Der träumende Diamant 1 - Feuermagie
der Presse.« Er drehte mit einem Finger die Zeitung um, sodass er den Artikel lesen konnte. »Sich mit ihm duelliert. In der Tat. Er würde nicht herumlaufen und sich damit brüsten, wenn er es tatsächlich getan hätte.«
»Weiß nicht, warum Sie trotzdem erstaunt sind«, bemerkte George, der es sich in seinem Lieblingssessel am Kamin bequem gemacht hatte. »Sie haben doch selbst schon genug mit dem Blödsinn der Zeitungsleute zu tun gehabt, seitdem Sie den Titel geerbt haben.«
»Das stimmt. Vielleicht habe ich darauf gehofft, dass die Presse sich bessern würde.«
»Nicht sehr wahrscheinlich.« Rufus setzte sich ebenfalls. Er stützte seine Stiefel auf die Tischkante, fing den Blick auf, den Kit ihm zuwarf, und ließ die Füße wieder auf den Boden sinken. »Sie sind doch eines ihrer begehrtesten Opfer. Marquis von Langford wohnt einem Ball bei. Marquis von Langford begleitet Lady Soundso. Marquis von Langford kratzt sich am Arsch .«
»Letzteres habe ich noch gar nicht gelesen«, sagte Kit nachsichtig.
»Die Presse hat Gefallen an Ihnen gefunden«, bemerkte George und faltete die Hände über seinem Bauch.
»Alles, was die wollen, ist frisches Blut.«
»Und das haben Sie, Mylord.«
»Hatte ich.« Kit klopfte auf die Schlagzeile. »Aber es scheint so, als sei ich abgesetzt worden.«
Der Rauchdieb. Die letzten drei Jahre lang hatten Christoff und der Rat seine Raubzüge beobachtet, seitdem der Evening Standard den Burschen mit diesem vielsagenden Beinamen belegt hatte. Der gesunde Menschenverstand sagte einem, dass er schon weitaus länger sein Unwesen trieb, doch trotz Kits gesellschaftlichen Verbindungen und einer Menge Händeschütteln mit silbern glänzenden Handflächen schien niemand viel über ihn zu wissen. Er war ein gefundenes Fressen für die Presse, eine Empörung für die Reichen und ein Held für die gewöhnlichen Leute. Er stahl ausschließlich Edelsteine
und nur die erlesensten. Und keiner von ihnen wurde je wiedergefunden.
Er war die ernsthafteste Bedrohung für den Stamm in diesem Jahrhundert.
Zahllose Jahre lang hatten sie in beinahe vollkommener Verborgenheit gelebt, ein Echo früherer Tage, uralten Zaubers und vielfältiger Magie.
Niemand kannte die wahren Ursprünge des Stammes. Diese Erinnerungen waren schon vor Ewigkeiten verloren gegangen. Einige sagten, sie lägen in Russland oder Rumänien oder den undurchdringlichen, schwarzen Wäldern von Europas entlegensten Bergen. Einige des Volkes gingen sogar noch weiter und behaupteten, sie seien aus dem Mittelpunkt der Erde entsprungen, seien mit den weißglühenden Diamanten und der Lava in den Himmel gespuckt worden und hätten ihre ersten Atemzüge inmitten der Wolken getan.
Sie waren Jäger, beispiellos und für sich lebend. Sie waren Rauch und Feuer und Klauen: die Drákon.
Aber die Anderen waren an die alten Orte gekommen, Sterbliche, und dann wurden sie verfolgt. Der Stamm war aus seinem Heimatgebiet geflohen und hatte die letzten Diamanten mit sich genommen, ihre Quelle und Inspiration. Doch an jedem Ort, den der Stamm erreichte, wurden seine Mitglieder, die legendären Jäger, zu Gejagten. Sie wurden in ihren Heimen angegriffen, während sie schliefen. Ihre Häuser wurden angezündet, sie wurden niedergeknüppelt und gefoltert. Sie, die einst Legende waren, wurden einer nach dem anderen zur Strecke gebracht.
Kit konnte sich gut vorstellen, wie sich die Sterblichen, die sie am meisten fürchteten, erhoben und die Unschuldigen niedermetzelten. Zu viele Nächte seiner Kinderzeit hatte ihn ebendieser Gedanke hellwach gehalten.
Sie hatten gelernt, ein Leben in Tarnung zu führen. Gegen die Wandlung anzukämpfen, sich inmitten der Anderen zu bewegen und so wie sie zu leben. Verstohlenheit war der Schlüssel für ihr Überleben, und die Drákon perfektionierten diese Fähigkeit so sehr, dass jene, die die Wandlung - sich vom Menschen in ein Tier und wieder zurückzuverwandeln - vollziehen konnten, im Laufe der Zeit immer weniger und weniger wurden.
Am Ende, nach Jahren des Umherziehens, waren sie hier gelandet, in den grünen Hügeln von Nordengland, wo die Nebel sich noch über die Erde legten und wo sich Rauch und Wolken zu einer Einheit vermischen konnten. Fünfzehn Generationen lang hatte Darkfrith dem Stamm ein ruhiges Gedeihen ermöglicht.
Noch einmal warf Kit einen Blick auf den Artikel vor ihm und die fett gedruckten Zeilen. Ein Mann in Form von Rauch, der durch Wände und Fenster drang, als ob sie gar nicht da
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