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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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als alles, was sie sich jemals hätte vorstellen können. Sie wollte schreien, aber sie wusste, dass es keinen Sinn hatte. Niemand würde sie je wieder hören.
     
    Carmine wusste, dass er längst aus dem Haus hätte verschwinden müssen, aber er stand wie angewurzelt am Fuß der Treppe, die zu den verbotenen Zimmern seiner Mutter führte – eine Geisel seiner Neugier. Aus der offenen Tür fiel Licht.
    Sie war tot, er konnte tun und lassen, was er wollte.
     
    Er stand wieder oben auf dem Treppenabsatz und sah sich vier genau gleich aussehenden Türen gegenüber, die tief in die Wände eingelassen waren: hohe Rundbogentüren aus schwerem dunklem Holz, von denen keine ein Schloss oder einen Türgriff hatte. All vier Türen zierte das gleiche Fries: eine Schlange, die sich um ein Ei wand und ihren eigenen Schwanz schluckte. Zwei Türen zu seiner Linken, eine rechts und eine direkt vor ihm.
    Viel Zeit hatte er nicht. Er konnte sich nicht alles ansehen.
    Er hatte nur Zeit für ein Zimmer. Er musste eine Wahl treffen.
    Schwer war es nicht.
    Er trat vor und drückte die Tür zum Schlafzimmer seiner Mutter auf.
    Geräumig, kühl, nach Moschus duftend. An der rechten Wand Bücherregale, dazwischen zwei Fenster, die zur Straße hinausgingen. Auf den Regalen große, schwere, ledergebundene alte Bücher über Zaubersprüche und Tränke, Divination, Dämonologie und Mediumismus, die Titel in Gold auf den Rücken geprägt.
    Gegenüber ein großes Bett mit dunkelblauen Bezügen. Sein Blick fiel auf ein gerahmtes Schwarzweißfoto auf einem der Nachttische. Ein Porträtfoto seiner Mutter wie aus der Mappe einer Schauspielerin oder eines Models, nur das Gesicht vor einem dunklen Hintergrund. Jetzt wusste er, woher er seine Eitelkeit hatte.
    Sein Blick wanderte über das Bett zum anderen Nachttisch. Auch dort stand ein Foto, im gleichen Stil wie das von seiner Mutter, nur zeigte es jemand anderen.
    Er kannte das Gesicht, aber er begriff nicht, was es da zu suchen hatte. Er ging hinüber und nahm das Foto in die Hand.
    Solomon.
    All die Gerüchte, die er gehört hatte über die plastischen Operationen und die hell gebleichte Haut, waren genau das: Gerüchte und Lügen, per stiller Post verbreitet, die übliche Desinformation, die den Mythos nährte. Solomon sah ein wenig älter aus, als Carmine ihn in Erinnerung hatte – ein paar Falten um die Augen, zwei tiefe Furchen auf der Stirn -, aber darüber hinaus hatte er sich nicht sehr verändert.
    Was hatte dieses Foto auf dem Nachttisch seiner Mutter verloren?
    Er wusste es, aber er begriff es nicht ganz und wollte es nicht glauben.
    Er setzte sich auf die Bettkante.
    Wie lange waren sie schon zusammen?
    Die Antwort war direkt vor seiner Nase, auf einer Kommode neben dem Fenster.
    Ein halbes Dutzend Fotos, alle in Farbe, von Solomon und Eva zusammen an verschiedenen Orten in Miami, Arm in Arm in Pork’n’Beans, dicht beieinander sitzend an einem Restauranttisch, in fester Umarmung am Strand, beim Tanzen in einem Klub, posierend neben einem Stapel Geld, sich auf einem Boot verliebt in die Augen schauend. Im Laufe der Zeit waren sie älter, reicher und modebewusster geworden.
    Sie waren schon immer zusammen gewesen.
    Wahrscheinlich hätte er es wissen müssen, aber woher? Er hatte nie etwas geahnt, hatte nie die kleinste Andeutung von Intimität zwischen den beiden erlebt.
    Er war nicht nur schockiert, er war angewidert. Angewidert von Solomon, weil der kein Stück besser war als seine Mutter. Sie waren eins. Er wünschte, er hätte ihn dort auf der Straße getötet.
    Was für ein Idiot er gewesen war.
    Bittere Tränen liefen ihm übers Gesicht.
    Sein erster Impuls war es, das Zimmer zu zerlegen, alles in Stücke zu schlagen, aber er hatte nicht die Zeit, und außerdem wäre es eine leere Geste. Er musste etwas anderes tun, etwas, das Bedeutung hatte, das zählte. Etwas, das wehtat.

71
     
    »Meinst du, ihr werdet ihn jemals kriegen, den Mann ohne Gesicht?«, fragte Sandra beim Frühstück.
    »Keine Ahnung.« Max schob den Teller von sich und steckte sich die erste Zigarette des Tages an. Sandra hatte Omelettes mit Shrimps und Zwiebeln auf kubanischem Brot gemacht, köstlich, aber er hatte keinen großen Hunger. In den drei Tagen seit der Schießerei in Opa Locka hatte er so bescheiden gegessen wie ein Piranha im Gemüsebeet. »Wenn ich er wäre, ich wäre längst weit weg, weil es hier einfach zu heiß geworden ist – raus aus der Stadt, raus aus Florida, raus aus den USA. Jeder

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