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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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handelte, aber man wusste es nicht mit Sicherheit, weil sie stark verbrannt war und die Polizei derzeit noch nach zahnärztlichen Aufzeichnungen suchte.
    Die MTF hatte ein Phantombild von Carmine Desamours an die Medien herausgegeben, zusammen mit einem Foto eines weißen Pickup ähnlich dem, den Max und Joe vor dem Haus der Desamours gesehen hatten. Einen Tag später hatte der Besitzer eines Gebrauchtwagenhandels unweit der Omni Mall auf dem Biscayne Boulevard angerufen und berichtet, Carmine habe den Pickup mit Aufpreis gegen einen olivgrünen 1977er Chevy Impala eingetauscht.
    Eine Beschreibung von Solomon hatten sie noch immer nicht. Der zweite Schwarze, der vom Unfallort auf der I95 geflohen war, hatte einen Mustang gestohlen, der – mit leerem Tank – auf der Maynada Street in Coral Gables gefunden worden war. Um 23.45 Uhr hatte eine Frau gemeldet, ein »bewaffneter Nigger« habe ihr auf der Hardee Road ganz in der Nähe mit vorgehaltener Waffe ihren Wagen, einen Volvo 262, gestohlen.
    »Wie laufen die Verhöre?«, fragte Sandra.
    Neben den sechs Überlebenden der Schießerei hatte die MTF bisher siebenundzwanzig Mitglieder des SNBC verhaftet.
    »Keiner von denen redet. Die haben alle eine Heidenangst vor Boukman. Wir haben denen das Schlimmste angedroht, was wir anzudrohen haben: lebenslänglich oder Todesstrafe. Und weißt du, was dieser eine Typ uns gestern gesagt hat? ›Ihr meint, ihr seid übel? Er ist schlimmer.‹ Ich meine, was kann schlimmer sein als ein Leben im Knast oder der Tod?« Max lachte.
    »Die Macht des Mythos«, sagte sie. »Wenn ihr ihn fasst und ins Gefängnis bringt, habt ihr den Mythos besiegt.«
    »Meinst du?«, fragte Max. »Wenn wir ihn einbuchten, wird keiner glauben, dass er es wirklich ist. Die werden behaupten, wir hätten den Falschen.« Er nahm Sandras Hand. »Aber egal. Wie geht es dir?«
    »Kurz gesagt: Ich habe Angst«, sagte sie.
    »Du bist in Sicherheit.«
    »Ich habe keine Angst um mich. Ich habe Angst um dich.«
    »Brauchst du nicht.« Max zuckte mit den Schultern.
    »Ach nein?« Sandra sah ihm in die Augen. »Du willst Boukman nicht verhaften, oder? Du willst ihn umbringen.«
    »Das stimmt.« Max drückte seine Zigarette aus und steckte sich die nächste an.
    »Damit stellst du dich auf die gleiche Stufe wie er. Aber du bist anders, Max. Ganz anders.« Sandra nahm einen Schluck Kaffee. »Was weißt du über Haiti?«
    »Papa Doc, Baby Doc, Voodoo, Kokain.« Max zählte die vier Punkte an den Fingern ab.
    »Ich habe einiges über Haiti gelesen, und ich kenne ein paar Haitianer. Da drüben ist man entweder sehr reich oder sehr arm. Dazwischen gibt es nichts, und 95 Prozent der Bevölkerung sind sehr, sehr arm. Sie haben nichts als die Erde, auf der sie gehen. Du musst Boukman verstehen, du musst dir ansehen, was ihn zu dem gemacht hat, was er ist, was ihn antreibt. Er ist in einem Land aufgewachsen, in dem Töten für viele zum Leben dazugehört, wo es viele Dinge, die du als Kind für selbstverständlich gehalten hast, schlichtweg nicht gibt.«
    »Was soll das werden? Mitleid mit dem Teufel?« Max ließ ihre Hand los und lachte. »Er hat dich entführt, Sandra, und zwar mit dem erklärten Ziel, dich umzubringen, und du, du versuchst ihn zu verstehen ? An dem Typen gibt es nichts zu verstehen. Er ist ein sadistisches Schwein.
    Weißt du, die meisten Haitianer in Miami sind hart arbeitende, ehrliche, gesetzestreue Menschen. Sie leben unter den beschissensten Bedingungen, die die Stadt zu bieten hat, aber sie bringen keine Menschen um. Und sie kommen aus dem gleichen Land wie Boukman. Also verschon mich mit dem Soziologenscheiß. Das ist was für Schultafeln und reiche Liberale.«
    »Das meinst du doch nicht ernst«, sagte sie.
    »O doch, das tue ich.«
    »Dann hast du dir einen Empathie-Bypass legen lassen.«
    »Nein, habe ich nicht.« Max spürte, wie er wütend wurde. »Ich habe sehr viel Empathie. Und zwar für die, die Empathie verdient haben – die Menschen, die Monstern wie Boukman zum Opfer fallen. Er hat ganze Familien auslöschen lassen. Ganze Familien, Sandra, Kinder, Babys. Da geht es nicht mehr um soziale Ungleichheit oder globale Ungerechtigkeit. Da geht es nur noch um Richtig und Falsch. Wenn du Leute wie Boukman verstehen willst, dann geh ins Leichenschauhaus, verdammt!«
    Wütend starrte Max aus dem Fenster. Der Himmel war tiefschwarz, hier und da ein paar graue Flecken.
    Er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sie angeschrien hatte. Im Grunde dürfte

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