Der Traum & Das Spiel der MacKenzies (German Edition)
unverbrüchlicher Sicherheit, so als würde ihr Körper bereits mit dem mikroskopisch kleinen Embryo kommunizieren.
Es wäre so einfach, alles Chance zu überlassen. Er war gut im Organisieren, während ihr viel zu viel im Kopf umherging, um wirklich effizient zu arbeiten. Ihm war wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, wie zerstreut sie die letzten Tage über gewesen war, aber … er wusste ja auch nicht, dass sie eigentlich längst ihre Periode hätte bekommen müssen.
Mit Margreta hatte Sunny zweimal gesprochen und ihr auch gesagt, dass sie untertauchen musste. Sie würde sich ein neues Handy mit einer neuen Nummer beschaffen müssen, und zwar schnell. Sunny hatte Margreta eigentlich genau berichten wollen, was sich alles zugetragen hatte, aber die Schwester hatte die Anrufe kurz gehalten, wie immer. Sunny hatte Verständnis dafür. Für Margreta war es schwierig, über Dinge zu reden, die mit dem Vater zu tun hatten. Eines Tages würden sie beide vielleicht ein normales Leben und eine normale Beziehung zueinander führen können. Und eines Tages würde Margreta vielleicht endlich über das hinwegkommen, was ihr Vater ihr angetan hatte, und etwas Glück finden.
Dann war da noch Chance. Er hatte Sonne in ihr Leben gebracht, als Sunny gar nicht gewusst hatte, dass sie im Schatten lebte. Dabei war sie bisher immer der Überzeugung gewesen, ganz gut zurechtzukommen. Doch das war vor Chance gewesen. Vor Chance hatte ihr Leben einem Schwarz-Weiß-Film geglichen, jetzt erstrahlte der Film ihres Lebens in satten TechniColor-Farben. Jede Nacht schlief sie in seinen Armen, aß zusammen mit ihm, stritt mit ihm, scherzte mit ihm, schmiedete mit ihm Pläne – nichts Langfristiges, natürlich, nichtsdestotrotz Pläne. Und mit jedem Tag verliebte sie sichein bisschen mehr in ihn, obwohl sie das gar nicht mehr für möglich gehalten hatte.
Manchmal meinte sie, sich kneifen zu müssen, weil es ihr einfach zu schön erschien, um wahr zu sein. Männer wie Chance begegneten einem nicht alle Tage. Die meisten Frauen verbrachten ihr ganzes Leben, ohne einen Mann zu treffen, der mit einem einzigen Blick ihre gesamte Welt aus den Angeln heben konnte.
So wie jetzt konnte es allerdings nicht mehr viel länger weitergehen. Das ziellose Sichtreibenlassen, von einem abgelegenen Sportflughafen zum nächsten, quer durchs ganze Land, das musste ein Ende finden. Zum einen war es kostspielig. Chance konnte keine Einnahmen verbuchen, und Sunny verdiente auch kein Geld. Sie musste den Papierkram für ihre neue Identität erledigen, brauchte einen neuen Job, ein neues Handy – und einen Gynäkologen. Alles Dinge, die Geld kosteten.
Sunny fragte sich, wie ihre Mutter es damals geschafft hatte – mit einem zu Tode verängstigten Kleinkind, schwanger mit dem nächsten und ohne die Überlebenstechniken, die Sunny besaß. Pamela musste Jahre in Angst verbracht haben. Und doch erinnerte Sunny sich, wie oft ihre Mutter gelacht und mit ihren Töchtern gespielt hatte, ihnen gezeigt hatte, wie wunderbar das Leben war, während sie ihnen gleichzeitig das Überleben beigebracht hatte. Sunny hoffte, dass sie wenigstens halb so stark sein konnte wie ihre Mutter.
Überhaupt war sie in diesen Tagen voll verrückter Hoffnungen. Sie hoffte, dass sie nicht erkannt worden war. Sie hoffte, ihr Baby würde gesund und glücklich sein. Und am stärksten hoffte sie, Chance und sie könnten irgendwie ein gemeinsames Leben aufbauen, dass er sich über das Baby freute, selbst wenn es nicht geplant gewesen war, und dass er echte Gefühle für sie hatte. Ausgesprochen hatte er es nie – dasser sie liebte –, aber da lag etwas in seiner Stimme, in seinem Blick, in der Art, wie er sie berührte …
Alles würde gut werden. Es musste einfach so kommen. Zu viel stand auf dem Spiel.
Sunny verschlief den Flug und auch die Landung, als Chance in Des Moines aufsetzte. Er sah zu ihr. Tief und fest wie ein Kind schlief sie. Ihr Atem ging regelmäßig, ihre Wangen waren leicht gerötet. Er ließ sie schlafen. Weil er wusste, was ihr bevorstand.
Alles lief perfekt. Chance hatte arrangiert, dass Sunnys Gesicht weltweit im Fernsehen ausgestrahlt wurde. Der Fisch hatte sofort nach dem Köder geschnappt. Chances Leute hatten zwei von Hauers Männern bei ihrer Einreise ins Land aufgespürt und sich unauffällig an deren Fersen gehängt. Chance hatte es Hauers Bluthunden nicht zu leicht gemacht, seiner und Sunnys Spur zu folgen, das wäre zu offensichtlich gewesen. Aber er hatte ein
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