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Der träumende Kameltreiber (German Edition)

Der träumende Kameltreiber (German Edition)

Titel: Der träumende Kameltreiber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amor Ben Hamida
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waren.

    Glücklicherweise war es noch hell und wir würden nach einer Verschnaufpause, die ich erzwungen hatte, weitergehen, durch den Wald, bis zur nächsten Siedlung. Dort bekämen wir vielleicht Hilfe. Wir vermissten schon unseren Dolmetscher …
    Was hätten wir sonst noch für Alternativen? Zur Baustelle zurückgehen? Die Polizisten oder Mafiosi wären sowieso schon weg, wir könnten uns diesen Vorarbeiter vorknöpfen und unseren Lohn aus ihm herausprügeln. Auch keine Erfolg versprechende Lösung. Professor! Sag mir doch, was ich tun soll, bitte! Ich nahm mein Gesicht in die Hände und weinte. Versteht ihr Freunde, ich weinte wie ein kleines Mädchen. Ich sah meine Mutter und meine Schwestern auf das Geld warten.

    Lotfi legte seine rechte Hand auf meine Schulter und sagte: ‚Ahmed, schäm dich!’
    ‚Auch ein Mann darf weinen’, antwortete ich. Und er sagte: ‚Ich meine nicht das Weinen, dessen du dich schämen solltest. Ich meine deinen mangelnden Glauben! Hast du das Gefühl, Gott lässt uns bis hierher kommen, nur um uns jetzt im Stich zu lassen? Das ist eine Probe, mein Freund. Lass sie uns wie würdige Moslems bestehen!’ Ich nickte.«
    Einer der Freunde Ahmeds flüsterte: »Ich kenne das aus dem Film Ben Hur. Ein Römer hat den Juden Ben Hur gefragt, wieso er denn glaubte, dass Gott ihn aus dieser Galeere retten würde, und dieser Ben Hur antwortete, dass Gott ihn wohl nicht drei Jahre am Leben gehalten hätte, angekettet im Rumpf eines römischen Kampfschiffes, nur um ihn irgendwann sinken zu lassen. Dieser Jude hatte den festen Glauben, dass Gott ihn auserwählt hatte. Ich verrate dir nicht, wie es ausging.«
    Ahmed konnte nach einem kurzen Räuspern fortfahren:
    »Es fiel mir auf, dass ich seit Tagen nicht an Gott gedacht hatte, sondern nur an dieses traumhafte, viele Geld, das kommen sollte. Wir beschlossen zu beten. Mitten in einer Lichtung, vor einem italienischen Wald, fern der Heimat, beteten zwei Fremde gegen Mekka gerichtet und hatten Tränen in den Augen.

    In meinem Schlussgebet flehte ich Gott an: ‚Allah, du Allmächtiger. Gib uns einen Ausweg aus der Finsternis dieses Abenteuers, zeig uns den Pfad zur Freiheit und hilf uns, durchzuhalten.’
    Lotfi schubste mich, kaum hatte ich mein leises Gebet ausgesprochen: ‚Gott hat uns nicht nur das Beten befohlen. Er hat uns auch aufgefordert, etwas zu unternehmen gegen unsere Misere. Lass uns weitergehen.’ Ich weiß heute noch nicht, was aus mir geworden wäre, wenn Lotfi nicht dabei gewesen wäre. Hätte jemand anderes aus der Gruppe mir diese Stütze sein können? Hätte ich alleine überlebt?
    Dieser Wald, Freunde, dieser Wald! Ihr habt so etwas noch nie gesehen und könnt es euch niemals vorstellen, auch wenn ich die Worte fände, ihn euch zu beschreiben. Unsere Wälder durchquerst du, während dir einer ein Märchen erzählt. Dieser Wald dort war ein ganzes Land. Als wir die ersten Schritte machten, kamen uns schon die wildesten Vorstellungen in den Sinn. Ich meine, wir hatten Angst, dass sich in diesem finsteren Gehölz Banditen, wilde Tiere oder sonst was verstecken würde. Mit jedem Schritt wurde der Wald dunkler. Wir erkannten keine einzige Baumart, weit und breit keine Palme, kein Oliven- und kein Eukalyptusbaum, keine Pflanze, die uns bekannt war. Wir bekamen Hunger, denn wir hatten am Morgen vor lauter Aufregung nichts außer Kaffee zu uns genommen. Und das Brot und den Käse hatten wir in unserer Panik einfach in der Baracke liegen lassen. Ich meine, wer denkt schon bei so einer Flucht daran, sich noch Verpflegung zu besorgen?

    Wir aßen Blätter und Gras. Wir tranken aus kleinen Bächen und schliefen unter Bäumen in eiskalter Nacht, indem wir uns ganz nahe aneinanderpressten, um uns zu wärmen. Gott vergebe uns, aber wir konnten nicht anders. Die erste Nacht war die schlimmste. Ich hörte meine eigenen Zähne und die Lotfis die ganze Nacht klappern, ich spürte meinen und seinen Körper zittern, keiner von uns tat ein Auge zu. Im Wald heulten mal Tiere, mal war es still wie auf einem
    Friedhof, mal huschte irgendwas an uns vorbei und wir standen plötzlich mit je einem Stock in der Hand da und mit dem Schrecken im Gesicht. Glücklicherweise konnten wir einander nicht sehen …
    Die ganze Nacht knurrte uns auch noch der Magen. Aber am nächsten Morgen tat der Hunger schon richtig weh. Die ersten Worte, die ich in der Morgendämmerung aus dem Mund Lotfis hörte – nach,Sabah el khir’ – waren: ‚Wir müssen weiter, mein

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