Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
noch schlimmer: Winesap und Crabbe haben für die Fälle, die vor Gericht gingen, von allen Unterlagen Kopien gemacht und sie zur sicheren Verwahrung ihrer Büroleiterin Nora Wong übergeben. Die hat sie in ihrem Landhaus in den Catskills verwahrt und nach Prozessende ins Büro zurückgebracht.
Am Morgen des Prozesses hat sie in der Kanzlei angerufen und sich krank gemeldet. Magenkrämpfe, Lebensmittelvergiftung. Sie sagte, sie wolle zum Arzt gehen. Ihre Kollegen haben sich nicht weiter gewundert, weil sie schon in der Woche davor über Schwindelanfälle geklagt hatte. Außerdem hatte sie erst vor kurzem ihr drittes Kind zur Welt gebracht, ein Mädchen.
Gestern Nacht hat das NYPD Nora Wong, ihren Ehemann und zwei ihrer Kinder im Keller des Hauses in den Catskills gefunden. Erschossen. Alle waren vorher gefoltert worden. Die Akte ist auf dem Weg hierher. Schön wird das nicht.«
»Und das Baby?«, fragte Max.
»Das haben sie nicht gefunden. Wahrscheinlich auf dem Schwarzmarkt verkauft.«
Genau wie bei dem Toten im Primate Park , dachte Max.
»Es sind dunkle Zeiten, in denen wir leben, Gentlemen. Schlimmeres habe ich bisher noch nicht gesehen.« Eldon sprach leise, aber sehr bestimmt. »Wir werden von allen Seiten beschossen, und wir sinken. Wir haben die kolumbianischen Drogenbanden, wir haben die kubanische Verbrechenswelle, wir haben die Schwarzen, wir haben die Aryan Defense League. Und die trampeln uns allesamt über den Haufen.
Wir brauchen in diesem Fall ein Ergebnis. Und ich spreche von einem großen, einem lauten Ergebnis. Einem, das von jedem Hausdach brüllt, an das sich jeder erinnert und das diese Schweine wissen lässt, dass sich keiner, aber auch keiner, an unserem Rechtssystem vergreift. Ihr werdet mir nicht nur die Leute bringen, die das gemacht haben, sondern jedes kleine Stück Scheiße, das ihnen geholfen hat. Jedes .
Wir werden der Presse jede Woche eine neue Erfolgsmeldung liefern. Jede Woche werden wir neue Leute verhaften, es wird jede Woche einen Durchbruch geben. Und zwar ab nächsten Dienstag.«
»Dienstag?« , hob Max an, aber Eldon brachte ihn mit einer Handbewegung und einem Kopfschütteln zum Schweigen.
»Ihr zwei habt nicht Zeit bis Dienstag. Ihr habt bis Montag. Eine Woche.«
Max und Joe tauschten fassungslose Blicke. Sie taten schon jetzt, was sie konnten: Jeder einzelne Polizist in ganz Miami arbeitete an dem Fall, und keiner kam einen einzigen Schritt weiter.
»Wir tun unser Bestes, Eldon.« Max seufzte. Normalerweise hätte er protestiert, entschiedener protestiert, aber er spürte, dass es für Eldons Laune noch eine andere Ursache gab, auf die er noch nicht zu sprechen gekommen war, und so hielt er sich zurück.
»Gentlemen, ihr seid die MTF und nicht das Miami PD. Wir tun hier nicht ›unser Bestes‹, wir sind die Besten. Das wird von uns erwartet, und das liefern wir. Dies ist der größte Fall, den wir je hatten. Wir sind schwer getroffen. Wir hängen in den Seilen. Wir müssen zurückschlagen. Und zwar richtig. Also ran an die Arbeit.«
Max und Joe standen auf, um zu gehen.
»Du nicht, Max. Du bleibst noch. Liston, warte bitte draußen.«
»Ja, Mr. Burns«, sagte Joe und ging aus dem Büro.
15
Ja, Sir, Massa Burns, nein, Sir, Massa Burns – fick dich selbst, Massa Burns, dachte Joe, als er kochend vor Wut vor dem Büro saß und wartete, verärgert und gedemütigt und sehr kurz davor, aufzustehen und zu gehen. So war es immer bei diesen Sechsaugengesprächen, und so war es immer gewesen, seit er zur MTF gekommen war. Sixdeep – so nannte er seinen Boss, die Kurzfassung von Sixth Degree Burns – behandelte ihn wie Luft, er sah ihn niemals an, fragte ihn nie nach seiner Meinung, stellte ihm nie zu irgendetwas eine einzige Frage, redete überhaupt nur mit ihm, wenn Max dabei war, und dann auch nur Hallo, auf Wiedersehen und Warten Sie draußen. Er ließ ihn spüren, dass er in diesem Gebäude nicht zählte.
Sixdeeps Sekretärin saß ihm gegenüber an ihrem Schreibtisch und tippte auf ihre Computertastatur ein. Sie hatte nicht einmal zu ihm hochgeschaut, als er herausgekommen war, sie behandelte ihn genauso wie ihr Boss. Helga Martinez, alias Miss Eisentitten, auch wenn niemand das allzu laut sagte, damit es nicht an die falschen Ohren drang: überaus furchteinflößend, bierernst und auf ihre Art nicht weniger einschüchternd als Sixdeep selbst. Dralle, dunkelhäutige Kubanerin, Mutter von fünf Kindern, eine Speckrolle am Nacken und beginnendes
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