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Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie

Titel: Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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wach.
     
    Rufus Booke hielt sich nicht im Garten auf. Nicht als Rauch, nicht als Mann, nicht als irgendetwas. Und am Himmel war er auch nicht. Kimber suchte gute zwei Stunden nach ihm, ging in die Stadt zurück, sogar zurück zu den Badebecken des Kurhauses. Diese waren zu dieser späten Stunde geschlossen, das Wasser schwappte gegen den gekachelten Stein, und es gab nicht eine einzige Lampe, die Licht verbreitet hätte. Aber Sir Rufus hielt sich nicht länger in der Nähe auf.
    Kimber machte sich keine Sorgen. Noch nicht. Bei Booke handelte es sich um einen klugen - nein, mehr noch, einen listigen Mann. Wenn er sich versteckt hatte, dann gab es einen guten Grund dafür. Allerdings bestand auch die Möglichkeit, dass er lediglich nach Darkfrith zurückgekehrt war.
    Dorthin würde Kimber mit Maricara gehen, sobald er sie holen konnte. Falls Honor Carlisle jemals hier gewesen war, dann war das jetzt nicht mehr der Fall. Er hätte inzwischen irgendetwas von ihr aufschnappen müssen, selbst wenn es nur das mysteriöse Lied sein mochte, von dem die Prinzessin gesprochen hatte.
    Aber da war nichts. Und als Graf Chasen konnte er es sich nicht länger leisten, sich derart in der Öffentlichkeit zu bewegen.
    Er manövrierte sich an einen dünnen Rauch ausstoßenden Kamin an ihrem Ende des Kurhauses hinunter und tauchte auf einem Feuerrost mit den Resten eines glimmenden Scheits und verbrannten Zunders auf. Kohlen glühten
auf und brachen auseinander, als er wie ein Seufzer an ihnen vorbeistrich, aber es gab nichts an ihm, das sie hätten entzünden können. Kimber schwebte weiter, von dem Feuer unberührt.
    Eine Frau schlief in dem breiten Bett mit den Vorhängen. Ihre Zofe schlummerte auf einem Klappbett im anschließenden Raum. Beide Frauen schnarchten.
    Unter der Tür hindurch glitt er aus dem Zimmer.
    Der Raum, in dem Maricara sein musste, war immer noch unbeleuchtet. Selbst das Regenlicht hatte sich in die Farbe von Asche verwandelt. Er stand einen Augenblick schweigend am Fenster und ließ das, was an Licht schien, über seine Haut fallen, so dass sie ihn sehen konnte.
    Aber auch sie schlief.
    Maricara schnarchte nicht. Inmitten eines Wirrwarrs aus Laken lag sie auf der Seite, ihr Haar wie ein Säbelhieb über dem feinen Baumwolltuch, die Arme gefaltet und die Beine angewinkelt. So hatte sie auch in der Abtei geschlafen.
    Und dort war sie ebenfalls nackt gewesen.
    Lautlos durchquerte Kimber das Zimmer. Er probierte die Matratze mit beiden Händen aus, dann ließ er sich darauf nieder. Durch sein Gewicht bewegte sie sich, ohne jedoch aufzuwachen, und er rutschte näher an sie heran. Mit dem Kopf auf den Arm gestützt legte er sich nieder, dieses Mal vor ihr, und betrachtete ihr Gesicht.
    Sie waren so schön, alle von ihnen. Bislang hatte er nie viel darüber nachgedacht, aber tatsächlich konnte man das für eine Schwäche ihrer Art halten. Ihre makellosen Körper, die dicken Locken, jeder Zoll, jeder Winkel, jede schimmernde Farbe an ihnen - zusammengenommen erschufen sie Wesen jenseits von gewöhnlichen Menschen. All das kennzeichnete sie als das, was sie waren. Nicht menschlich.

    Vor langer Zeit hatte er gelernt, sich daran zu gewöhnen. Tatsächlich erinnerte sich Kimber lebhaft an die ersten Eindrücke, die er als Knabe von London gehabt hatte. Verwurzelt in Gestank, Lärm und Gesetzlosigkeit lebten Menschen in dieser Stadt, echte Menschen, die schlicht und einfach einer anderen Gattung angehörten als sein Stamm.
    Mit von Krankheit gezeichneten Gesichtern. Mit vergilbten Zähnen, die ausfielen. Mit unter ihren Perücken zu Stoppeln geschorenem Haar, und trotzdem wimmelten ihre Köpfe von Flöhen und Läusen. Sie rochen nach ihrem Essen, ihrem Schweiß und dem Abfall, durch den sie zuletzt gestapft waren. Manche unter ihnen waren freundlich, andere wiederum nicht, aber für einen jungen Burschen, der mit offenen Augen durchs Leben ging, hatte der Zustand von ständigem menschlichen Verfall sowohl abstoßend wie auch faszinierend gewirkt.
    Nachdem er sich wieder nach Darkfrith zurückgezogen hatte, erschien es ihm, als sei er in eine Gegenwelt eingetreten, eine, in der jeder, den er kannte, sein Leben in der ihm eigenen, einzigartigen Perfektion zubrachte. Kein Dreck, kein geiferndes Grinsen von Mündern, die Zahnlücken aufwiesen. Die Drákon waren mit einer Art harter Anmut geboren worden, und sie starben in demselben Zustand. Dazwischen beherrschten sie die Sterne.
    Maricara war keine Ausnahme. Im Schlaf, bei

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