Der Totenschmuck
im Beacon Antiques.«
Sweeney bedankte sich und sagte, sie wolle sich noch ein bisschen umsehen. Sie bestaunte zehn Minuten lang ein Schmuckstück aus Gagat. Gagat, die schwarze Pechkohle, die lange Zeit mit dem Tod und Sterben assoziiert worden war, galt bei Queen Victoria wegen seines matten Glanzes und bescheiden wirkenden Aussehens als geeignetes Material für Trauerschmuck. Sweeney war schon immer davon fasziniert gewesen, und nun schien die Zeit gekommen zu sein, ihre Sammlung zu erweitern.
Sie griff nach einer Brosche in Form einer Rose und nach einer Kette aus Gagat-Perlen, deren mattierte Facetten das Deckenlicht kaum reflektierten. Erfreut über ihren Fund bezahlte sie Dannika den verlangten Preis und sah zu, wie sie die Schmuckstücke in schwarzes Seidenpapier wickelte und in eine kleine weiße Tüte aus Papier gleiten ließ.
Sie beschloss, zuerst bei Beacon Antiques vorbeizuschauen, fand überraschenderweise einen Parkplatz in der Walnut Street und öffnete die Tür, die in den Luxusladen führte. Sie sog den Duft von Potpourri und von teuren Holzölen ein, die
Jeanne Manders für ihre Waren verwendete. Sweeney kam sich wie ein Gast in einem wohlhabenden und perfekt eingerichteten Zuhause vor, als sie durch die Tür trat, und achtete übertrieben genau auf ihre Bewegungen, ihre Knie und Ellbogen. Anders als in Dannikas Geschäft gab es hier auch Möbel, Gemälde und Statuetten neben alten Schmuckstücken, die aus verschiedenem Familienbesitz stammten. Jeanne bot normalerweise auch etwas Trauerschmuck an, aber das war nicht ihr Steckenpferd. Sweeney betrachtete den Schmuck, den sie anbot - sie hatte ihn bereits vorher schon mal in ihrer Auslage gesehen - und zeigte Jeanne ihre Skizzen.
»Wie Sie sehen, habe ich nichts Neues, seit Monaten schon nicht mehr. Schon komisch, ich bin auch bei Haushaltsauflösungen gewesen, aber nie fündig geworden. Ich würde Ihnen gerne helfen, aber es tut mir leid. Bei Dannika waren Sie schon?«
Sweeney nickte. »Ja, sie konnte mit meinen Zeichnungen auch nichts anfangen.«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen noch einen Tipp geben kann. Vielleicht im Blue Carbuncle?«
»Da wollte ich jetzt ohnehin vorbeigehen. Vielen Dank, Jeanne. Ich komme immer gern in Ihr Geschäft.«
Es war früher Nachmittag, der Verkehr in Richtung Concord war nicht besonders dicht. Sweeney mochte diese Strecke. In Concord fühlte sie sich immer viel weiter von der Stadt entfernt, als es tatsächlich der Fall war. Die herrschaftlichen Häuser, die den Weg ins Zentrum mit der kleinen Einkaufspassage säumten, schickten sie auf eine Zeitreise in die Vergangenheit; der South Burying Ground - einer ihrer Lieblingsfriedhöfe in der Bostoner Umgebung - zog sie eine halbe Stunde lang in seinen Bann, bevor sie auf das Blue Carbuncle zusteuerte.
Das Geschäft für antiken Schmuck und Kleinkunst war neben einem Spielzeugladen in einem blauen Haus im Kolonialstil untergebracht. Sweeney stieß die Tür auf und begutachtete
den Schmuck und das Silber, bevor sie an den Tresen trat und nach Bob Philips fragte. Als der Mann in mittleren Jahren sie darüber informierte, dass er selbst Bob Philips sei, brachte Sweeney ihr Anliegen vor. Er musterte rasch die Zeichnungen und erklärte: »Ich habe diesen Schmuck nicht verkauft, aber ein junger Mann ist vor etwa einem Monat in meinen Laden gekommen und hat mich nach diesen Stücken gefragt. Die ältere Brosche erinnert mich wieder daran. Er hatte die komplette Kollektion bei sich und wollte wissen, wie alt und wie wertvoll der Schmuck war und so weiter.«
»Was haben Sie ihm geantwortet?«
»Ich habe ihm nur ein wenig über Trauerschmuck aus Haaren im Allgemeinen erzählt. Er schien schon eine ganze Menge darüber zu wissen. Was er genau wollte, kann ich auch nicht sagen. Irgendwie hat ihn der Schmuck beschäftigt, glaube ich. Vielleicht sein Wert oder seine Echtheit. Er hat sich erkundigt, ob an dem Schmuck möglicherweise etwas verändert worden sein könnte. Ich habe ihn mir angesehen, und er wirkte ganz authentisch, aber ich habe ihm auch erklärt, dass ich nur dann Genaueres darüber sagen kann, wenn er mir die Objekte dalässt. Das wollte er allerdings nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm mit meinen Informationen wirklich weiterhelfen konnte.«
Sweeney fragte zögerlich: »Wissen Sie noch, wie der Mann ungefähr ausgesehen hat?«
Er wurde misstrauisch. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen soll«, entgegnete er. »Es käme mir irgendwie …
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