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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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und die dunklen, kostbaren Stoffe ihres Kleides.
    Das hellbraune Haar hatte sie zu Zöpfen geflochten und dabei auf bunte Bänder als Schmuck verzichtet, dafür trug sie ein silbernes Schapel und eine große Fibel am Halsausschnitt des Untergewandes.
    Eine Weile sagte niemand ein Wort, und Clara begriff, dass Jutta dieses Gespräch nicht minder unangenehm war als ihr. Dass sie zögerte, weil sie nach den richtigen Worten suchte.
    »Ihr sollt wissen: Ich bin Euch nicht feind«, sagte Jutta schließlich. »Wenn ich nach der Heirat mit meinem Gemahl nach Weißenfels ziehe, wünsche ich nicht, dass Ihr von dort weggeht. Ihr könnt auf der Burg wohnen bleiben und Euch um die Kinder meines Gemahls kümmern, die Ihr zur Welt gebracht habt.«
    Das war für Clara Erleichterung und Strafe zugleich.
    Wie sollte sie es aushalten, Tag für Tag Dietrichs Zusammenleben mit seiner neuen Frau anzusehen? Es wäre besser, irgendwohin zu gehen, wo ihr das erspart bliebe. Doch selbst wenn es einen Ort gäbe, an dem sie leben konnte – Dietrich würde darauf bestehen, dass die Kinder unter seiner Obhut erzogen werden, und sich von ihnen zu trennen kam für sie nicht in Frage. Nicht, bevor sie mit sieben Jahren wie die angehenden Ritter auch unausweichlich an einen anderen Ort mussten, um dort ausgebildet zu werden.
    Ich sollte wohl froh sein, dachte sie, während sie Jutta mit höflichen Worten dankte. Die meisten anderen Frauen an ihrer Stelle hätten die Nebenbuhlerin mit Schimpf und Schande vertrieben. Wenigstens das bleibt mir erspart.
    Ich habe es gewusst und in Kauf genommen.
    »Und ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr mir dabei helfen würdet, meine Aufgaben auf Burg Weißenfels zu erfüllen«, fuhr Jutta fort. »Ihr habt Erfahrung darin … und ich bin noch sehr jung, um für so viele Menschen Verantwortung zu tragen.«
    Nun musste Clara Jutta insgeheim bewundern. Sie war tatsächlich sehr klug für ihr Alter. Sie wusste, dass sie die Rivalin nicht aus dem Herzen ihres künftigen Gemahls treiben konnte – schon gar nicht, indem sie sie oder die Kinder schlecht behandelte.
    Mit ihrer Großherzigkeit gegenüber Clara sicherte sie sich nicht nur Dietrichs Wohlwollen. Es war der einzige Weg, ihn für sich zu gewinnen. Und nachdem sie Clara durch ihre Bitte auf ihre Seite gezogen hatte, fühlte diese sich nicht mehr imstande, Jutta zu hassen.
    Sie ist wirklich noch so jung, dachte Clara mitleidig. Sie fürchtet sich vor der großen Verantwortung, die einer Burgherrin obliegt. Und wahrscheinlich fürchtet sie sich auch davor, was in der Hochzeitsnacht geschehen würde.
    »Ich werde Euch unterstützen, wo ich es kann«, sagte sie mit brüchiger Stimme. Und weil sie die Angst in den Augen der Jüngeren sah, dachte sie wider Willen: Er wird dir nicht weh tun. Er ist ein so wunderbarer Liebhaber …
    Der Gedanken schnürte ihr die Kehle zu, wie der Mann, den sie liebte, Jutta liebkosen und ihr zärtliche Worte zuflüstern würde.
    Ich habe es gewusst und in Kauf genommen, ermahnte sie sich erneut. Nun muss ich dafür zahlen.
    Doch es tat so weh im Herzen.

Erste Angriffe
    L andgraf Hermann eroberte die Camburg im Handstreich und fast ohne Blutvergießen. Bevor die thüringische Streitmacht vom gewaltigen Bergfried aus zu sehen war, zog einer seiner Männer als Bettler verkleidet zum Burgtor und gab seinen Gewährsleuten das geheime Zeichen, dass ein Angriff bevorstand. In der Nacht wurde ein von Lukas angeführtes Vorauskommando durch eine Seitenpforte in die Burg gelassen, überwältigte die Wachen und nahm den Burgkommandanten als Geisel.
    Hermann ließ die Burgbesatzung entwaffnen und verjagen, beschlagnahmte Pferde und Proviant und befahl, die Burgtore zu zerstören. Der Vorposten der feindlichen Wettiner direkt in seinem Herrschaftsgebiet, ein langjähriges Ärgernis und steter Streitpunkt, war damit vorerst unschädlich gemacht.
    Für mehr als die symbolische Zerstörung blieb keine Zeit; zwanzig Meilen weiter Richtung Nordosten steckte sein angehender Schwiegersohn in Weißenfels in großer Bedrängnis, und Hermann trieb seine Truppen durch die sommerliche Hitze voran, um die Belagerer sofort anzugreifen und zu vertreiben.
    Je näher sie Weißenfels kamen, umso schrecklicher war das Land verwüstet.
    Bedrückt sah Marthe auf die vom Feuer kahlgesengten Äcker. Zwar war es kaum weniger schlimm, wenn plündernde Truppen den Dörflern die Vorräte stahlen und das Vieh abstachen, aber die Saat so kurz vor der Ernte hilflos in schwarzem

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