Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
Jagd gemacht, wie sie auf unschuldige Bürger Miamis Jagd machten.
Der sicherste Weg, den Sturz eines Charakters herbeizuführen, bestand darin, Samen zu säen – ihnen Beweismittel unterzuschieben, die die Spurensicherung dann finden konnte. Selbst für den besten Anwalt war es so gut wie unmöglich, Fingerabdrücke auf einer Mordwaffe, Haare, Fasern, Zähne und Spuren irgendwelcher Körperflüssigkeiten, die in der Wohnung eines Verdächtigen gefunden worden waren, wegzudiskutieren. Die MTF sammelte von allen Fällen, die sie bearbeitete, reichlich Proben ein und verwahrte sie in klimatisierter Umgebung in mehreren geheimen Unterkünften, die sie über die ganze Stadt verteilt unterhielt. Wenn für einen Charakter die Zeit gekommen war, tauchten in seiner oder ihrer Wohnung die Samen auf – nie so viele, dass es Misstrauen erregt hätte, aber doch genug, um einen über jeden Zweifel erhabenen Schuldspruch zu erwirken.
Darüber hinaus wurden in den geheimen Wohnungen auch ansehnliche Mengen Kokain und Bargeld verwahrt – Ersteres, um bei den Charakteren deponiert zu werden, Letzteres, um gewissen wohlgesonnenen Richtern die Unterschrift unter einen Durchsuchungsbefehl zu vergolden. Der Durchschnittspreis für diese Amtshandlung lag bei 20 000 Dollar.
Octavio Bolivar Grossfeld, neunundzwanzig, Kolumbianer.
Perfekt.
Grossfeld war 1974 mit einem Studentenvisum in die USA eingereist und hatte ein Jahr lang an der Miami University Agrarwirtschaft studiert, bevor er wegen eines Drogendelikts von der Uni geflogen war. Er war nicht nur beim Grasrauchen erwischt worden, er hatte auch auf dem Campus gedealt. Seine drei Brüder und ihre Freundinnen hatten die Kilopakete aus Kolumbien eingeschmuggelt. Er war verhaftet worden und hatte bis zur Anklageverlesung einen Monat hinter Gittern gesessen, wo er wiederholt misshandelt und vergewaltigt worden war. Er kam auf Kaution frei und tauchte unter. Einer der Kautionsagenten, der ihn in Boca Raton aufspürte, wurde mit mehreren Stichwunden tot aufgefunden. Man ging davon aus, dass Grossfeld nach Kolumbien zurückgekehrt war.
Im Juli 1979 jedoch tauchte er als Anführer einer kleinen Gang, die Heroin nach Florida einschmuggelte, wieder aus der Versenkung auf. Er hatte kolumbianische Frauen als Kuriere eingesetzt, hatte ganze Flugzeugladungen von Frauen hergebracht, deren Mägen voll von Heroinballons waren. Einige der Frauen waren später tot aufgefunden worden, mit aufgeschnittenem Bauch und fehlenden Eingeweiden. Im September 1980 konnte eine von ihnen halbtot gerettet werden. Wider Erwarten überlebte sie und konnte eine genaue Beschreibung des Mannes liefern, der ihr das angetan hatte: Grossfeld.
Die Kollegen von der MTF hatten ihn in einer Wohnung in South Miami Heights ausfindig gemacht.
Von einer Telefonzelle aus rief Max Gretchen an und ließ sich von ihr weitere Informationen über Grossfeld aus der Datenbank geben. Er verglich sie mit den Daten, die er über Carlos Lehder hatte. Die beiden passten perfekt zusammen. Beide hatten deutsche Vorfahren, beider Väter waren aus Deutschland nach Kolumbien emigriert, und beider Mütter waren überzeugte Nazi-Sympathisantinnen.
Als Nächstes rief Max Pete Obregón an, den Oberinspektor beim Flughafen-Zoll. Pete war ein Freund von Eldon.
» Cómo estás , Max?«
» Bueno , Pete. Habt ihr frische Maultiere im Bau?«, fragte Max.
»War ein ereignisreicher Tag. Wir haben sieben. Drei Kolumbianerinnen, zwei Nicaraguanerinnen, eine aus Panama und ein Mädchen aus Georgia, die behauptet, Jamaikanerin zu sein.«
»Die Kolumbianerinnen, sprechen die Englisch?«
»Nein.«
»Wurden die schon aufgenommen?«
»Zwei von ihnen. Die andere können wir nicht röntgen, sie ist schwanger. Wir lassen sie hier und warten, bis sie kacken muss.«
»Okay. Kannst du sie in ein Verhörzimmer bringen lassen? Ich komme rüber.«
»Offiziell oder inoffiziell?«, fragte Pete, weil er wissen wollte, ob er einen Dolmetscher holen musste. Andernfalls würde er selbst übersetzen.
»Inoffiziell«, antwortete Max.
»Bin dabei«, sagte Pete.
17
Joe trank einen Schluck von dem Kaffee, den er sich vor zehn Minuten eingeschenkt hatte und der ihm erst jetzt wieder eingefallen war. Die Brühe war lauwarm und schmeckte wie Spülwasser mit Koffein. Er wartete auf Max, der noch immer nicht aus dem Well zurück war, und derweil zogen seine Gedanken verbitterte Kreise, während er über die Ereignisse des Vormittags nachdachte.
Er hatte keinen
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