstimme weckte Brad, ließ ihn von seinem Bett auffahren, wo sich Brad und Lana nur mal kurz niederlassen hatten. Lana erwachte ebenfalls.
„Hast du das auch gehört?“, fragte Brad.
„Eine Gedankenstimme!“, schloss Lana.
Brad nickte. „Dads Geist ist hier irgendwo!“
Ein schabendes Geräusch war aus dem Erdgeschoss zu hören. Brad und Lana wirkten einige Augenblicke lang wie erstarrt.
„Das sind Sie!“, flüsterte er. „Sie versuchen sich die Münzsammlung zu holen!“
„Ich werde den Sheriff anrufen.“
„Tu das.“
Brad wandte sich zur Tür. Vorsichtig öffnete er sie und trat in den dunklen Flur.
„Ich komme gleich nach!“, versprach Lana.
Brad schlich die Treppe hinunter. Aus dem Wohnzimmer hörte er Geräusche. Vorsichtig setzte Brad einen
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