Der Toyota Weg
Als die US-Automobilunternehmen hörten, dass Toyota einen 18-monatigen Entwicklungszyklus verfolgte – vom Tonmodell bis zum Anlaufen der Montagebänder –, waren sie vom Donner gerührt. Der 18-Monatszyklus war bei Toyota aber typisch für Produktvarianten bestehender Modelle. Das bahnbrechende Modell Prius sollte diesen Zyklus um drei Monate unterbieten.
Toyotas Ingenieure arbeiteten wie die Sklaven. Es wurde eine Urlaubssperre verhängt, um die Karosserie nach dem im Juli verabschiedeten Tonmodell zu entwickeln. Im September gab es eine formelle Präsentation vor dem Board, der das Ergebnis abnickte. Von da an war die Entwicklung der reinste Marathonlauf, um Okudas Zieldatum im Dezember 1997 zu erreichen. In Verinnerlichung des 10. Prinzips,
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, verstand jeder, dass er persönliche Opfer bringen musste, um an diesem Projekt mitzuarbeiten, das offensichtlich von so großer Bedeutung für das Unternehmen war und unter so aggressiven Ziel- und Zeitvorgaben stand. Takehisa Yaegashi beispielsweise war ein hochrangiger Manager, der zahlreiche Motorentwicklungsprojekte geleitet hatte und von einem Mitglied des Board persönlich auserkoren worden war, das Team zur Entwicklung des Hybridmotors zu leiten. Kaum dass er sich bereit erklärt hatte, diese Verantwortung zu übernehmen, ging er nach Hause, erklärte seiner Frau die Situation und zog in einen Schlafraum des Unternehmens, um jede Ablenkung zu vermeiden.
Der Entwicklungsprozess verlief nicht in allen Teilen reibungslos. Itazaki (1999) bietet eine spannende und präzise Beschreibung des Prozesses, der zahlreichen Probleme, die auftraten, und der kreativen und bisweilen sehr mutigen Lösungen. Zum Beispiel entpuppte sich die Batterie, die den Motor des Hybridsystems antrieb, als Dauerproblem. Eine Kernanforderung war, dass die Batterie so klein wie möglich sein sollte, damit der Prius nicht den Eindruck eines „Batteriebehälters“ vermittelte, aber dennoch genug Kraft hatte, um das Ziel eines um die Hälfte reduzierten Spritverbrauchs zu erreichen. Tatsächlich durfte die Batterie nur ein Zehntel so groß sein wie die Batterie eines Elektroautos. Es stellte sich heraus, dass die Batterie äußerst hitzeempfindlich war und an heißen Tagen einfach ausfiel. Sie fiel aber auch aus, wenn es zu kalt war. Hochrangige Führungskräfte, darunter der President, absolvierten Testfahrten, während derer das Fahrzeug einfach stehen blieb. Ein zentraler Teil der Lösung bestand darin, die Batterie in den hinteren Fahrzeugteil einzubauen, der am meisten hitzegeschützt war und am besten kühl gehalten werden konnte. Nach den Anstrengungen, dieses und andere batteriebezogene Probleme zu lösen, entschloss sich Toyota, mit Matsushita Electric ein Joint Venture unter dem Namen Panasonic EV Energy einzugehen. Das Ziel war, die Batterie später an andere Autohersteller zu verkaufen. Zwar fühlte sich Toyota ein wenig zu dieser Partnerschaft gedrängt, aber Toyota nimmt Partnerschaften grundsätzlich sehr ernst und befolgte in der Zusammenarbeit mit Matsushita Electric das 11. Prinzip,
Respektieren Sie Ihr ausgedehntes Netzwerk an Partnern und Zulieferern, indem Sie sie herausfordern und dabei unterstützen, sich zu verbessern
. In einer gemeinsamen Anstrengung schafften es zwei Unternehmenskulturen, ihre Differenzen zu überwinden und zu einer funktionsfähigen Einheit zu verschmelzen.
1997 arbeiteten eintausend Toyota-Ingenieure fieberhaft daran, das Dezemberziel für den Beginn der Massenproduktion einzuhalten. Unglaublicherweise hatte Toyota immer noch keinen vernünftigen Prototyp. Normalerweise sind Prototypen so kurz vor der Massenproduktion getestet und funktionieren schon beinahe perfekt. Nachdem in diesem Fall die F&E aber parallel zur Produktentwicklung stattfand, erforderte jeder neue technische Durchbruch einen neuen Protoyp. Und die neuen Prototypen funktionierten fast nie auf Anhieb ohne Probleme. Das war sehr beunruhigend, denn die jungen Test- und Produktionsingenieure hatten noch nie so kurz vor der Markteinführung ein Fahrzeug in so schlechtem Zustand erlebt. Die erfahrenen Ingenieure hatten ein Dejà-vu aus ihren Anfangsjahren bei Toyota, als jede neue Modelleinführung auf diese Weise verlaufen war.
Toyotas President Okuda war kein Ingenieur, aber er war ein außergewöhnlich guter Manager und eine herausragende Führungspersönlichkeit. Er wusste, wie man
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