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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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und Ehre gebracht und Bill hatte nachgegeben. Aber er hatte sich immer gern an seine Jugend erinnert, die verpfuscht gewesen war, weil er den Kontakt mit Sweeneys Familie gepflegt hatte. Nachdem Sweeneys Vater Selbstmord begangen hatte, hatte Bill als Einziger dafür gesorgt, dass genügend Geld vorhanden gewesen war, damit Sweeney das College hatte besuchen können. Außerdem hatten einige der Bilder dank Bill neue Besitzer gefunden, die auch Paul gefallen hätten.
    Da er ohnehin mit ihr hatte sprechen wollen, hoffte sie, dass er ihr im Gegenzug etwas über Charles Putnams Testament erzählen konnte.
    Nachdem sie Bill umarmt und ihm das Neuste aus ihrem Arbeitsleben erzählt hatte, setzte Sweeney sich in den bequemen Ledersessel vor seinem Schreibtisch und spürte die Ruhe und Sicherheit, die alle seine Mandanten spürten, wenn sie in
diesem Sessel Platz nahmen. Bill sah aus wie immer, ein alternder Hippie, für die Juristerei aufgepeppt, sein graues Haar zu einem kurzen Pony geschnitten, mit einem auffälligen, gelb gemusterten Schlips unter dem blauen konservativen Blazer.
    »Ich möchte dir gern eine hypothetische Frage stellen. Sagen wir, es gibt eine Familie, die über die Jahre durch die Erbfolge zu einem ansehnlichen Vermögen sowie zu teuren Immobilien gekommen ist.«
    »Ja?«
    »Und sagen wir, jemand aus dieser Familie hat herausgefunden, dass ein Vorfahr unehelich gewesen ist. Mit anderen Worten, dass die gesamte Erbschaft von diesem Punkt an auf falschen Voraussetzungen basiert. Was würde, rein gesetzlich, in so einem Fall passieren?«
    »Wie lange ist es denn her, dass der uneheliche Erbe geboren wurde?«
    »Mitte des neunzehnten Jahrhunderts.«
    »Gut, das ist … nun ja, das Erbe an sich würde vor Gericht wohl für nichtig erachtet werden, aber das hängt davon ab, wer den Fall vorbringt. Gibt es noch weitere Erben, leibliche Kinder des Vaters?«
    »Nein, die Sache ist etwas komplizierter. Soweit ich weiß, ist dieser Erbe der einzige.«
    »Und warum nimmst du an, dass er unehelich ist?«
    »Ich habe Hinweise darauf gefunden, dass der Sohn über neun Monate nach dem Tod des Vaters geboren wurde. Aber ich denke, das ist vertuscht worden, oder was man damals eben in solchen Fällen gemacht hat, du weißt schon. Sie muss für die Geburt fortgegangen sein und hinterher gesagt haben, dass das Baby früher zur Welt gekommen ist, als es tatsächlich der Fall war. Ich denke, es hat sich nur um wenige Monate gehandelt, da war das nicht besonders problematisch.«
    »Kann ich fragen …? Du sprichst aber nicht von deiner Familie, oder?«
    »Nein, nein. Ich weiß nicht, ob ich das sagen soll.«

    »Na gut. Das alles hängt von vielen Dingen ab. Wenn der Vater nie erfahren hat, dass sein Sohn unehelich war, und nicht mal gewusst hat, dass er einen Sohn haben würde, dann wäre es typisch für damals gewesen, wenn er seiner Frau etwas für ihren Alltag hinterlassen hätte und den Rest seines Vermögens seinem nächsten männlichen Verwandten vermacht hätte. Also nehmen wir einmal an, dass das der Fall war. Vermutlich hat die Frau dann, als sie feststellte, dass sie schwanger war, behauptet, dass sie weiter war als in Wirklichkeit. Wenn sie einen Sohn zur Welt gebracht hat, dann wäre das Testament ungültig gewesen und der Sohn hätte alles geerbt. Hast du das Testament gesehen?«
    »Ja, ziemlich genau so steht es da auch drinnen. Was würde passieren, wenn jetzt jemand dahinter käme? Könnte der Familie alles genommen werden?«
    »Das bezweifle ich. Man kann nicht mehr beweisen, dass der Sohn unehelich war. Damals gab es noch keine DNA-Analyse. Es sei denn, es gibt irgendein Dokument, das eindeutig beweist, dass der Sohn unehelich war, etwa ein Brief von einem anderen Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat, oder eine unterzeichnete Aussage von der Mutter.«
    Oder Trauerschmuck, dachte Sweeney.
    »Aber das ist alles schon so lange her, dass ich kaum glaube, dass das Gericht so weit zurückgeht, um das nachzuvollziehen. Dann müsste schon ein anderes Familienmitglied den Fall thematisieren, ein Nachfahre desjenigen, der anstatt dieser Person geerbt hätte. Aber ich nehme an, das ist nicht der Fall.«
    »Nicht dass ich wüsste. Obwohl es bestimmt Cousins gibt, vermute ich.«
    »Dann stellt sich auch noch die Frage, wie die Sache gelöst werden soll. Ich meine, würde man das Vermögen dem rechtmäßigen Erben in Dollar zurückzahlen, oder berücksichtigt man, was im Lauf der Jahre mit der Erbschaft geschehen ist?

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