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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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unaufrichtig vor. Wer, sagten Sie gleich noch, sind Sie?«
    »Entschuldigen Sie«, lenkte Sweeney ein und stellte sich vor. »Ich versuche nur, die Herkunft dieser Schmuckstücke zu eruieren. Aus rein wissenschaftlichem Interesse. War er ziemlich groß, mit dunklem Haar und blauen Augen? Gut aussehend?«
    »Das ist er«, sagte Bob Philips, noch immer misstrauisch.
Gegen fünf Uhr war Sweeney wieder in ihrer Wohnung in Somerville. Nachdem sie ein paar Rechnungen sortiert und eine To-do-Liste für den nächsten Tag geschrieben hatte, hörte sie die einzige Nachricht ab, die ihr der Anwalt Bill Landseer, ein alter Freund ihres Vaters, hinterlassen hatte. Sweeneys Vater, ein bekannter Maler, der Selbstmord begangen hatte, als Sweeney dreizehn gewesen war, hatte mehrere hundert Gemälde hinterlassen, für die theoretisch Sweeney selbst verantwortlich war. Bill hatte ihr mit den Bildern keine Ruhe gelassen.
    »Hey, Sweeney.« Bills Stimme hallte. »Ich habe gerade an dich gedacht und mich gefragt, wie es dir wohl geht. Martha und ich möchten dich gerne zum Essen einladen, und ich möchte auch ein paar geschäftliche Dinge mit dir besprechen. Wir haben noch ein paar Anrufe wegen Arbeiten deines Vaters erhalten und mich interessiert, was du davon hältst, eventuell ein paar zu verkaufen. Melde dich einfach, dann machen wir ein Treffen aus. Grüße von Martha.«
    Sweeney speicherte die Nachricht und machte sich eine Notiz, Bill zurückzurufen.
    Ihre restliche Post war nicht sehr viel versprechend, Kreditkartenangebote und Werbeflyer. Sweeney wollte den ganzen Stapel schon in ihren Postkorb werfen, als ein dünner blauer Umschlag mit einer Briefmarke aus England auf den Tisch fiel. Ihr Herz begann schneller zu schlagen, während sie den Umschlag musterte, aber sie lehnte ihn an eine Vase mit Osterglocken aus dem Supermarkt. Das durchscheinende blaue Papier war dicht beschrieben, die schwarze Tinte hob sich deutlich von dem hellen Untergrund ab. Von dem Umschlag schien eine undefinierbare Gefahr auszugehen. Sie wusste, wer der Absender war, und sie wusste, dass sie den Brief nicht öffnen konnte. Sie würde es morgen tun. Morgen, dachte sie mit einem Anflug von Aufregung und Angst.
    Sie ließ den Umschlag an der Vase stehen, schenkte sich noch einen Drink ein und wandte sich ihren Skizzen zu.

    Bei Brads großem Interesse für Trauerschmuck war es nicht weiter verwunderlich, dass er sich darum bemüht hatte, für die Seminararbeit welchen zu besorgen. Schließlich hatte er das Geld und ein Faible dafür. Warum sollte er nicht ein paar Schmuckstücke erwerben? Sie erinnerte sich, dass sie ihren Studenten von Internetseiten erzählt hatte, auf denen man nach Trauerschmuck suchen konnte. Brad hatte vielleicht online einige Objekte erstanden und war dann ins Blue Carbuncle gegangen, um die Authentizität überprüfen zu lassen.
    Doch wieso hatte er den Schmuck getragen, als er umgebracht worden war?
    Sweeney fiel der Stapel mit den Aufsätzen ihrer Studenten auf ihrem Schreibtisch ins Auge. Ihre Hauptseminarstudenten hatten alle das gesamte Semester über an einem Essay gearbeitet, den sie dann kurz vor dem Abgabetermin ihren Kommilitonen vorstellen sollten. Sweeney suchte nach ihrem Lehrplan und stellte fest, dass Brad in wenigen Wochen an der Reihe gewesen wäre, um seinen Essay über Trauerschmuck zu präsentieren. So wie sie ihn kannte, hatte er bereits angefangen zu schreiben. Sein erster Entwurf des Aufsatzes würde sicher einige Hinweise auf eine mögliche Bedeutung des Schmucks oder zumindest auf seine Fragen liefern. Aber wie kam Sweeney an den Text? Darüber musste sie sich Gedanken machen.
    Heute hatte sie immerhin schon etwas herausgefunden, sagte sie sich. Sie hatte festgestellt, dass Brad vor seinem Tod irgendwie zu diesem Schmuck gekommen war und dass ihn im Zusammenhang damit irgendetwas beschäftigt hatte.
    Sollte sie Quinn anrufen? Diese Information bedeutete, dass die Polizei vermutlich gerade Zeit damit vergeudete, den Schmuck bis zu einer dritten Person zurückzuverfolgen. Aber Quinn hatte ihr untersagt, mit jemandem darüber zu sprechen. Wenn sie ihm erzählte, was sie wusste, wäre er sicher nicht sehr erbaut. Was sollte sie tun? Wer konnte etwas
darüber wissen, warum Brad wegen des Schmucks so beunruhigt gewesen war? Vielleicht hatte er Becca und Jaybee eingeweiht, aber es wäre zu heikel, sie danach zu fragen. Was war mit seiner Familie? Sie hatte keine Ahnung, wie gut sein Verhältnis zu seiner Familie

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