Der Toyota Weg
Fertigungsstufe. Sie sahen auch, wie durch diese willkürlichen Prozessschritte stoßweise große Umlaufbestände produziert wurden, wobei es zwischen den einzelnen Schritten immer wieder Unterbrechungen gab, so dass große Mengen an Material in Zwischenlagern gestapelt werden mussten, um auf Weiterverarbeitung zu warten. Sie sahen die hohen Kosten der Maschinen und deren so genannte Effizienz in der Senkung der Stückkosten, wobei die Arbeiter damit beschäftigt waren, die Maschinen zu beschäftigen. Sie sahen traditionelle Kostenrechnungsmethoden, die Manager danach belohnten, ob es ihnen gelang, einen möglichst hohen Produktausstoß und eine möglichst hohe Auslastung der Maschinen und Arbeitskräfte zu erzielen, was letztlich in erheblicher Überproduktion und extrem holprigen Prozessen resultierte – mit dem Effekt, dass Mängel in den Zwischenprodukten über Wochen, in denen sie gestapelt herumlagen, gar nicht entdeckt wurden. Ganze Arbeitsbereiche waren völlig desorganisiert und keiner Kontrolle unterworfen.Riesige Gabelstapler transportierten ständig Berge von Material in alle Himmelsrichtungen, so dass die Werke oft mehr einem riesigen Warenlager glichen. Gelinde gesagt waren Toyoda und seine Begleiter nicht sonderlich beeindruckt. Tatsächlich erkannten sie die Chance, sich dagegen zu behaupten.
Glücklicherweise bedeutete die Aufgabe, Fords Produktivitätslevel zu erreichen, die Ohno von Eiji Toyoda übertragen wurde, nicht, dass er in direkten Wettbewerb mit Ford treten sollte. Er sollte sich darauf konzentrieren, Toyotas Produktion innerhalb des geschützten japanischen Marktes zu verbessern – immer noch eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Also tat Ohno, was jeder gute Manager in seiner Situation getan hätte. Er stellte durch weitere Besuche in den USA einen Wettbewerbsvergleich an. Außerdem studierte er eingehend Fords Buch
Today and Tomorrow
. Schließlich war eines der wichtigsten Elemente, von denen Ohno überzeugt war, dass Toyota es beherrschen müsse, der ständige Fluss. Und das beste Beispiel war damals Fords flexible Fertigungsstraße. Henry Ford hatte mit der Tradition der handwerklichen Produktion gebrochen, indem er ein neues Paradigma der Massenproduktion entwickelte, um die Bedürfnisse des frühen 20. Jahrhunderts zu erfüllen. Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der Massenproduktion war die Entwicklung von Präzisionswerkzeugen und Gleichteilkonzepten (Womack, Jones, Roos, 1991). Unter Anwendung der Prinzipien des von Frederick Taylor begründeten wissenschaftlichen Managements stützte sich Ford auch stark auf Zeitstudien, eine hoch fragmentierte Arbeitsteilung sowie eine Trennung zwischen der Planung durch Ingenieure und der Arbeit, die von den Fließbandarbeitern verrichtet wurde. In seinem Buch predigte Ford auch die Bedeutung eines kontinuierlichen Materialflusses über den gesamten Produktionsprozess hinweg. Allerdings wurde das in seinem eigenen Unternehmen nicht immer konsequent beherzigt. Seine Werke produzierten Millionen von schwarzen Fahrzeugen des Modells T und später des Modells A unter großer Ressourcenverschwendung und mit holprigen Produktionsabläufen, die im Verlauf der gesamten Wertschöpfungskette zwischen den einzelnen Fertigungsstufen riesige Lagerbestände an Ware in Arbeit (WiA) anwachsen ließen (Womack, Jones, Roos, 1991). Toyota sah darin eine systembedingte Schwäche in Fords Massenproduktion. Toyota konnte sich den Luxus der Ressourcenverschwendung nicht leisten; weder verfügte es über die nötigen Lagerhallen, entsprechende Werksflächen oder das Geld, noch produzierte es große Volumina eines einzigen Fahrzeugmodells. Aber Toyota kam zu dem Schluss, Fords ursprüngliches Konzept des kontinuierlichen Materialflusses (illustriert durch die Fertigungsstraße) zu verwenden, um ein One-Piece-Flow-System zu entwickeln, das sich flexibel an eine veränderte Kundennachfrage anpassen ließ und gleichzeitig effizient arbeitete. Diese Flexibilität setzte voraus, dass der Erfindungsgeist der Produktionsarbeiter gefördert wurde, damit diese die Prozesse kontinuierlich verbessern konnten.
Die Entwicklung eines Fertigungssystems, das die Welt veränderte
In den 1950er Jahren kehrte Ohno zu dem Platz zurück, den er am besten verstand – die Fertigungshalle –, und machte sich daran, die Spielregeln zu verändern. Weder verfügte er über ein großes Beratungsunternehmen, noch Powerpoint oder Flipcharts, um seine Geschäftsprozesse neu auszurichten.
Weitere Kostenlose Bücher