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Der träumende Diamant 1 - Feuermagie

Titel: Der träumende Diamant 1 - Feuermagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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spitz hinzu.
    Er sah wieder hinab auf die Tageszeitung, fuhr über die rauen Kanten und klappte sie auf und zu. Vor seinen Füßen lag der umgestürzte Tisch und zeigte eine Unterseite, die dunkler und weniger gleichmäßig gefleckt war als die Oberfläche. Der Tisch stand in der Zelle, seitdem er sich daran erinnern konnte; auf jeden Fall seit der Zeit seines Vaters. Er fragte sich, wie
viele Läufer auf die Platte gestarrt und die Stunden gezählt hatten. Er fragte sich auch, ob sie sich wehgetan hatte, als sie ihn kaputtgemacht hatte; doch er war zu klug, um sich bei ihr danach zu erkundigen.
    Stattdessen forderte er sie auf: »Sag mir, wo Herte ist, und ich werde mich vor dem Rat für dich einsetzen. Ich werde um Milde bitten.«
    »Und wie würde die aussehen?«, fragte sie trocken. »Eine Hochzeit, die nicht heute, sondern erst morgen stattfindet?«
    »Eine bessere Unterkunft, nur als Beispiel. Im Quartier der Marquise.«
    »Freiheit?«
    »Ein gewisses Maß an Freiheit, ja.«
    »Ein gewisses Maß«, wiederholte sie und klang nun gelangweilt. »Wie ein Jagdhund an der Leine, nehme ich an. Nein, danke schön.«
    »Rue«, sagte er rau und sah zu ihr empor. »Lass mich dir helfen.«
    »Du hast mir schon mehr als genug geholfen.«
    »Ist es denn das, was du willst?« Er stand auf und machte eine Geste in den Raum hinein. »Diesen Ort, dieses Leben? Wenn du gegen den Rat kämpfst, werden sie alles tun, was in ihrer Macht steht, um dich hierzubehalten.«
    »Gib mich frei«, sagte sie und sah ihn unverwandt an. »Du bist der Marquis, du hast die Macht dazu. Ich schwöre dir, dass ich dir dafür alles sagen werde, was du wissen willst.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Du weißt, dass das nicht möglich ist.«
    »Ich weiß, dass du der Alpha bist. Nicht wahr? Der allmächtige, souveräne Führer des Stammes.« Auch sie erhob sich, während sie die Decke umklammert hielt. »Nun, dann beweise es. Brich die Regeln. Mach neue.«

    Sie hatte bei ihren letzten Worten einen Schritt auf ihn zugemacht, aufrecht und mit geraden Schultern, und zog die verdammte, alberne Decke wie die Schleppe einer Königin hinter sich her. Er wusste, dass sie ihn reizen, ihn vielleicht sogar einschüchtern wollte, aber das spielte keine Rolle, hier allein mit ihr in der Zelle, wo das Licht der Laterne auf ihrer Haut spielte und Farbtupfer zauberte, mit ihren halb geschlossenen Augen und ihren Lippen, o ja, diesen Lippen, die so vollkommen, so tiefrosa und prall waren … mit diesem Zopf, der sanft auf ihrem Rücken schaukelte, eine Einladung, ihn zu lösen …
    Er spürte, wie sich das Tier in ihm regte. Er spürte, wie sein Körper steif wurde, nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt, und diese Anspannung in einem heißen Fluss in seine Leiste schoss. Er konnte es nicht aufhalten, er wollte es nicht aufhalten. Er wollte, dass es immer weiterging.
    Sie war so schön. Wann immer er sie sah, bemerkte er es aufs Neue, als ob ihn seine Erinnerung jedes Mal trügen würde. Er konnte sich nicht an dieses Gefühl gewöhnen. Aber sie war wahrhaft wunderschön. Ihre bloße Gegenwart entflammte ihn, von der Röte ihrer Wangen zu den schwarzen Fächern ihrer Wimpern, die Art, wie ihre Augen seinem Blick standhielten und sie ihre Kiefer zusammenbiss. Selbst ihre bloßen Zehen, die unter den hinabwallenden Wollenden gerade noch hervorblitzten.
    Und sie duftete noch immer zart nach Lilien. Er wollte diesen Geruch auch schmecken, seinen Mund über ihrer Haut öffnen, seine Zunge über ihre Kehle gleiten lassen, sie an sich ziehen und sein Gesicht in ihrem Haar vergraben, bis sie auch nach ihm roch. Er wollte sie bedecken, sie erobern. Sich in ihr versenken. Er wollte es mit einer Wildheit, die ihn entsetzte, so sehr, dass er sich zwingen musste, sich nicht zu bewegen,
nicht zu bersten. Jeder Muskel seines Körpers wurde zu einem harten, körperlichen Schmerz.
    Und Clarissa hatte die Veränderung in ihm gespürt, das wusste er. Sie stand wie erstarrt vor ihm, mit weit aufgerissenen Augen, ein Reh, das zaudernd vor einer Schlinge verharrt. Ganz am Rande seines Gesichtsfeldes sah er, wie sich ihre Hand zur Faust ballte, klein und weiblich und der seinen nicht ebenbürtig. Das Biest, der grausame Drache, sah die Faust und verzog das Gesicht zu einem höhnischen Lächeln.
    Niemand konnte es mit ihm aufnehmen. Niemand würde auch nur daran denken.
    Das Bett stand genau hinter ihr.
    Ohne Hast entspannten sich ihre Finger wieder. Ihre Wimpern senkten sich. Und als sie

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