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Der Trakt

Der Trakt

Titel: Der Trakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Andalusien, in dem Hannes sich in den Kopf gesetzt hatte, mit einem kleinen, spanischen Fischereikutter aufs Meer herauszufahren. Er hatte tatsächlich einen Fischer gefunden, der bereit war, ihn mitzunehmen, und um halb zwei morgens war er voller Tatendrang aufgebrochen. Als sie um sechs wieder im Hafen einliefen, war Hannes ganz grün im Gesicht gewesen und hatte todkrank ausgesehen.
    Sie erzählte ihm auch alles, was sich seit ihrer Flucht am Vortag zugetragen hatte, die Einzelheiten ihrer Begegnung mit Hannes und von ihrem Besuch bei ihrer Schwiegermutter.
    Während sie erzählte, hatte sie nicht darauf geachtet, wohin sie eigentlich gingen. Und als plötzlich ihre Straße vor ihnen lag, blieb sie erschrocken stehen. Christian drehte sich zu ihr um. »Was ist?«
    »Das ist die Straße, ich meine, also, hier wohne ich … wohnen wir. Da hinten steht unser Haus.«
    Er sah die Straße entlang, ließ seinen Blick über die freistehenden Einfamilienhäuser wandern. »Wolltest du hierher?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    »Dann lass uns besser wieder gehen, bevor dich noch jemand sieht und die Polizei ruft.«
    Sie wollte sich schon abwenden, doch dann zögerte sie. »Moment mal, wer sollte mich erkennen? Ich habe mich ja offensichtlich so sehr verändert, dass mich noch nicht einmal Menschen wiedererkennen, mit denen ich täglich zu tun hatte …«
    Plötzlich begann die Welt sich zu drehen. Sie streckte den Arm aus und tastete nach Christian, der offenbar sofort begriff und sie stützte, bevor sie zu Boden fallen konnte. »Sibylle, was ist los?«, fragte er besorgt und hielt sie weiter am Arm fest, »geht’s dir nicht gut?«
    Sie schüttelte mehrmals den Kopf und sah sich um. Die Häuser standen wieder still, der Schwindelanfall war vorüber. »Mein Gott, ich … ich kann offenbar überhaupt nicht mehr klar denken. Bis gerade war ich der festen Überzeugung, dass Hannes und auch Elke in diese Sache verwickelt sein müssen, weil beide so konsequent behauptet hatten, dass ich nicht ich bin. Ich dachte, Hannes hätte Fotos manipuliert und …« Sie sah sich um und entdeckte wenige Meter entfernt ein etwa 60 bis 70 Zentimeter hohes Mäuerchen, das einen Vorgarten eingrenzte. Sie ging darauf zu und setzte sich. Als Christian zu ihr kam und vor ihr stehen blieb, sah sie ihn an und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Hannes und Elke haben ja recht, Christian. Ich sehe tatsächlich nicht mehr aus wie ich selbst, das weiß ich spätestens nach meinem Besuch bei Braunsfeld. Das bedeutet aber … –«
    »Das bedeutet, dass dein Verdacht wahrscheinlich unbegründet ist.«
    »Ja«, sagte sie leise. »Das bedeutet es.«
    Christian setzte sich neben sie und nahm ihre Hand. »Ich habe mir die ganze Zeit schon den Kopf darüber zerbrochen. Wäre es nur dein Mann gewesen, der sich dir gegenüber so seltsam benommen hätte, gut. Und von mir aus auch noch gemeinsam mit deiner Freundin Elke. Aber diese Fotos, von denen die Polizisten gesprochen haben, auf denen eine andere Frau zu sehen ist. Dann alle diese Menschen, denen du begegnet bist und die dich nicht erkannt haben, selbst die Pflegerin deiner Schwiegermutter … Das passte alles nicht zusammen.«
    »Aber wie passt es jetzt zusammen? Was gibt es für eine Erklärung für all das? Du sagst, man hat mit irgendwelchem Hokuspokus zwei Monate lang an meinem Gehirn herummanipuliert, damit ich glaube, ich hätte ein Kind, das es in Wirklichkeit gar nicht gibt.« Sie spürte den seelischen Schmerz, der bei diesen Worten noch immer gierig nach ihrem Verstand griff, und es kostete sie einige Anstrengung weiterzureden. »Wie aber ist es möglich, dass ich nach diesen zwei Monaten völlig anders aussehe? So komplett anders, dass nicht einmal mein Mann mich erkennt?«
    Als Christian nicht gleich antwortete, fuhr sie fort: »Und was ich überhaupt gar nicht begreife: Warum komme ich mir im Spiegel nicht selbst fremd vor?«

25
    Hans stand seit einer halben Stunde an seinem neuen Beobachtungspunkt. Jane war noch nicht aufgetaucht. Trotzdem verschwendete er keinen Gedanken daran, der Doktor könne sich dieses Mal vielleicht getäuscht haben.
    Er hatte ihn angerufen, nachdem er einige Zeit vor dem Haus in Stadtamhof gewartet hatte, und ihm gesagt, er brauche dort nicht mehr länger zu bleiben. Er solle etwas essen gehen und sich bereithalten, seine neuen Befehle kämen bald. Hans hatte sich zuerst vergewissert, dass an dem BMW noch kein Strafzettel hing, dann war er zu einer

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