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Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie

Titel: Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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dass selbst ihre Ausstrahlungen versteckt blieben, oder sie war ganz und gar verschwunden.
    Maricara schüttelte den Kopf und ließ das Tuch sinken. »Es tut mit leid. Ich glaube nicht, dass sie irgendwo in der Nähe ist. Jedenfalls nicht im Umkreis von vielen, vielen Meilen.«
    Kimber nickte höflich und erhob sich auf die Füße. Er
stand reglos da, starrte den weit entfernten, wolkenverhangenen Punkt von vorhin an, dann bückte er sich, stemmte die schwere Marmorbank mit beiden Händen hoch und schleuderte sie gegen die nächste Säule.
    Es gab einen Heidenlärm, die Bank nahm die Hälfte der Säule mit, und alles zerbarst in Stücke, kalkigen Staub, in winzige, abprallende Splitter, die ihr in Brust und Arme stachen. Sie gab keinen Laut von sich und rührte sich nur, um ihr Gesicht mit den Händen zu schützen.
    Als es vorbei war, senkte sie die Finger und blickte instinktiv zu der Decke hoch, aber dort oben bröckelte nichts ab. Kein Knarren, kein Stöhnen. Immerhin gab es noch sieben weitere Säulen.
    Der Staub um sie herum setzte sich wie dünner, glitzernder Schnee, und wieder herrschte diese unnatürliche Stille.
    »Imre hatte ein hitziges Temperament.« Sie sprach gleichmütig und schüttelte sich den groben Staub von den Händen, dann von ihren Röcken. »Es machte ihm Spaß, die Leibeigenen auszupeitschen, wann immer ihn das Bedürfnis überkam.«
    Kimber stieß ein kurzes, wildes Lachen aus, wobei er die Zähne bleckte. »Ein charmanter Bursche. Ich bin mir sicher, wir hätten viel gemeinsam gehabt.«
    »Nur mich.«
    Er starrte sie an, und sein Blick wirkte immer noch ein bisschen zu barbarisch. Der Nebel hinter seiner schönen, beschatteten Gestalt verdichtete sich zu silbrig blauen Regentropfen, als eine Reihe von einen Tisch, Körbe und zugedeckte Tabletts tragenden Dienern aus dem Herrenhaus traten und auf sie zukamen wie entschlossene, grau gepuderte Ameisen.
    Sie sagte: »Vielleicht ist das Mädchen aus eigenem Entschluss weggelaufen. Sie ist jung und hübsch, und all der
Glanz ihrer Jahre liegt noch vor ihr. Wer kennt schon ihre Herzensangelegenheiten? Vielleicht hat sie sich verliebt und ist davongelaufen.«
    »Vielleicht«, antwortete er.
    Und während der Himmel Regentropfen weinte, wussten beide, dass das nicht stimmte.

16
    Drei Tage Regen, ständiger, strömender Regen, der alle Fußspuren durch Schlamm oder Wiesen voller hochgeschossenem Gras verwischte und das Aroma von Drákon und Häusern unter dem Geruch von durchnässtem Holz und aufgeweichter Erde verdeckte. Es gelang ihm allerdings kaum, die Temperaturen zu senken; er fühlte sich mehr wie Dampf denn wie Regen an, als wäre Darkfrith in eine seltsame, äquatoriale Unordnung eingehüllt, als gäbe es jetzt irgendwo weiter unten beim Äquatorialgürtel des Planeten einen tropischen Dschungel, der klare englische Tage und freundliche, milde Nächte genieße.
    Kimber war sich dieser Tage und Nächte sehr bewusst. Jeder taugliche Erwachsene in der Grafschaft beteiligte sich an der Suche nach dem vermissten Mädchen; jedermann verstand, was ihnen gestohlen worden war und was sie zurückgewinnen mussten. Sie arbeiteten in Gruppen, mit den Männern in der Luft, den Frauen am Boden. Kinder und Alte mussten sich auf ihre Häuser beschränken, und in den Straßen hatte man Wachen aufgestellt.
    Nur Audrey und Joan bildeten Ausnahmen, ebenso die Prinzessin. Sie flogen mit den Männern.

    Jede Nacht zog sich Maricara freiwillig in den Toten Raum zurück. Da er von innen weder geöffnet noch geschlossen werden konnte, begleitete Kimber sie dorthin, dankte ihr für ihre Hilfe und wünschte ihr höflich eine gute Nacht. Er küsste sie nicht wieder. Sie sah ihn jedes Mal aus ihren ernsten, glänzenden Augen an, aber er machte nicht einmal den Versuch. Wenn er dann endlich einschlief, träumte er von diesem Blick, wieder und immer wieder. Er träumte von ihren Lippen auf den seinen, von ihrem Atem, wie sie in seinen Armen dahingeschmolzen war. Er wachte ein ums andere Mal so hart und bereit für sie auf, dass sich sein Körper vor echtem Schmerz verkrampfte.
    Jeden Morgen um exakt acht Uhr unterbrach er das, was er tat - fliegen, sprechen, sich durch den Nebel seiner Müdigkeit kämpfen - und ließ sie heraus. Eine Verbeugung, ein »Guten Morgen«. Kein Kuss.
    Er würde ihr nicht wieder Angst einjagen. Er würde sich ohne Provokation nicht zur Gewaltanwendung herablassen, er würde nicht unkeusch sein. Er war ihr zukünftiger Ehemann, nicht ihr

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