Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
solch auffallende Weise in Gefahr brachte, aber wie sie bemerkt hatte, unterschied sich ihre Art von seiner. In den rötlichen Gebirgen der Karpaten bevölkerten Drachen ohne jeden Zweifel wie Amseln den
Himmel, aber hier draußen, in dieser ländlichen, schläfrigen Gegend …
Sie brachte seinen Stamm in Gefahr. Sie setzte wegen einer absurden Wette ganz Darkfrith aufs Spiel.
Keine der Zeitungen war älter als vier Tage. Eigentlich war er froh, dass sie rechtzeitig in der Grafschaft angekommen waren. Sonst dauerte es beinahe eine Woche, bis selbst der Courant seinen Weg durch die Tore von Chasen Manor gefunden hatte.
Inzwischen war es später Nachmittag des achten Tages ihrer Jagd. Er war mit den anderen draußen gewesen, hatte Tag und Nacht gesucht, war Gerüchen und Fährten gefolgt, zurückgegangen, hatte über Spuren gegrübelt, die sich allem Anschein nach mitten im Flug aufgelöst hatten. Es sah ganz danach aus, als sei es Maricara auf magische Weise irgendwie gelungen, jede noch so geringe Spur ihrer selbst zu löschen, und zwar endgültig. Er war immer noch für sie sensibilisiert, das wusste er; er musste nur die Augen schließen und sich ihr Gesicht, ihre Stimme, die Form ihrer Hand vorzustellen - und diese ihre Elemente rasten zu ihm zurück und erzeugten eine Gänsehaut auf seinem ganzen Körper.
Aber außer einem flüchtigen Hinweis auf sie bei einer alten Eibe in den Blackstone-Wäldern war nichts von der Prinzessin Maricara in Darkfrith übrig geblieben. Und es hatte zudem nicht den leisesten Hinweis auf Wächter gegeben. Das sorgte für Verwirrung. Sogar mehr als das. Es versetzte einen in Zorn.
Er war an diesem Nachmittag nachhause zurückgekehrt, um festzustellen, ob es irgendwelche Neuigkeiten gab, denn Tag für Tag traf ein Stapel frischer Zeitungen ein. Kühe, Schafe, dieses preisgekrönte Schwein. Männer mit Gewehren.
Kimber presste eine Hand auf die Augen und versuchte, den bohrenden, reibenden Schmerz wegzutreiben, bis sich seine Lider rot färbten. Schräg durch die Tudor-Fenster hinter ihm einfallendes Licht fühlte sich im Augenblick viel zu gut an, wie es ihm lindernd warm auf die verspannten Schultern schien. Er brauchte eine Rasur. Er musste essen und schlafen. Er musste die Sorgen abschütteln, die ihn plagten, seine Haut jucken ließen und böse in sein Gehirn flüsterten: Etwas stimmt nicht . Etwas, mit dem sie nicht gerechnet hatte, war über sie gekommen, vielleicht ein Bauer mit einer Pistole und ausgezeichneter Treffsicherheit. Menschenmänner, die ihr das Herz ausreißen wollten.
Er stellte sich vor, sie sei verwundet, angeschossen und zu Boden taumelnd mit in Stücke gerissenen Flügeln und zerschmettertem Körper.
Kimber entwickelte eine gesunde Abneigung gegen die Presse.
»Du wirst sie finden«, sagte Joan. Sie hockte auf der Ecke des Mahagonischreibtischs und bedeckte seine freie Hand mit der ihren. »Du oder Rhys. Oder einer der Ratsherren. Ich bin mir sicher, dass sie gefunden werden möchte. Für sie bedeutet es im Augenblick ein Spiel. Es wird bald zu Ende sein.«
Seine beiden Schwestern hatten natürlich auf seine Rückkehr gewartet. Sie hatten ihn im Arbeitszimmer des Marquis gefunden - Kimbers Arbeitszimmer -, wo er mit leerem Blick die unordentlichen Stapel von Zeitschriften und alter Post anstarrte. Er hatte die Ellenbogen auf den Schreibtisch gestützt und die Finger im Haar vergraben.
»So lange kann ich nicht warten.« Er rieb sich ein letztes Mal die Augen - wodurch sie noch schlimmer schmerzten - und lehnte sich dann gleichermaßen verärgert wie enttäuscht
in seinen Stuhl zurück. »Ich kann nicht abwarten, dass sie beschließt, gewonnen zu haben.« Er wies auf all das Papier. »Hast du um Himmels willen irgendetwas davon gelesen?«
»Ja«, antwortete Joan. »Alles. Sie hat die Grenzen weit überschritten. Also haben wir beschlossen, uns der Jagd anzuschließen.«
Jetzt hatten sie seine Aufmerksamkeit geweckt; Kimber blickte auf. »Habt ihr das? Und was meint Erik dazu?«
»Erik«, antwortete sie steif, »gab mir heute Morgen einen Kuss auf die Wange und wünschte mir alles erdenkliche Glück. Hast du etwa angenommen, er täte das nicht?«
»Nein.« Kimber spürte, wie sich seine Mundwinkel fast gegen seinen Willen nach oben bewegten. Joan war Feuer und Leidenschaft, so wie Audrey ruhiges, kühles Wasser war. Gemeinsam ergaben sie ein beängstigend schlaues Duo. Er musterte seine Zwillingsschwester. »Und du?«
»Selbstverständlich. Ich
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