Der Toyota Weg
zuvorkam:„Ogiso, ich würde Sie gerne bitten, den Bericht vorzutragen.“ Ogiso war knapp 32 Jahre alt und soeben erst in eine erste Führungsrolle geschlüpft. Schnell erkannte er, dass man ihn ausgetrickst hatte. Das war nicht das erste Mal, dass Kubochi ihn ins kalte Wasser warf, um seine Führungsqualitäten zu demonstrieren. Ogiso machte seine Sache ganz hervorragend und hielt eine Präsentation, die vom Führungsausschuss mit großem Wohlwollen empfangen wurde. Die Anforderungen an das neue Fahrzeugmodell lauteten wie folgt:
1. Geräumige Fahrerkabine durch eine Maximierung der Radstandlänge
2. Eine relativ hohe Sitzposition, um das Einund Aussteigen zu erleichtern.
3. Eine aerodynamische Karosserie mit einer Höhe von 1500 mm – etwas geringer als ein Minivan.
4. Ein Benzinverbrauch von maximal 5 Litern Benzin pro 100 km.
5. Ein kleiner, liegend eingebauter Motor mit CVT-Getriebe (zur Verringerung des Spritverbrauchs).
In der ersten Phase dieses Projekts spiegeln sich drei Prinzipien des Toyota-Wegs wider:
1.
9. Prinzip. Entwickeln Sie Führungskräfte aus den eigenen Reihen, die alle Arbeitsabläufe genau kennen und verstehen, die die Unternehmensphilosophie vorleben und sie anderen vermitteln.
Wir sehen hier, wie engagiert hochrangige Führungskräfte an einem sehr abstrakten und zukunftsorientierten Projekt mitwirken, das als äußerst wichtig für die Zukunft des Unternehmens angesehen wird, und das die aktive Unterstützung des Projektteams erhält.
2.
10. Prinzip. Entwickeln Sie außergewöhnliche Mitarbeiter und Teams, die der Unternehmensphilosophie folgen.
Wir können hier beobachten, wie einige der besten Leute des Unternehmens ein anspruchsvolles Projekt in Angriff nehmen, das als überaus wichtig für das Unternehmen gilt, und wie hart und mit welchem zusätzlichen Stundenaufwand sie arbeiten, um die extrem sportlichen Fristen einzuhalten. Das Team hatte drei Monate Zeit – Zeit, die sie neben ihrem jeweiligen Hauptjob aufbrachten –, um intensive Forschung zu betreiben und eine Vision für das Projekt zu entwickeln. Wir erhalten hier auch einen Eindruck davon, wie Toyotas Führungskräfte den Nachwuchs entwickeln. Kubochi hätte die Lorbeeren dafür einheimsen können, dass er die Initiative führte, aber es war wichtiger, Ogiso eine Lektion fürs Leben mitzugeben. Ogiso selbst sagte später: „Dadurch, dass ich ins kalte Wasser geworfen wurde und die Präsentation halten musste, lernte ich, die Dinge während meines Vortrags in meinem Kopf zu ordnen. Auf diese Weise gewann ich mehr Selbstvertrauen.“ (Itazaki, 1999).
3.
12. Prinzip. Machen Sie sich selbst ein Bild von der Situation, um sie umfassend zu verstehen
(genchi genbutsu). Das Team wollte sich nicht darauf beschränken, abstrakte Konzepte ohne Modell zu präsentieren, also entwickelte es einen auf die Hälfte verkleinerten Entwurf, damit sich die Unternehmensführung besser vorstellen konnte, wie das Fahrzeug aussehen sollte.
Ein ungewöhnlicher Chefingenieur erfindet einen neuen Ansatz zur Automobilentwicklung
Der nächste Schritt bestand in der Entwicklung eines detaillierteren Entwurfs für das neue Modell. Die Unternehmensführung überlegte, wem sie dafür die Verantwortung übertragen konnte und traf die ungewöhnliche Entscheidung, Takeshi Uchiyamada diese Aufgabe anzuvertrauen und ihn zum Chefingenieur zu ernennen. Uchiyamada war nicht auf diese Position vorbereitet und hatte auch nie den Ehrgeiz gehabt, Chefingenieur zu werden. Von seinem technischen Background her war er ein Testingenieur. Mit Fahrzeugdesign hatte er nie zu tun gehabt. Er gehörte zur technischen Administration und leitete die Umstrukturierung von Toyotas Produktentwicklungsorganisation in so genannte Fahrzeugentwicklungszentren – die größte Umstrukturierung in der Unternehmensgeschichte. Nach Abschluss dieser Aufgabe wollte er wieder in die Testforschung zurück. Und nun wurde er von der Unternehmensführung damit beauftragt, ein Programm zu leiten, das den Segen des Chairman persönlich hatte.
Auch wenn Toyotas Entscheidung, Uchiyamada zum Chefingenieur für dieses Projekt zu ernennen, auf den ersten Blick übereilt und unlogisch erscheinen mag, folgt es tatsächlich dem 13. Prinzip:
Treffen Sie Entscheidungen mit Bedacht und nach dem Konsensprinzip. Wägen Sie alle Alternativen sorgfältig ab, aber setzen Sie die getroffene Entscheidung zügig um (
nemawashi
)
. In der Tat war Uchiyamada aus mehreren Gründen für diese
Weitere Kostenlose Bücher