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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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reagiert. Dann war er aufgestanden und aus dem Büro verschwunden. Als er zwei Stunden später wiederkam, hatte Max seine Fahne gerochen, aber immerhin war er etwas gesprächiger gewesen und hatte sogar darüber lachen können, wie sich Max, der den Bericht schrieb, zwischen den Schreibmaschinentasten den Finger eingeklemmt hatte.
    Sie hatten nicht über das gesprochen, was passiert war, und würden es erst viel später tun. Für Joe war es noch zu frisch. Er sprach nie über traumatische Erlebnisse, solange er noch keinen Abstand davon gewonnen hatte.
    »Aber in einem hat er recht, unser Kaiser Burns«, sagte Joe und schaute auf die Straße mit den noch immer schönen rosafarbenen Gehwegen hinunter. »Früher war das mal eine unglaublich schöne Stadt. Das ist heute anders.«
    »Sagt man so, ja«, sagte Max.
    »Warum wohnst du hier, Mann?«
    »Damit ich den Weibern erzählen kann, dass ich eine Wohnung mit Meerblick habe.« Max zündete sich eine Zigarette an. »Außerdem ist es billig.«
    In der Presse hieß der Ocean Drive nur »das Ghetto am Meer«. Und sie hatten nicht ganz unrecht. Rechts und links von Max’ Haus standen einige der alten, ehemals exklusiven Art-déco-Hotels, von denen Eldon gesprochen hatte – das Shore Park, das Pelican, das Colony, das Carlyle – und in denen heute ausschließlich kubanische Flüchtlinge und altersschwache jüdische Rentner lebten, die ihren Lebensabend an der Sonne verbringen wollten. Ein Zimmer dort kostete maximal fünfzig Dollar die Woche. Die Gebäude waren halb baufällig, das Mauerwerk rissig, die Pastellfarbe blätterte in großen Stücken von den Wänden, die Neonschilder waren nur noch selten beleuchtet, entweder weil die Röhren kaputt waren oder weil die Eigentümer Strom sparen wollten. Auf fast allen Balkonen hing Wäsche auf der Leine, und von überall war spanischsprachiges Radio mit spanischsprachigen Liedern zu hören, die die spanischsprachigen Wortgefechte übertönten. Tagsüber saßen im Lummus Park auf der anderen Straßenseite manchmal alte Frauen auf Klappstühlen beisammen. Mit ihrem Strickzeug bewaffnet, erzählten sie auf Jiddisch von früher, die Haare hatten sie unter Kopftüchern versteckt, die Kleider in den gedämpften Farben reichten ihnen bis zu den Knien, sie trugen Flip-Flops an den Füßen. In den 1940er- bis 1960er-Jahren war der Park ein üppiges Stück Natur gewesen, in dem die Palmen dicht an dicht wuchsen, aber viele waren bei Stürmen entwurzelt und nie ersetzt worden. Übrig geblieben waren vor allem schäbige Rasenflächen voller Müll. Ein Magnet für Penner, Obdachlose, Ausreißer, Junkies und Dealer. Fast jeden Tag wurden im Park ein bis zwei Leichen gefunden.
    Max ließ die Platte laufen, die er schon seit einer Woche hörte, weil es ihm zu anstrengend erschienen war, sie vom Plattenteller zu nehmen: Donna Summers Bad Girls . Die Scheibe war gerade bei den langweiligen Balladen angekommen. Meistens übersprang er die, wenn er allein war, und senkte die Nadel auf die synthesizerlastigen Hymnen am Ende, angefangen mit »Our Love«.
    »Ich wette, du stehst nur wegen der Cover auf die Musik«, sagte Joe und nahm die Hülle von Bad Girls in die Hand. »Es ist dir zu peinlich, dir ein schwarzes Pornoheft zu kaufen, deshalb gehst du in den Plattenladen.« Joe betrachtete Donnas halb geöffneten Mund und den Komm-her-zu-mir-Blick. »Die würde ich allerdings auch nicht von der Bettkante stoßen.«
    »Gib her.« Max riss ihm das Cover aus der Hand. »Elender Heuchler. Kauf dir selbst eins.«
    »Ja, sicher.« Joe lachte. »Scheißdisko, Mann! Das ist vorbei. Gott sei Dank. Die Weißen haben die Musik an sich gerissen, sobald sie begriffen hatten, wie viel Kohle sich damit machen lässt. Genau wie beim Rock’n’Roll. Damals war Elvis der Posterboy, für Disko ist es John Travolta mit seinen blauen Augen. Herrgott, die haben ihm sogar einen weißen Anzug angezogen, damit wir es auch wirklich schnallen. Hätten ihm auch gleich eine weiße Kapuze aufsetzen können.«
    »Meine Güte, Joe, das war ein Film!« Max lachte. »Hast du gekifft, oder was?«
    Jedes Mal, wenn sie zusammen rauchten, erging sich Joe des Langen und Breiten in Verschwörungstheorien, die vom Christentum bis zur iranischen Geiselkrise alles abdeckten, und das Hauptmotiv einer jeden Verschwörung war Rassismus. Manche seiner Theorien besaßen ein Körnchen Wahrheit, über das man hätte diskutieren können, die allermeisten aber waren schlichtweg absurd.
    »Nein,

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