Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
Riesensandwich, das auch einen kleinen Elefanten hätte sättigen können: ganze sechs dicke Scheiben Pastrami, mehrere Lagen Rindfleisch und Pute mit eingelegtem Gemüse, Sauerkraut, Zwiebeln, Blattsalat und grellgelbem Senf dazwischen, oben und unten eine dünne Scheibe Roggenbrot, alles zusammengehalten von einem langen Holzspieß. Max begnügte sich mit kubanischem Kaffee und Zigaretten.
Sie saßen Rücken an Rücken in zwei benachbarten Sitzecken am Ende des Gangs im Woolfies auf der Collins Avenue, einem riesigen Diner mit spiegelverkleideten Säulen, dicken roten Lederpolstern, Art-déco-Lampen und beige und braun gefliestem Fußboden.
»Angeblich ist er der Verbrecherkönig von Miami. Hat seine Finger in allem, was irgendwie verboten ist. Drogen, Prostitution, Erpressung, Glücksspiel, Autodiebstahl und so weiter, und so fort.« Drake nahm seinen Turm auseinander und zerlegte ihn in fünf kleinere Abteilungen, dennoch sah es noch immer nach einer gewaltigen Mahlzeit aus.
»Und wie kommt es dann, dass ich noch nie von ihm gehört habe?«, fragte Max. Heute war sein Informant als brasilianischer Fußballer erschienen: grüngelbes Trikot, blaue Shorts, weiße Strümpfe. Neben sich auf der Bank Fußballschuhe und ein Ball.
»Das ist genau der Punkt. Je nachdem, mit wem du redest, gibt es diesen Boukman, oder es gibt ihn nicht. Manche Leute meinen, die Haitianer hätten den erfunden, damit die Nigger, die ihnen das Leben schwermachen, Schiss kriegen – so eine Art Vogelscheuche für Verbrecher. Die Haitianer sagen, es gibt ihn wirklich. Zumindest die einfacheren Gemüter, die frisch vom Boot gestiegen sind. Die Reichen, mit denen ich in Kendall zu tun habe, halten das auch alles für Blödsinn.«
»Und du? Was denkst du?«
»Ich bin hier nicht der Bulle, Mingus. Ich erzähl dir nur, was ich höre und sehe. Aber wenn du meine wertlose Meinung hören willst … So ein Typ? Über den müsstet ihr doch irgendwas haben inzwischen. Keiner wird so groß, ohne aufzufallen. Jeder hinterlässt Spuren.«
»Richtig«, sagte Max und schickte dem süßen, starken Kaffee einen Zug von der Zigarette hinterher.
»Das Seltsame ist: Die Leute, die sagen, dass es ihn wirklich gibt, haben keine Ahnung, wie er aussieht. Oder sie glauben es zu wissen, aber jeder beschreibt ihn anders. Einige sagen, er ist weiß, andere, er ist schwarz, manche behaupten, er sei Latino – und ich habe mit einer alten Frau gesprochen, die mir erzählt hat, er sieht chinesisch aus. Die Leute sind sich nicht mal einig, ob er Mann oder Frau ist. Oder keins von beiden. Ein genialer böser Zwerg vielleicht, halb Kind, halb Mann. Ich habe sogar gehört, dass er zwei Zungen hat. Kann man das fassen?«
»Zwei Zungen?« Max lachte vor sich hin. »Die Frauen stehen bestimmt auf ihn.«
»Genau das dachte ich auch.« Drake schaufelte sich Fleisch und Sauerkraut in den Mund.
»Und das sind alles nur Gerüchte, richtig? Nichts Konkretes?«
»Nur Verandatratsch. Aber ich habe was gehört: Boukman hat eine Gang, die sich Saturday Night Barons Club nennt, SNBC. Schon mal davon gehört?«
Max schüttelte den Kopf.
»Und weißt du, warum? Weil es auch die nicht gibt.«
»Verstehe.« Max seufzte in seine Rauchwolke hinein.
»Die ist nicht wie die Gangs, die wir hier haben oder die man aus The Warriors kennt, oder wie die Crips und Bloods in LA, die sich wegen ihrer Gebiete die Köpfe einschlagen. Der SNBC hat kein Kennzeichen, kein Territorium, nichts dergleichen. Trotzdem erkennt man die Mitglieder auf Anhieb, weil sie nämlich vier Meter groß sind.«
»Hört sich an, als hättest du irgendwo am Lagerfeuer gesessen und einer Horde Kiffern zugehört, die zu viele Horrorfilme gesehen haben.« Max lachte, dabei wurde sein Geduldsfaden zusehends dünner. Das alles war lächerlich, auch wenn es Parallelen gab zu den Erkenntnissen, die Joe und er aus den Akten gewonnen hatten.
»Ich erzähle dir nur, was ich gehört habe, Mingus.« Drake schaute ihn scharf an und sah ehrlich gekränkt aus, Senf in beiden Mundwinkeln.
»Okay. Erzähl weiter«, sagte Max. »Warum heißen die Saturday Night Barons Club?«
»Hast du diesen James-Bond-Film gesehen, Leben und sterben lassen ?«
»Mit Gloria Hendry aus Black Caesar ? Ja, hab ich gesehen.«
»Erinnerst du dich an den Typen ganz am Ende, der vorn auf der Lokomotive sitzt – so ein großer Bruder mit weißer Farbe im Gesicht und Zylinder auf dem Kopf, der sich einen Ast lacht?«
»Ja, klar.«
»Das ist Baron
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