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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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gefällt.«
    Sweeney musterte ihn, und ihm fiel auf, dass ihre besonderen, grünen Augen in dem Frühlingslicht fast grau waren.
    »Haben Sie Anglistik studiert auf dem College?«
    »Nee«, entgegnete er. »Kriminalistik. Aber ich hätte Anglistik nehmen sollen. Ich habe Lyrik immer gemocht. Ich habe überlegt, irgendwann mal ein Seminar zu belegen. Abendschule.«
    »Das sollten Sie wirklich. Es gibt an der Universität auch Kurse zur Weiterbildung.«
    Der Wind frischte auf, und er fröstelte plötzlich. »Ja, ich weiß nicht. Das könnte schwierig werden, mit dem Baby und so.«
    Sweeney erwiderte nichts. Sie beobachtete ihn nur mit ihren seltsamen, graugrünen Augen.
    »Also, ich mache mich mal auf den Weg und bitte meinen Kollegen, den Test durchzuführen«, sagte er, um das Schweigen zu brechen. Sie gingen wieder zu ihren Autos zurück. »Er muss nur erst sehen, wie viel Zeit er braucht. Aber er müsste uns in ein paar Tagen, spätestens in einer Woche schon etwas sagen können.«
    »In Ordnung«, sagte sie. »Danke.«
    »So lange können Sie doch warten, oder? Und Sie machen keinen Quatsch.«
    »Was meinen Sie damit? Was sollte ich denn tun?«
    Quinn lachte. »Ich wage nicht mal daran zu denken.«
    Sie zögerte einen Moment und sagte dann: »Na ja, ich könnte zumindest mal einen Blick in das Testament und die Geburtsurkunde werfen. Geht das?«
    »Ja. Informieren Sie mich dann bitte.«
    »Gut.« Sie sah ihn an und sagte: »Kann ich Sie etwas fragen?«

    »Klar.«
    »Was meinen Sie, ist mit Brad passiert?«
    »Glauben Sie mir, wenn ich das wüsste«, erwiderte er, »dann würde ich nicht mit Ihnen hier herumstehen und Gedichte rezitieren.«

Zweiunddreißig
    Sweeney war unschlüssig, was sie als Nächstes unternehmen sollte.
    Quinn hatte ihr jegliche Ermittlungen auf eigene Faust untersagt, bis er sich wieder mit Neuigkeiten über den Schmuck bei ihr meldete. Aber er hatte ihr erlaubt, das Testament einzusehen, und sie fand, dass im weitesten Sinne auch der Schmuck dazugehörte. Denn es ging schließlich nicht nur um Brad. Wenn Edmund Putnam unehelich geboren und das Datum auf dem Grabstein geändert worden war, während die Brosche das korrekte Datum angab, dann war das doch sehr bezeichnend, nicht nur für die Geschichte und die Familie Putnam, sondern auch für Sweeneys Forschungsarbeit über Trauerschmuck.
    In jedem Fall konnte sie sich etwas davon erhoffen, bei der Sache am Ball zu bleiben. Sie würde erst mehr über die DNA-Analyse erfahren, wenn Quinn anrief, aber sie könnte herauszufinden versuchen, wie diese Täuschung vorgenommen worden war. Sie versuchte, sich in den Zeitgeist zurückzuversetzen, der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts geherrscht hatte, und sich vorzustellen, wie Belinda gehandelt haben mochte.
    Mrs Putnam war sehr früh Witwe geworden, und ein paar Mal in den Monaten nach dem Tod ihres Mannes hatte sie einen anderen Mann getroffen. Sweeney nahm die Postkarte mit Belindas Porträt in die Hand, die sie im Museumsshop
aufgestöbert hatte. Belinda blickte kühl und ernst, ihr hübsches Gesicht wirkte entschlossen.
    Sie versuchte, sich in Belinda hineinzuversetzen. Was würde sie tun, wenn sie sich mit einem vor drei Monaten verschiedenen Mann und einem Baby, das unterwegs war, konfrontiert sah?
    Sweeney hatte gelesen, dass in der Kolonialzeit sehr viele Babys weniger als neun Monate nach der Heirat der Eltern geboren worden waren. Sie wusste noch, dass jungen Paaren unter stillschweigender Zustimmung der Beischlaf vor der Hochzeit gestattet worden war, um zu sehen, ob die Frau schwanger wurde und um sicherzustellen, dass sie fruchtbar war. Die Familie bezeichnete die Babys dann als Frühgeburten und ließ die Nachbarn tuscheln.
    Aber in diesem Fall war es genau umgekehrt. Man konnte nicht so tun, als sei ein Baby elf oder zwölf Monate lang herangewachsen. Was war also zu tun?
    Die einzige Möglichkeit bestand darin zu behaupten, dass das Baby früher geboren worden war, als es tatsächlich der Fall war. Aber das war vollkommen undenkbar. Die anderen würden sehen, dass das Baby noch gar nicht auf der Welt und die Frau immer noch schwanger war.
    Außer … außer man würde fortgehen, einen Brief nach Hause schicken und von der Geburt schreiben. Man müsste darauf hoffen, dass das Kind nicht besonders groß für sein Alter war und bei der Rückkehr nach Hause würde niemand weiter nachfragen.
    Sweeney entdeckte ein paar Zeilen über Belindas Leben in Henriettas Buch, sowie ein paar

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