Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
Vom Netzwerk:
geweint.
    Er schmeckte nach Verzweiflung.
    Meine tapfere, kleine Prinzessin.
    Sie betrat den Raum und blieb reglos stehen, als Christoff
endlich ihren Arm freigab. Sie hörte, wie er sich mit jemandem hinter der Tür besprach, während sie sich zwang, langsamer zu atmen, und sie versuchte, dem Drang zu widerstehen, ihre Hände aus den Fesseln zu reißen.
    Die Tür schloss sich mit einem leisen, unmissverständlichen Klicken. Der Marquis trat hinter sie. Zwischen ihren Handgelenken spürte sie eine Klinge.
    »Wenn du bitte stillhalten würdest.«
    Er durchtrennte die Fesseln. Einen Moment lang geschah nichts weiter, als dass ihre tauben Arme wieder nach vorne rutschten und schlaff zu beiden Seiten ihres Körpers baumelten. Dann kehrte das Blut zurück, eine verzögerte Qual, die sich den Weg von ihren Fingern bis hinauf in ihren Schädel bahnte. Rue biss sich auf die Lippen, um nicht zu stöhnen.
    Christoff trat vor sie, nahm ihre Hand und rieb sie mit kreisenden Bewegungen. Sobald es ihr wieder möglich war, riss Rue sich los - nicht ruckartig, nicht ungeschickt, sondern mit so viel Verachtung, wie sie möglichst deutlich zum Ausdruck bringen konnte. Sie nestelte an der Augenbinde, kümmerte sich aber gar nicht erst um den Knoten, sondern zerrte sie sich einfach vom Gesicht.
    Sie blinzelte in die plötzliche Helligkeit und in die kleine Zelle, in der sie sich befand. Dann hob sie den Blick zu dem Mann vor ihr, der sie eindringlich und ohne zu lächeln ansah.
    »Ich bin sicher, du hast von diesem Raum gehört«, sagte er. »Er gehört dir, solange du es wünschst.«
    Der Tote Raum . Natürlich hatte sie, wie alle anderen auch, davon gehört. Der Raum der Urteilssprechung und der letzten Stunden. Man sagte, er sei so tief im Labyrinth verborgen, zu dem Chasen Manor inzwischen geworden war, dass niemand je die Schreie vernehmen würde.

    In Wahrheit waren die Wände nicht mit dem Blut der Unglückseligen getränkt, wie man sich erzählte, sondern bestanden aus gewöhnlichen, grauen Steinen, aus schweren Blöcken, die auch den Boden und die Decke bildeten, wie die Solar einer normannischen Burg, nur ohne Fenster.
    Es gab ein Bett mit einem Gestell aus Eichenholz, einen Tisch aus Holzplanken und zwei Stühle. An einem Haken neben der Tür brannte eine Laterne.
    Das Bett war schmal und einfach. Auf ihm lagen zwei Kopfkissen und eine sandfarbene Wolldecke.
    »Wird es eine Vergewaltigung werden oder befriedigst du deine Eitelkeit mit dem Versuch einer Verführung?«, fragte sie, den Blick noch immer auf das Bett gerichtet.
    Er antwortete nicht. Rue sah auf ihre Hände, öffnete sie und streckte die schmerzenden Finger.
    »Zwischen Ehepartnern gibt es keine Vergewaltigung«, entgegnete der Marquis.
    »Nun, ich fürchte, ich werde nicht in eine Eheschließung mit dir einwilligen, Lord Langford. Du wirst es irgendwie anders benennen müssen.«
    »Du kannst es nennen, wie du willst, Mistress Hawthorne. Du bist eine Alpha, und ich bin es ebenfalls. Dem Gesetz unseres Volkes nach sind wir so gut wie verheiratet.«
    »Dies sind nicht meine Gesetze. Und dies ist auch nicht mein Name.«
    »Clarissa.«
    »Ich sagte es dir bereits. Sie ist tot.«
    »Dann sag es mir noch einmal«, schlug er sanfter als beim letzten Mal vor. »Wer bist du jetzt, wenn nicht jenes kleine Mädchen aus der Grafschaft?«
    »Überhaupt niemand.«
    »Jeder hat einen Namen.« Er trat näher, nahm durch ihre
halb geschlossenen Lider hindurch an Gestalt und Farbe ab, kam jedoch nicht weit genug an sie heran, als dass sie ihn hätte berühren können. »Selbst die Verlorenen.«
    »Ich versichere dir, ich war nicht verloren.«
    »Für mich verloren, sollte ich sagen. Wenn du nicht willst, dass ich dich mit deinem Taufnamen anspreche, müsstest du mir schon einen anderen präsentieren.«
    Sie holte Luft, hielt sie einen Augenblick lang an und schwankte.
    »Rue.«
    »Rue.« Nachdenklich wiederholte er den Namen und ließ ihn sich auf der Zunge zergehen. »Madame Rue Hilliard, soweit ich verstanden habe.«
    Nun streckte er die Hand aus und ließ seine Finger über ihre Wangen gleiten, bis sie ihm ihr Gesicht zuwandte. Seine Augen funkelten grün wie Eis unter einem morgendlichen Sonnenaufgang. »Verheiratet oder verwitwet?«
    In diesem ganzen Raum war er das Einzige, was schön war. Er war hart und mächtig und unergründlich, seine Züge beinahe ohne Spuren, selbst nach all diesen Tagen des Reisens. Seine Handfläche fühlte sich warm an ihrer Wange an, aber auch

Weitere Kostenlose Bücher