Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
bleibe nicht zurück. Es sieht so aus, als bräuchtest du jeden, den du kriegen kannst. Vielleicht können wir als die beiden anderen des Fliegens mächtigen Frauen ein paar Einsichten hinsichtlich ihrer Muster beisteuern.«
»Ein paar weibliche Vermutungen«, fügte Joan mit einem dünnen, stählernen Lächeln hinzu.
Audrey stimmte ihr zu. »Genau.«
»Alles, was ich brauche«, meinte Kimber, »ist eine einzige verdammt gute Vermutung.«
Audrey nickte. »Also gut. Ich wage zu behaupten, dass wir der Aufgabe gewachsen sind.« Sie stand da, verschränkte die Finger, streckte die Arme vor sich aus und hob sie dann über den Kopf. Sie trug ihr haselnussbraunes Haar offen, bemerkte er, lang und ohne Locken, ein Stil, den man beinahe
überall sonst auf der Welt für schockierend unangemessen halten würde.
Joan stand da und begann, ihre Ringe abzustreifen.
»Oh, sagte Kimber ruhig, »Hast du gleich jetzt gemeint?«
»Weißt du einen besseren Zeitpunkt?«
»Ich glaube nicht.« Aber tatsächlich war er überlistet worden, und es bereitete ihm Unbehagen, sie so zu sehen, nämlich bei der Vorbereitung zur Wandlung. Er bekam das Bild von Maricaras leerem Kleid, ihrem Unterhemd und ihrem Korsett nicht aus dem Sinn.
Kimber ließ den Kopf wieder auf die Hände sinken und starrte stattdessen den Poststempel eines Briefes an, der unter einer Ecke des Chronicle hervorragte, während Joan gerade ihre Schuhe wegtrat.
Seaham. Wen zur Hölle kannte er in Seaham? Er griff nach dem Brief, erbrach das Siegel mit dem Daumennagel und begann zu lesen.
»Kimber?« Audrey ließ die Arme auf ihre Röcke sinken. »Was ist das?«
»Du wirst dein Haar aufstecken wollen«, sagt er langsam. »Sie ist in der Kronensuite des Glocke und Stern . In Seaham.«
»Was? Wie auf Erden kannst du sicher sein? Hat sie dir tatsächlich geschrieben, um dir das mitzuteilen?«
Den Kopf immer noch auf eine Hand gestützt, hielt er ihr den Brief entgegen, so dass sie die Schrift im hellen Licht der Julisonne klar erkennen konnte.
»Nicht ganz. Aber sie war freundlich genug, die Rechnung mir zuschicken zu lassen.«
Wie jedes andere Volk auf dem Planeten hatten auch die Drákon ihre Sagen.
Es gab selbstverständlich Geschichten von Diamanten. Die Drákon waren seit dem Anfang aller Zeit mit Diamanten verbunden, und der Stamm hatte seinen Anteil an mystischen Steinen. Herte, Dramada, Eloquise - jeder mit seiner eigenen dunkel glimmernden Geschichte, jeder einzelne an den allergeheimsten Stellen des Herrenhauses versteckt, geschätzt und verehrt.
Und es gab die Sagen über Drachen. Die zerzausten Anführer aus längst vergangenen Zeiten, welche den Stamm von einem lange vergessenen Ort in die Grafschaft gebracht, gekämpft und ein Heim für alle geschaffen hatten. Der Alpha, dessen Kralle zuerst das Land berührt hatte, das Darkfrith werden würde, hatte Nadus geheißen, rothaarig, mächtig; allein mittels Willenskraft hatte er seinen Stamm vom Kontinent auf diese raue und nicht erforschte Insel gezerrt.
Illan, der eine keltische Prinzessin gefangen genommen, geliebt und als die seine erklärt hatte.
Clarimonde, von der man sagte, ihre Gaben schlössen Feuer und Wasser ein, und die einst eine ganze Legion von Menschensoldaten bezaubert hatte, die ausgeschickt worden waren, sie zu töten.
Theodus der Mystische.
Kieran der Glücklose.
William der Gesegnete.
Aber unter all den großen Drachen, die es gegeben hatte, waren die beiden berühmtesten die noch lebenden.
Christoff, Marquis von Langford. Und die Rauchdiebin, seine Frau Clarrissa Rue.
Dem König und der Königin von England wurde von ihren Untertanen kaum mehr Hochachtung entgegengebracht. Kimber war in ihrem Schatten aufgewachsen, und
er hatte nicht einmal erkannt, wie groß und stark sie beide für den Stamm eintraten, ganz gleich, um welche Sorgen es gehen mochte, Jahr für Jahr, jedes Feuer löschten und jede neue Bedrohung abwehrten. Bis sie gegangen waren.
Bis sie ihn und alle anderen im Stich gelassen hatten.
Es gab Zeiten, zu denen er am Schreibtisch seines Vaters saß und sich fragte, ob er jemals auch nur die Hälfte dessen zustande bringen würde, was Christoff getan hatte. Seine Leute brachten ihm Respekt entgegen, das wusste er. Er hatte seinen Titel und seinen Platz in der Ordnung der Dinge. Aber die Drákon lösten sich an den Rändern auf, jeden Tag ein wenig mehr, und es hatte den Anschein, dass Kimber diesen Prozess nicht ganz aufhalten konnte, sosehr er sich auch
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