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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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einmal ein Betrunkener vom Hafen trieb sich hier herum. Im letzten Augenblick bewegte sich der Mann in ihre Richtung, um ihr den Weg abzuschneiden und es so aussehen zu lassen, als überquere er nur die Straße. Sie verstärkte den Griff um ihren Korb und hielt die andere Hand fest um ihre Geldbörse geschlossen. Als er gegen sie prallte, ließ sie kräftig ihre Schulter nach vorne schnellen, sodass er ausgestreckt auf den Gehweg fiel.
    »Oh! Passen Sie doch auf, Miss.«
    Blutiger Anfänger. Zane hätte es viel besser gekonnt. Sie musste das wissen, denn schließlich hatte sie selbst es ihm beigebracht.
    Sie horchte angestrengt, aber der Mann folgte ihr nicht, sondern rappelte sich nur auf, klopfte sich die Hosen ab und fluchte eine Spur zu laut dafür, dass er sich in der Öffentlichkeit befand. Ein Wachmann stand müßig auf der Treppe einer nahegelegenen Kneipe herum, neben sich ein lachendes Mädchen,
und hielt ein Glas in der Hand. Er wandte seinen Kopf um und musterte den Taschendieb von oben bis unten.
    Rue lief weiter.
    Drei Blöcke später begann sie, es zu hören. Die Luftströmung änderte sich, es gab ein gedämpftes Poltern, dann Stille, und schließlich war die Luft wieder normal. Sie ging an dem Lagerhaus, in dem sich Christoff befand, vorbei, denn zwei Seeleute saßen an der Ecke und würfelten. Erst als sie zankend davongegangen waren, kehrte sie zum Eingang zurück.
    Die mächtige Tür war mit einem Schloss und einer Kette gesichert.
    Sie sah sich noch einmal um und legte beide Hände um das billige Schloss. Es konnte nur symbolischen Wert haben; nichts, was so dünn war, würde einen Drákon von irgendetwas abhalten. Sie drückte es fest zusammen, und das Schloss zersprang in seine Einzelteile. Vorsichtig ließ sie es gegen ihren Rock fallen und löste die Kette. Auf sorgfältig geölten Rollen glitt die Tür zurück.
    Rue hob ihren Schleier. Eine breite Bahn von staubigem Sonnenlicht, das durch das Loch in der Decke fiel, strahlte Flocken in der Luft an und ließ die Spitzen der herabgefallenen Federn zwischen dem ganzen Schutt und den Dachziegeln wie Funken aufleuchten. Kein Geräusch kam nunmehr aus dem kleineren Zimmer. Sie näherte sich der Eisentür und stellte den Korb neben ihren Füßen ab.
    Dann presste sie ihr Ohr auf das Metall. Sie hörte jemanden atmen. Das war alles.
    Sie musste all ihre Kraft aufwenden - weitaus mehr als bei dem armseligen Schloss draußen -, um den Riegel zu bewegen. Vor Anstrengung stöhnte sie, aber es gelang ihr, ihn wegzuschieben und die Tür zu öffnen.

    Zuerst konnte sie nichts sehen. Es gab überhaupt kein Licht in dem winzigen Raum, außer dem, das sich über die Türschwelle ergoss. Aber sie spürte, dass er da war, seine Hitze und sein pochendes Herz. Sie bückte sich, um die Laterne aufzuheben, die sie mitgebracht hatte, riss ein Zündholz an, um den Docht zu entflammen, und hob das Licht vor sich in die Höhe.
    Mandelaugen starrten ihr aus der Dunkelheit entgegen, helle, grüne Augen. Ein anmutiger Kopf lag auf dem Boden, ein Körper, gewunden wie eine Schlange, Schuppen in den Farben des tiefsten Ozeans, die sich bei jedem angestrengten Atemzug veränderten. Die Krallen mit den dolchartigen Spitzen lagen gekrümmt auf dem Granitboden, und seine Flügel waren zu blutroten Strichen zusammengefaltet.
    Er hob nicht den Kopf. Er bewegte sich überhaupt nicht, sondern beobachtete sie nur aus seinen lodernden Augen und dieser auf den Boden gepressten, tödlichen Reglosigkeit. Er zeigte keinerlei Anzeichen, dass er sie wiedererkannte, sondern zitterte feindselig, bereit zum Schlag mit seinen Krallen.
    Rue griff nach dem Korb, raffte ihren Rock zusammen und trat mitsamt der Laterne in die Kammer. Dann zog sie die Eisentür hinter sich zu.

16
    Da waren Ratten in seinem Kopf. Kit spürte sie und ihre kleinen Krallen, die an seinem Gehirn schabten. Es bereitete ihm Schmerzen, und es erfüllte ihn mit Zorn. Er kratzte sich an den Ohren und schüttelte den Kopf, bis sich die Welt um ihn
herum drehte, aber sie fielen nicht heraus und verschwanden auch nicht.
    Ihm kam es so vor, als ob sie schon sehr lange dort gewesen wären, vielleicht versteckt, vielleicht auf diesen Zeitpunkt wartend. Mit ihren Barthaaren und glühenden Augen bedrängten sie ihn. Sie fraßen seine Gedanken. Er wollte sie mit einer Leidenschaft zerstören, die sein Herz verbrannte und seine Muskeln vor Zorn verhärtete. Aber er konnte die Nager nicht aufhalten.
    Ihr Atem an seinem Ohr. Ihr

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