Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie
sie.
»Ja.«
Ihre Finger zupften wieder an dem Wollflor über ihrem Schenkel herum. »Sie können nicht tun, was Sie tun. Sie müssen das nicht, also begreifen sie es auch nicht. Möglicherweise … fürchten sie sich auch ein wenig vor Ihnen.«
»Das kann sein.«
»Aber Sie verteidigen sie immer noch. Sie machen sich Sorgen.«
»Genau.«
Sie zögerte, ließ sich dann niedersinken und stopfte die Decke unter ihre Knie. »Also haben Sie Angst vor den Sanf .«
»Alle Hinweise deuten darauf, dass ich ein Narr wäre, wenn ich sie unterschätzte.«
»Aber sie sind nur Andere . Sie haben es noch nicht geschafft, uns auszulöschen.«
»Maricara«, sagte er ruhig, »falls diese besonderen Anderen nach Darkfrith kommen, meinem Land Gewalt antun, einen einzigen der Unschuldigen meines Stammes verletzen sollten …«
Sie wartete, beobachtete, wie er nach Worten suchte, gewahrte die rot und golden herausgemeißelten feinen Kurven und Flächen seines Körpers.
»Ich fürchte mich nicht vor diesen Jägern. Ich fürchte für die Menschheit. Wegen dem, was mit ihr geschehen wird.
Falls die Sanf den Krieg erklären … werde ich ihn nicht verlieren.«
»Ja«, sagte sie und nickte. »Das verstehe ich.«
»Ich weiß.« Ohne Eile griff er nach ihrer Hand, wobei er ihr viel Zeit ließ, dieselbe wegzuziehen. Aber das tat sie nicht. Sie ließ zu, dass seine Finger über die ihren glitten in einer leichten Liebkosung, sanft wie die Sommerbrise, die in den Bergahornblättern spielte. Ihre Hand wurde angehoben; ihrer beider Finger waren ineinander verflochten.
»Was würden Sie tun? In meiner Position?«
Sie dachte an das, was sie getan hatte. Sie hatte ihren Bruder gewarnt und war aus der Burg geflohen. Zu dieser Zeit hatte sie geglaubt, dass dies das Beste sei, was sie für ihr Volk tun könne. Trotz all ihrer Anstrengungen wollten ihre Leute sie in Wahrheit nicht in ihrer Mitte haben. Das war seit Jahren so gewesen. Sie hatte versucht, sie zu führen und zu beschützen, hatte versucht, den Weg weiterzugehen, den die Prinzen von Zaharen Yce immer gegangen waren, denn das war es, was die Zaharen verlangten, nämlich Gesetz und Macht und Reichtum, die fest verwurzelte Sicherheit, dass sie besser waren als all die zerbrechlichen Wesen, die auf der Erde herumkrochen. Sie waren Drákon, also waren sie besser. Und stattdessen hatten die Drachen der Berge … ein kleines Mädchen bekommen. Ein Bauernkind, das Rubine und importierte französische Mode trug, das Nacht für Nacht durch Alpträume flog und sich nur mit Hängen und Würgen auf seiner Position hielt.
Es war einfach gewesen, sie zu verlassen. Wäre sie eine echte Prinzessin gewesen, eine wahre Anführerin, wäre sie geblieben, auch wenn sie das nicht gewollt hätten.
Maricara senkte den Blick auf ihre verschränkten Hände.
»Alles«, sagte sie endlich. »Ich würde alles nur erdenklich
Schreckliche tun, um mein Volk zu retten, ganz gleich, was geschehen würde.«
Sie blickte durch die Wimpern hindurch zu ihm auf. »In Ihrer Position.«
Er betrachtete sie ernst. Während ihres Gesprächs war er weiter in das gelbe Licht gerückt; in seinen Augen schimmerte ein seltsames, klares Leuchten, das sie ihres Wissens nach bislang noch nicht gesehen hatte. Vielleicht war es Konzentration, oder Erleichterung oder Erwartung. Aber es mochte auch nicht mehr sein als der Effekt des kleeblattförmigen Fensters, das blasses Grün in grünliches Gold verwandelte.
Er würde sie küssen. Das schoss ihr durch den Kopf, als sie wie erstarrt dahockte, ohne sich bewegen zu können. Sie konnte nicht einmal den Versuch dazu unternehmen.
Kimber beugte sich zu ihr vor und schloss die Finger über den ihren.
»Ihr Versprechen …«, flüsterte sie, meinte es aber eigentlich nicht so. Sie wollte keinesfalls, dass er aufhörte.
Er kam so dicht an sie heran, dass sein Gesicht vor ihren Augen verschwamm. Und dann sogar noch näher. Er wisperte Worte gegen ihre Wange, warm und beinahe unhörbar. »Das ist keine Vergewaltigung.« Langsam bewegten sich seine Lippen auf ihren Mund zu, berührten ihn, glitten darüber hinweg. Ein schwaches, glattes Gefühl. »Das ist nur Verführung.«
Maricara stellte fest, dass sie den Atem anhielt. »Ich will nicht …« Seine Lippen kehrten zu ihrer Wange zurück, und seine Finger strichen in einer langen Linie über ihre Schulter bis zum Hals. Sie spürte, wie sie die Augen schloss und den Kopf vor unerwartetem Vergnügen zurückfallen ließ. »Ich nehme keinen
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