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Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie

Titel: Der träumende Diamant 3 - Drachenmagie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abé
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sich seitwärts wie eine Krabbe, da es ihr widerstrebte, den Rücken einem bestimmten Punkt zuzuwenden, obwohl der Geruch der Sanf Stunden alt sein musste.
    Dort war das Blut, nur ein paar Tropfen, und ihre Farbe glich dem der Lichtnelke, die sie befleckten.
    Und jetzt hörte sie das Lied klar und deutlich. Es stammte von einem unter einem Batzen klebrigen braunen Drecks begrabenen Smaragd. Sie duckte sich und grub, bis sie den Edelstein fand, zwei Hälften unterschiedlichen Grüns, einen Ring aus Golddraht, der zu einem Klumpen zerstampft worden war.
    Rhys’ Smaragd. Sein Ohrring. Sie berührte die Blüte einer Lichtnelke mit einem Finger und spürte den kleinen, elektrischen Schlag von Drachenblut. Gerade getrocknetem Drachenblut.
    Maricara erhob sich. Sie rieb die Hälften des zerbrochenen Smaragds zwischen den Handflächen, ließ den feinen
Kies und die Musik und die scharfen Kanten auf sich einwirken und stieß den Atem scharf durch zusammengebissene Zähne aus. Der Baldachin aus Bäumen über ihr bestand aus einer Mischung der verschiedensten Blätter und Zweige ohne ein einziges Nest, weder von Vögeln noch von Eichhörnchen.
    Doch das war nicht ihre Angelegenheit. Nichts von alledem. Nicht mehr.
    Da! Die niedergetretenen Blumen bewegten sich in der Brise. Eine Heuschrecke in der Nähe begann zu zirpen, dann noch eine. Nach dreimaligem Zirpen gesellte sich eine weitere dazu, und gemeinsam erzeugten sie ein tiefes, drängendes Sägen.
    Maricara pflückte die blutige Lichtnelke. Sie wischte sich mit einer Manschette die Feuchtigkeit vom Gesicht und machte sich auf den Weg zurück nach Chasen.
     
    Zuerst traf sie den Gärtner. Sie ging geradewegs auf ihn zu - er hatte sich von dem mit Stroh abgedeckten Beet zu den Veilchen bewegt, die sie zertreten hatte, und pflanzte die Stängel wieder ein - und beobachtete, wie sich sein Blick von ihren Füßen zu ihren nackten zerkratzten Schienbeinen hocharbeitete, dann zu den viel zu großen Kniehosen und dem beschmutzten, transparenten Hemd. Als er ihre Augen erreichte, streckte sie ihm die Faust entgegen.
    »Hier«, sagte sie. Sie ließ den Ohrring und die welkende Lichtnelke in seine hastig erhobene Hand fallen. »Bringe dies zu deinem Herrn. Erzähle ihm, dass ich es in den Wäldern gefunden habe, ungefähr fünf Meilen entfernt. Und dass ich jetzt fertig bin.«
     
    Die Nacht brach herein: mondlos, ohne Wolken, nur die Sterne durchdrangen die tintige Schwärze - Sterne und Fackeln
und Laternen. Stimmen, die nicht laut riefen, sondern wie ein Fluss murmelten, der stetig zwischen Bäumen und dunklen Wegen dahinfließt. Stimmen, die flüsterten: Sie sind hier, wo sollen wir uns verstecken, wem können wir vertrauen?
    Die Drákon suchten schweigend ihre Vermissten. Sie schickten Suchtrupps in Gruppen aus, niemand blieb allein. Nicht mehr. Männer verwandelten sich in Rauch, ringelten sich heimlich durch die Wälder; Frauen stopften alle Öffnungen ihrer Häuser zu, schickten die Kinder ins Wohnzimmer. Mit hellen Augen fixierten sie Türen, und sie hielten Tranchiermesser und geladene Pistolen auf dem Schoß wie sonst ihre Stickarbeit.
    Man war in die Grafschaft eingebrochen. Ein junger Prinz war gefangen genommen worden. Maricara wusste, dass er kein Prinz war, aber für diese Leute war Rhys ein solcher.
    Sie erinnerte sich an den flachsblonden Engländer, den man tot in den Bergen gefunden hatte, und an die ungewöhnliche, graue Verfärbung seiner Haut. Sie erinnerte sich an den Mann in den Minen, seine fest verkrampften steifen Finger, den weit aufklaffenden Mund. Sie dachte an Rhys und sein Piratengrinsen und wünschte sich, dass von all den Leuten, die sie hier an diesem Ort getroffen hatte, nicht ausgerechnet er es sein möge.
    Von ihrem Sitzplatz unter der polierten Glaskuppel aus, welche das Haus krönte, beobachtete sie die vielen Lichter, die Darkfrith erleuchteten, die über ihr dahinwandernden leuchtenden Sterne, die hüpfenden Flammen darunter. Sie saß mit um die Knie geschlungenen Armen da, immer noch in Kimbers Kleidern, denn sie wollte das Risiko nicht eingehen, hinunter in den Toten Raum zu gehen, ganz gleichgültig, welchen Reichtum und welche Erinnerungen sie dort unten in der Zelle auch aufbewahren mochte.

    Sie glaubte nicht, dass sich einer von ihnen an sie heranschleichen würde, legte aber auch keinen Wert darauf, einen Beweis des Gegenteils zu bekommen.
    Wenigstens war die Nacht kühler als der Tag. Das Glas in ihrem Rücken strahlte eine gewisse

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