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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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nicht zu bemerken, dass sie immer wieder angerempelt wurde, sich unzählige schwer bepackte Menschen an ihr vorbeidrängten und den Hof mit Lärm erfüllten.
    »Davon sagst du Graf Dietrich nichts!«, entschied sie so energisch, dass Paul nicht zu widersprechen wagte. Dann sah sie hilflos zu Elisabeth und Lukas. Sollte sie umkehren und ihrer Tochter beistehen, die nach der Entbindung in Trübsal versank, kaum aß, mit niemandem sprach und auch ihr Neugeborenes nicht stillen wollte? Dieses letzte Detail würde niemanden sonst verwundern; es gab genug junge Frauen, die sich liebend gern als Amme verdingten. Aber für Marthe hörte sich gerade das besonders alarmierend an.
    Sie sah sich plötzlich vor einer quälenden Wahl. Ihre Tochter brauchte Beistand. Aber in ihr brodelte auch das beunruhigende Gefühl, dass die Männer, die ihr am Herzen lagen, in der Schlacht dringend ihre Hilfe benötigten, um zu überleben.
    Zu allem Unglück musste sie sich auch noch sofort entscheiden, bald würde das Signal zum Abmarsch des Heeres gegeben …
    Was war richtig, was falsch? Wen sollte sie im Stich lassen?
    Während sie verzweifelt Elisabeth und Lukas um Rat fragte, kam Paul schon zurück.
    »Der Graf ist überglücklich«, berichtete er. »Das Kind soll Konrad heißen, nach seinem Großvater.«
    Natürlich hatte auch Dietrich zuerst gefragt, ob Clara lebte und es ihr gutging.
    Ich habe gesagt, sie lebt, und das ist keine Lüge, redete Paul sich zu. Mutter hat recht, der Graf muss seine Gedanken jetzt nach vorn richten, auf den Kampf, und darf sich nicht durch solche Sorgen verunsichern lassen.
    »Ich reite mit Paul zurück nach Eisenach«, entschied Elisabeth. »Ich kümmere mich um Clara.«
    »Wirst du hier nicht gebraucht?«, fragte Marthe, dankbar für dieses Angebot.
    »Auf der Burg wird Ruhe einkehren, wenn ihr alle fort seid, und im Haus wartet niemand mehr auf mich«, meinte Elisabeth, ihren Kummer verbergend. Roland war tot, und Raimund würde in die Schlacht ziehen. »Sorge du dafür, dass die Männer überleben!«

Am Salzigen See bei Röblingen
    A m Rand eines Waldes etwa zwei Meilen vor Röblingen, wo Albrecht von Wettin an einem salzigen See seine Truppen sammelte, ließen Landgraf Hermann und Dietrich von Weißenfels ihre Streitmacht rasten. Angesichts der dreitausend thüringischen Kämpfer und der zu ihnen gestoßenen Ministerialen samt Geleit fiel die Zahl der Weißenfelser kaum ins Gewicht. Doch am Ende zählte jeder, der eine Waffe führen konnte.
    Die Tiere wurden zu einem Wasserlauf geführt und getränkt, auch die Männer sollten sich stärken und ihren Durst löschen.
    Dann befahl Hermann den Kämpfern, niederzuknien und Gott und den heiligen Georg um Beistand in der Schlacht zu bitten.
    Nach dem vielstimmigen »Amen« trat beklemmende Stille ein. Nur die Blätter der Bäume rauschten müde im schwachen Wind, der an diesem heißen Sommertag kaum Kühlung brachte – schon gar nicht den voll gerüsteten Männern.
    Nun erhoben sich die Kämpfer einer nach dem anderen. Eisen klirrte, Pferde wieherten, Kommandos wurden gebrüllt, um die Reihen zu formieren.
    Hermann und Dietrich führten das Heer an, direkt auf Albrechts Lager zu. Ihnen folgten in breiter Linie Panzerreiterei, Bogenschützen und Fußvolk.
    Der Feind würde sie kommen sehen, aber die beiden Feldherren beabsichtigten ohnehin, Albrecht ein letztes Kapitulationsangebot zu unterbreiten, bevor sie ihre Männer erneut in die Schlacht schickten.
    Etwas mehr als eine Pfeilschussweite vom gegnerischen Lagerplatz entfernt, befahl Hermann den Kämpfern zu warten. Er selbst und Dietrich ritten in zügigem Trab voran, begleitet vom thüringischen Marschall, dem Burggrafen von Leisnig als Vertreter der Reichsministerialität und einem Dutzend Leibwachen, unter ihnen Lukas, Thomas, Norbert, Raimund und Burchard von Salza.
    Im meißnischen Lager wurde bereits hastig gerüstet, von überall erschollen Rufe und Kommandos. Die meisten Männer waren ohnehin kampfbereit; sie warteten längst auf einen Angriff.
    Als sich die kleine Gruppe mit dem thüringischen Banner näherte, kam ihnen ein einzelner Reiter entgegen: Gerald, der genesen und wieder in sein Amt als Marschall eingesetzt war.
    »Richtet dem Markgrafen aus, er möge sich mit seinen Truppen unverzüglich in seine Gebiete zurückziehen. Sonst greifen wir an!«, rief Hermann ihm zu.
    »Das werden wir nicht«, entgegnete Gerald nicht minder laut.
    »Habt Ihr Vollmacht, in Fürst Albrechts Namen zu

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