Der träumende Diamant 2 - Erdmagie
pflichtete er ihr bei und lächelte kurz. »Das glaube ich. Aber, Mylady, was verschweigst du mir?«
»Nichts.«
»Weißt du eigentlich«, begann er im Plauderton, »dass sich auf deinen Wangenknochen höchst bezaubernde, rosafarbene Flecken ausbreiten, wenn du lügst? Das ist wirklich sehr praktisch. Oh … für dich natürlich nicht, nehme ich an.«
»Ich wusste es nicht. Ich schwöre dir, dass ich es nicht wusste.«
»Nun gut.« Er durchschritt das Zimmer in diesem seltsam tanzenden Schein der Lampen und setzte sich auf das Bett neben sie, ehe sie dagegen protestieren konnte. Die Matratze
ließ sie zu ihm rutschen; sie beugte sich mit aller Macht zur anderen Seite, um die Balance zu halten. »Warum berichtest du mir nicht, was du wusstest? Oder, Löwenmäulchen, was du weißt . Ich schätze es nicht besonders, an der Nase herumgeführt zu werden. Das ist wirklich höchst unwürdig.«
Sie schlug die Augen nieder. Die Schatten veränderten sich; sie spürte, wie seine Fingerspitzen über ihre Wange glitten, und plötzlich konnte sie nicht mehr atmen.
»Lia.«
»Du hast gesagt, du wolltest nicht all meine Geheimnisse.«
»Du wirst feststellen, dass das Lügen nur eine meiner zahllosen schändlichen Fertigkeiten ist. Wir haben so viel gemein. Lia«, begann er noch einmal, und dieses Mal hatte seine Stimme einen belustigten Unterton. »Guter Gott, muss ich dich foltern, um eine Antwort zu bekommen? Es ist eine einfache Frage, Mylady: Was weißt du?«
»Jede Nacht«, gestand sie schließlich sehr langsam, »träume ich. In meinen Träumen … geschehen Dinge. Willkürliche Dinge. Dinge, die wahr werden.«
Er nickte. »Ist das eine gewöhnliche Gabe bei den Drákon ?«
»Nein.« Sie schürzte die Lippen. »Offenkundig ist keine meiner Gaben sonderlich gewöhnlich.«
»Natürlich nicht. Was träumst du vom Diamanten?«
»Dass du ihn finden wirst - dass wir ihn finden.«
»Und?«
»Das ist alles. Wir finden ihn. Du übergibst ihn meiner Mutter. Du bist reich.«
Seine Finger klopften auf ihre Wange. »Und das ist das Ende davon?«
Sie löste sich von ihm, außerstande, seine beiläufigen Berührungen noch länger zu ertragen. »An diesem Morgen in Jászberény, als wir nach dem Feuer auf der Straße standen … hatte ich das Gefühl, die Nähe eines anderen Drákon zu spüren, der uns beobachtete. Der mich beobachtete. Ich habe dir nicht davon erzählt, weil ich glaubte, er sei nicht real und nur eine Ausgeburt meiner Müdigkeit. Ich glaubte, ich hätte ihn mir nur eingebildet.«
Er lehnte sich zurück. »Aber so war es nicht.«
»Nein.«
»O je.«
»Ja.«
Eine lange Weile schwieg er. Der Schein des Feuers leckte flüsternd und knisternd über seine Strümpfe und tauchte die silbernen Schnallen seiner Schuhe in heißes Gold. Dann schließlich seufzte er schwer.
»Dies ändert die Dinge natürlich, mein Herz. Der Einsatz ist erhöht worden. Wenn es deine Leute sind, die uns übelwollen, dann wirst du zu einer wahren Belastung.«
»Warum sollten sie mir übelwollen?«
»Ich habe keine Ahnung. Alles, was ich weiß, ist, dass es ziemlich schwer ist, Rauch zu bekämpfen. Glaub mir, ich habe es versucht. Sechzigtausend Pfund nützen mir im kalten, dunklen Jenseits herzlich wenig.«
»Ich will nicht, dass du gegen sie kämpfst.«
»Aber wer wird dich denn dann beim nächsten Mal beschützen?«, fragte er mit sanfter Stimme. »Wer sonst kennt so wie ich ihre Geheimnisse? Wer sonst hier weiß, dass sie etwas sehen müssen, um die Wandlung zu vollziehen? Wer sonst kennt die Nützlichkeit von Kapuzen und Augenbinden und einer massiven Kugel in den Eigenweiden? Wer
sonst kann sich durch die Schatten bewegen, einen singenden Diamanten an sich bringen und kennt die Rätsel all der anderen Tiere? Wer sonst ist rein menschlich, ein sterblicher Mann mit Messern, Pistolen, Blut an seinen Händen und dem Wissen, wie man einen mächtigen Drachen in vollem Flug besiegen kann?«
Schweigend starrte sie ihn an.
»Vielleicht wollen sie in Wirklichkeit dich töten«, sagte sie schließlich.
»Vielleicht«, erwiderte er leichthin. »Aber das bezweifle ich eher. Du bist ein prächtiges, glänzendes Ziel - eine schöne Frau, ein Drachenmädchen, das in ihr Land und ihre Traditionen vordringt. O ja, ich weiß auch, wie sehr dein Volk an den eigenen Traditionen hängt. Ich würde schätzen, dass du just in diesem Moment Dutzende von Regeln brichst. Wir sind nicht in England, sondern in Mitteleuropa. Wir haben schon seit
Weitere Kostenlose Bücher