Der Toyota Weg
vormals für das Toyota Supplier Support Center tätig gewesen war. Und dieser Berater sagte das Undenkbare, nämlich dass die gesamte Fertigung schlanker wäre, wenn das Werk ausgewählte Produkte für die Lagerhaltung produzieren würde! Das bedeutete eine bewusste Entscheidung für mehr Verschwendung. Man folgte diesem Rat.
Der Berater wusste, dass es nicht nur einen Lagertypus für fertige Endprodukte gab, sondern vier. Bei dem ersten handelt es sich um Produkte, für die konkrete Bestellungen vorliegen, und die zu einer Verladestation geschafft werden sollten, um sofort auf Lastwagen verladen zu werden. Der zweite sind saisonale Produkte mit hohem Absatzvolumen, die rund ums Jahr hergestellt werden und in einem Saisonlager vorgehalten werden sollten, dessen Bestand in der absatzträchtigen Frühjahrs- und Sommersaison entsprechend abverkauft wird. Der dritte ist ein Lagerbestand als Sicherheitspuffer für eine unerwartet hohe Nachfrage, die aus dem Saisonlager nicht bedient werden kann. Dieser Lagerbestand ist kundengetrieben. Und der vierte ist ein Sicherheitsbestand, um Ausfallzeiten im Werk abzufedern, so dass Kunden ihre bestellten Produkte auch dann erhalten, wenn die Maschinen aufgrund von Wartungs- oder Reparaturarbeiten abgeschaltet sind. Dieses Lager ist werksgetrieben.
Auf Empfehlung des Beraters wurden diese vier Lagertypen in je einem Bereich des Werks eingerichtet, so dass jeder stets überblicken konnte, wie viel Bestand in jedem einzelnen Lager vorhanden war (7. Prinzip des Toyota-Wegs).
Die Lager wurden über das
kanban
-System wieder aufgefüllt (Karten, auf denen der Fertigung die benötigte Menge eines bestimmten Endprodukts übermittelt wurde), wie in Kapitel 9 beschrieben. Das Saisonlager ist zum Beispiel das Lager mit dem größten Bestand. Es wird während der Nebensaison aufgefüllt und erreicht seine höchste Auslastung kurz vor dem Frühjahr, wenn der Warenabsatz am höchsten ist. Die Menge, die als Puffer für die saisonale Nachfrage dient, wird im Voraus festgelegt. Auf Basis dieser Vorgaben wird per
kanban
die Produktion genau dieser Menge gesteuert. Vor dem Lager befindet sich eine Art Wäscheleine, die mit den Monaten des gesamten Jahres beschriftet ist. Die Produktmenge, die auf Basis einer gleichmäßigen Produktion bis August hergestellt sein muss, ist mit dem Schild „August“ ausgezeichnet. Wenn der Warenbestand im August größer ist als er bis zu diesem Zeitpunkt sein sollte, wird er bis über dieses Schild reichen, und jeder weiß dann, dass es einen Lagerüberhang gibt, für den eine Lösung gefunden werden muss.
Im
kanban
-System beginnt der Informationsfluss mit der Kundenbestellung und setzt sich rückwärts durch den gesamten Herstellungsprozess fort. In diesem Unternehmen erhält eine (One-Piece-Flow-) Zelle, die den abschließenden Zuschnitt und die Verpackung übernimmt, die Aufträge, die sofort ausgeführt werden müssen. In Zeiten geringer Aufträge sind die Arbeiter aber dennoch nicht dazu verdammt, untätig herumzusitzen. Sie können Produkte für das Saisonlager herstellen oder Produkte, um die beiden Lager, die als Sicherheitspuffer dienen, wieder aufzufüllen. Die jeweils benötigten Mengen werden von
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-Karten angezeigt. Diese Karten werden von einem Planer in eine Box zur visuellen Produktionsplanung einsortiert, die als „
heijunka
-Box“ bezeichnet wird und für eine gleichmäßige Produktion sorgt. Jeweils um 8.00 Uhr, um 8.10 Uhr, um 8.20 Uhr etc. zeigt diese Box den Produktionsbedarf an. Die Karten werden in die Box gesteckt und an die Produktionszelle übermittelt. Sie teilen der Zelle mit, was in welchem Rhythmus hergestellt werden muss. In dem Maße, wie die Zelle Materialien wie lackierte Aluminiumrollen verbraucht, sendet sie ein
kanban
zur vorher gehenden Arbeitsstation zurück und fordert Nachschub an. Auf diese Weise wurde ein Pull-System etabliert, das bis zu den Zulieferern – wie z.B. dem Lackierunternehmen – zurückreicht.
Auf Anraten des TPS-Beraters wurden noch weitere Verbesserungen vorgenommen, so z.B. die Standardisierung der Arbeitsabläufe, die Reduzierung der Umrüstzeiten und eine Integration von Instrumenten zur Fehlerkontrolle (siehe Kapitel 11 und 12). Das Ergebnis war ein sehr gleichmäßiger und reibungsloser Produktionsfluss durch das gesamte Werk, so dass nur noch zwei Ladeplattformen zur Auslieferung nötig waren und die anderen zehn geschlossen werden konnten. Außerdem gelang dem Werk eine unglaubliche
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