Der Toyota Weg
Motivation, die eigenen Arbeitsgänge kontinuierlich zu verbessern. Warum soll man sich über präventive Maschinenwartung Gedanken machen, wenn Maschinenausfälle keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Endmontage haben? Warum soll man sich über Qualitätsmängel sorgen, wenn man fehlerhafte Teile einfach wegwerfen kann? Weil bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ein Arbeiter versucht, ein fehlerhaftes Teil in einem späteren Prozessschritt zu montieren, Wochen vergehen können, in denen dieses und andere fehlerhafte Teile unbemerkt in Zwischenlagern Staub ansetzen. 1
Abbildung 3.2 stellt diese Verschwendung anhand einer einfachen Abfolge des Gießens, Fräsens und der Montage dar. Wie in den meisten traditionell ausgerichteten Prozessen, ist ein Großteil der Zeit, die auf das Material verwendet wird, verschwendet. Jeder, der sich mit schlanker Produktion auskennt oder ein TPS-Seminar besucht hat, wird diese Abbildung wiedererkennen, insofern gehe ich hier nicht darauf ein. Aus der Perspektive einer schlanken Produktion betrachtet, sollte der erste Schritt darin bestehen, den Wertstrom entlang des umständlichen Materialkreislaufs (beziehungsweise Papier- oder Informationskreislaufs) zu untersuchen. Am besten geht man diesen Kreislauf einmal komplett durch. Sie können ihn aufzeichnen und die Zeit und die zurückgelegten Wege berechnen und dem Ganzen die hoch technische Bezeichnung „Spaghetti-Diagramm“ geben. Selbst Menschen, die den größten Teil ihres Arbeitslebens in einer Fabrik zugebracht haben, werden von dem Ergebnis dieser Übung überrascht sein. Worum es bei Abbildung 3.2 geht, ist, dass man einen ganz einfachen Transformationsprozess nimmt und ihn so streckt, bis der generierte Mehrwert kaum noch zu erkennen ist.
Abbildung 3.2
Verschwendung in einem Wertsystem
Ich entdeckte ein erstaunliches Beispiel dafür, als ich ein Fertigungsunternehmen beriet, das Stahlschrauben herstellte. Die Ingenieure und Manager in meinem Seminar versicherten, ihre Prozesse könnten nicht von schlanker Produktion profitieren, weil sie zu einfach seien. Stahlblechrollen wurden angeliefert und gesägt, das Gewinde wurde geschnitten, dann wurden die Schrauben hitzebehandelt und in Kisten verpackt. Der Stahl wurde in der Geschwindigkeit von hundert Einheiten pro Minute durch die Maschinen gejagt. Als wir den Wertstrom (bzw. die Nichtgenerierung von Mehrwert) verfolgten, bekam die Behauptung der Ingenieure und Manager eine komische Note. Wir begannen ganz am Anfang beim Anlieferplatz und schritten den gesamten Verarbeitungsprozess ab. Jedes Mal, wenn ich dachte, nun sei der Prozess beendet, drehten wir eine weitere Runde durch die Fertigungshalle zum nächsten Verarbeitungsschritt. An einem bestimmten Punkt der Fertigung wurden die Schrauben für einige Wochen zu einem Subunternehmer transportiert, wo sie hitzebehandeltwurden, weil das Management ausgerechnet hatte, dass eine Auslagerung dieses Prozessschritts Kosten einsparte. Nachdem alles gesagt und getan war, stellte sich heraus, dass die Herstellung der Schrauben, deren einzelne Schritte zumeist nur Sekunden dauerte – mit Ausnahme der Hitzebehandlung, die einige Stunden in Anspruch nehmen konnte –, sich tatsächlich über mehrere Wochen, wenn nicht sogar Monate hinzog. Wir berechneten den Mehrwert verschiedener Fahrzeuglinien und erhielten Zahlen, die zwischen 0,008 und 2 bis 3 Prozent rangierten. Großes Erstaunen! Das Ganze verschlimmerte sich dadurch, dass Maschinenausfälle ein gängiges Problem waren, so dass neben der mangelnden Maschinenauslastung auch noch riesige Materialstapel entstanden. Einige clevere Manager hatten herausgefunden, dass das Outsourcing bestimmter Arbeitsgänge an Subunternehmer billiger war als die Festanstellung von Vollzeitkräften. Mit dem Ergebnis, dass oft niemand zur Stelle war, um eine ausgefallene Maschine zu reparieren, geschweige die Maschinen regelmäßig zu warten, um Ausfälle von vorneherein zu vermeiden. Im Vordergrund standen lokale Effizienzen, was eindeutig auf Kosten der Wertgenerierung ging. Und zwar deswegen, weil riesige Mengen an zwischenverarbeiteten Teilen und fertigen Produkten in Lagern gestapelt wurden und es sehr lange dauerte, bis Probleme (Mängel) entdeckt wurden, die die Qualität beeinträchtigten. Als Ergebnis war das Werk nicht in der Lage, flexibel auf die Kundennachfrage zu reagieren.
Traditionelle Prozessverbesserung versus Verbesserung im Sinne einer schlanken Produktion
Der traditionelle
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