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Der Totenschmuck

Titel: Der Totenschmuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Stewart Taylor
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gebracht hat, weil er wusste, dass ich sonst ausrasten würde, aber er konnte überhaupt nichts machen. Sie kam rein und ist über irgendein Gerät am Fußende gestolpert. Ich habe ihr gesagt, sie solle das Zimmer sofort verlassen und seitdem nie wieder mit ihr geredet.«
    »Du bist immer so sicher gewesen, Sweeney. Bei jedem. Als Kind hast du dich gegen andere aufgelehnt. Erinnerst du dich noch an den Mann, der den Garten bei euch gemacht hat? Ich habe vergessen, wie er hieß. Du hast ihn nicht leiden können und wolltest dich nicht in einem Raum mit ihm aufhalten. Weißt du das noch?«
    »Ja, und später haben wir herausgefunden, dass er tatsächlich ein Kind belästigt hat, das ein Stück die Straße runter gewohnt hat.« Ihre Stimme hörte sich hell, weinerlich und selbstgefällig an.
    »Ja, so muss es wohl gewesen sein. Aber Ivy ist deine Mutter. Wie kannst du sie einfach so abschreiben?« Ihre Worte klangen hohl. Anna hatte in ihrem Leben mehr Leute und Dinge abgeschrieben, als ihr Gedächtnis speichern konnte, dachte Sweeney.
    »Was Ivy betrifft, komme ich wunderbar zurecht«, erwiderte Sweeney knapp. »Da brauche ich keine Ratschläge.«
    Anna musterte sie. »Oh, Sweeney«, sagte sie. »Ich war dir auch nicht gerade eine gute Tante, nicht wahr?«
    Die beiden Frauen schwiegen lange. Sweeney senkte zuerst den Blick.
    Anna holte tief Luft. »Warum zeige ich dir nicht einfach, wo du was oben findest.« Sie standen auf, und Sweeney wartete
im Flur, während Anna die Haustür abschloss und die Lampen ausknipste.
    »Warum riecht es im Haus noch immer so wie früher?«, fragte Sweeney und schnupperte in die Luft, als sie die Treppe hinaufstiegen.
    »Riecht es … oh, das muss das Putzmittel sein, das Carla benutzt.« Am Treppenabsatz machte Anna Licht und öffnete die Badezimmertür. »Hier ist es noch ein bisschen kalt, aber wenn wir die Tür offen lassen, wird es hoffentlich rasch wärmer.«
    Sie stieß die Schlafzimmertür im hinteren Teil des Hauses auf, und Sweeney wurde von ihren Erinnerungen überwältigt. Dieses Zimmer hatte ihre Großmutter immer das Mädchenzimmer genannt. Zuerst war es Annas gewesen und danach, als Anna geheiratet hatte und nach New York gezogen war, hatte Sweeney im Sommer immer darin geschlafen. Es war übertrieben feminin, mit einer verblichenen rosa Blümchentapete, einem großen Himmelbett mit einer weißen Tagesdecke aus Chenille und einer weißen Stoffbahn, die romantisch über den Bettpfosten drapiert war. Sweeney dachte plötzlich, wie unwohl Anna sich in diesem Zimmer gefühlt haben musste. Für sie war das etwas anderes gewesen. Sie hatte nur im Sommer darin gewohnt. Im September war sie jedes Mal wieder dahin zurückgekehrt, wo ihre Mutter gerade gewohnt hatte, und hatte in kleinen, schäbigen Zimmern geschlafen, die sie mit ihren eigenen Büchern, Postern und den komischen, unpraktischen Geschenken dekoriert hatte, die sie von Ivy bekommen hatte, wenn ihr der Lohn ausbezahlt wurde. Das Zimmer in Newport war ihr wie ein schillerndes Ferienreich vorgekommen, das nur während der warmen, lauen Sommer oder an Weihnachten zugänglich war.
    Aber während dieser ganzen Zeit war es für Anna … Sie wollte sie gerade fragen, als Anna brummte: »Ich habe mir ein Atelier im Babyzimmer eingerichtet. Wenn du es sehen willst …« Sweeney blickte auf und merkte, dass Anna schüchtern
lächelnd auf die Tür zeigte, hinter der sich der Raum verbarg, der immer das »Babyzimmer« genannt worden war, in dem während Sweeneys Kindheit jedoch Koffer und Kisten aufbewahrt worden waren.
    Anna drehte den Lichtschalter um und ließ sie eintreten. Sweeney dachte, sie käme in ein Zimmer, das voller Menschen war. Annas Zeichnungen und Aquarelle bedeckten die Wände, die Märchenfiguren schienen sie von ihren erhöhten Posten zu beobachten.
    »Die sind schön, Anna«, sagte Sweeney ehrlich und trat näher an die Bilder heran. »Stellst du sie irgendwo aus?«
    »Ich habe gerade ein Buch beendet und habe ein paar meiner übrigen einer Galerie in der Stadt gegeben. Die haben sich recht schnell verkauft, und jetzt wollen sie Nachschub. Ich weiß nicht … Ich möchte sie ja nicht malen müssen , weißt du.«
    Sweeney erinnerte sich an ihren Vater, der einen Anruf seines Agenten ärgerlich abgewimmelt hatte, weil er fünf seiner Gemälde an eine Galerie in Los Angeles schicken wollte. »Ich kann nicht einfach in mein Atelier gehen und Ihnen fünf Bilder raussuchen«, hatte er gebrüllt.
    Anna wirkte mit

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