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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Boxer, wenn sie einen Wettbewerb gewonnen hatten. Und Eldon stellte ihn seinen Freunden vor, einer ziemlich geschlossenen Clique von Polizisten, die den Spitznamen »Cutmen« trugen und im Studio verkehrten. Sie adoptierten Max als Maskottchen und kamen zu allen seinen Kämpfen, um ihn anzufeuern.
    Aber Max nahm nie an den Olympischen Spielen teil.
    Im November 1967 fuhren Max und Manny Gomez zu einem Golden-Gloves-Turnier nach Atlantic City. Max musste als Erster in den Ring und gewann ohne Probleme, aber Manny hatte seine Schwierigkeiten mit Kid Fernando, einem einheimischen Boxer mit dem Beinamen »Steinerne Faust«. Kurz vor Ende der letzten Runde wurde er k.o. geschlagen und fiel ins Koma. Eine Woche später wachte er wieder auf, blind und linksseitig gelähmt.
    Danach gewann Max keinen Kampf mehr. Er hatte seinen Mut im Ring verloren, er kämpfte vorsichtig und auf Sicherheit, wo er zuvor Risiken in Kauf genommen und etwas gewagt hatte. Auf einmal hatte er Angst, verletzt zu werden. Er verlor neun Kämpfe in Folge, die letzten drei gegen Boxer, die so mittelmäßig waren, dass Eldon sie in der 7th Avenue niemals angenommen hätte.
    Beim Training im Studio konnten alle sehen, wie der Kampfgeist Max verließ, wie es manchmal passiert bei einem Boxer mit Naturtalent. In einem Moment haben sie es noch, im nächsten nicht mehr. Boxen war ein Sport mit steilen Höhen und tiefen Tälern. Einen langsamen Niedergang gab es nicht, nur den Himmel und dann den Boden, der einem entgegenkam, wenn man stürzte.
    »Und weißt du schon, was du mit dem Rest deines Lebens anfangen willst?«, fragte Eldon ihn, nachdem er seinen zehnten Kampf verloren hatte.
    »Ja«, antwortete Max. Er hatte es immer gewusst.
    Das Well war klein, eng und immer düster, die Hauptlichtquellen waren die Fernseher, die in allen vier Ecken an der Decke hingen, die Glühbirnen über den Tischen und der Theke und die fröhlichen Neonschilder und Leuchtröhren an den Wänden, die für Schnaps, Bier und Zigaretten warben. Gemeinsam tauchten sie den Laden in ein trübes, klebriges, blaurosa Zwielicht.
    Max konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihm lag, den dicken, schweren, blauen Aktenordner, den er mitgebracht hatte: das Comicbuch.
    Es hieß so, weil aus den Bildern und den Wörtern, die es enthielt, Geschichten gebastelt wurden. Es war die Nachttischbibel der MTF. Jeder Detective hatte eines in der Schublade liegen.
    Das Comicbuch war ein 550- bis 600-seitiges Register mit den Daten sämtlicher größerer polizeibekannter Krimineller und Verdächtiger, die in Florida frei herumliefen. Es war in vier Kapitel unterteilt – Mord, Drogen, Sex, Sonstiges -, in denen die jeweiligen Personen, informell Charaktere genannt, alphabetisch geführt wurden. Jede Seite enthielt das Polizeifoto beziehungsweise das jüngste Foto eines Charakters, dazu die Postleitzahl, die wichtigsten Personalien und Angaben zur Familie, zu bekannten Komplizen, den wichtigsten Verbrechen und dem Modus Operandi. Die Seiten wurden bis zu fünfmal pro Tag aktualisiert. Gretchen Varadera, die Datenbankmanagerin der MTF, machte bei Bedarf die Runde zu allen Detectives, um ihnen die neuen Blätter zu bringen und die veralteten einzusammeln. Zusammengetragen wurden die Daten von einem Observationsteam, dessen Aufgabe es war, die Charaktere im Auge zu behalten und die Informationen laufend auf den neuesten Stand zu bringen.
    Das Buch hatte zwei Verwendungszwecke. In erster Linie war es ein Nachschlagewerk. Wenn ein bestimmtes Verbrechen in einem oder mehreren Punkten dem MO eines bestimmten Charakters entsprach oder ähnelte, lieferte das Comicbuch eine Liste möglicher Verdächtiger. Wurden weitere Informationen über einen oder mehrere Charaktere gebraucht, bat der Detective Gretchen um einen Ausdruck der vollständigen in der Datenbank erfassten Akte und, wenn nötig, einen größeren Abzug des Fotos. Aber das Register hatte noch einen anderen Zweck, für den Max es jetzt einsetzte.
    Eldon bezeichnete das, was er seinem engsten Kreis zu tun befahl, niemals als »Rechtsbeugung«. Er nannte es »Ergebnisse erzielen« und »Einfluss nehmen«. Für ihn genau wie für alle, die bei der MTF für ihn arbeiteten, war jeder, der sich einen Eintrag im Comicbuch verdient hatte, ein Schwein, das aus dem Verkehr gezogen gehörte, auf welche Weise auch immer. Ob sie tatsächlich das Verbrechen begangen hatten, weswegen gerade ermittelt wurde, spielte nicht die geringste Rolle. Auf sie wurde genauso

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