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Der Traum der Hebamme / Roman

Der Traum der Hebamme / Roman

Titel: Der Traum der Hebamme / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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seine Mutter seinen Vater geliebt hatte.
    Er war beinahe froh, dass die drei Männer jetzt nicht sofort eine Antwort von ihm erwarteten. Sonst hätte er aus lauter Begeisterung und Stolz über dieses Angebot sofort zugesagt.
    Er wurde ermahnt, die Pläne zur Ordensgründung vorerst für sich zu behalten, dann durfte er gehen.
    Thomas wartete draußen, bis Dietrich kam, um mit ihm zusammen ins Lager zu reiten. Auf dem Rückweg sprach keiner von beiden ein Wort; sie beide waren in Gedanken versunken.

Frühjahr 1197 in Freiberg
    D ie Rückkehr von Lukas und Marthe und ihren Begleitern sorgte bereits für Aufregung in Freiberg, kaum dass sie das Peterstor passiert hatten.
    Natürlich zog die Ankunft einer solch großen Gruppe Reisender immer neugierige Blicke an – diesmal angesichts der Zahl der Bewaffneten eher argwöhnische und ängstliche. Als die Ersten jedoch erkannten, wer an der Spitze des Zuges ritt, verbreitete sich die Nachricht im Nu, der Herr Lukas und seine Frau Marthe seien zurückgekehrt. Immer mehr Bewohner der Petersgasse kamen herbeigerannt, um dieses leibhaftige Wunder zu sehen, Willkommensgrüße und Segenswünsche zu rufen.
    »Ihr lebt! Bleibt ihr bei uns?« Von allen Seiten erklang diese Frage. Lukas schwieg würdevoll und schmunzelte in sich hinein, während Marthe vor Freude strahlte und die Grüße erwiderte, was von den Stadtbewohnern als Ja ausgelegt wurde.
    Noch bevor sie den Oberen Markt erreichten, waren die Reisenden schon von einem gewaltigen Menschenauflauf umgeben: Frauen, die den Hirsebrei vom Herdfeuer genommen hatten, um das Unglaubliche mit eigenen Augen zu sehen, Backmägde mit teigverklebten Händen, Handwerker mit Spänen oder Ruß an der Kleidung und Knechte, die für eine Weile vergaßen, was sie im Auftrag ihrer Herrschaften erledigen sollten.
    Dutzende von Kindern lärmten, sprangen und sangen um den langen Zug, auch wenn die meisten von ihnen nicht wissen konnten, was an diesen Reisenden so außergewöhnlich war. Aber bei so vielen Neuankömmlingen gab es immer eine Menge zu bestaunen – diesmal sogar einen Blinden zu Pferde!
    Voran ritten Lukas und Marthe, gefolgt von ihrem Sohn Daniel, dem blinden Bernhard, an dessen Seite ein treuer Helfer ritt, um notfalls nach den Zügeln zu greifen, und dem jungen Jakob, der inzwischen als Ritter in Lukas’ Diensten stand. Clara hielt Änne vor sich im Sattel, Guntram und Lisbeth den kleinen Dietrich und Konrad. Mehrere Knappen und ein Dutzend Reisiger hatte ihnen Norbert von Weißenfels als Geleitschutz mitgegeben.
    Und mittendrin saß auf einem Zelter eine magere Gestalt in einer Kutte, in der die älteren Freiberger staunend den etwas in die Jahre gekommenen Pater Hilbert erkannten.
    Als feststand, dass sie nach Freiberg zurückkehren würden, war Lukas beinahe den ganzen Winter über unterwegs gewesen, um ihn ausfindig zu machen. Christian hatte vor vielen Jahren den damals jungen Hilbert als Kaplan in seinen Haushalt aufgenommen, nachdem der eifernde Pater Sebastian die Pfarrstelle im Dorf zugesprochen bekam. Dieser war wie besessen davon, Marthe heidnischen Aberglauben oder Schadenszauber anzuhängen und sie vor ein Kirchengericht zu bringen. Doch da sie die Beichte bei ihrem Kaplan ablegte, blieb Sebastian sehr zu seinem Ärger keine Gelegenheit, sie gründlichst auszuhorchen.
    Nachdem Hilbert Marthe zur Flucht aus dem Verlies in Meißen verholfen hatte, war er auf eine Pilgerreise gegangen. Lukas fand ihn nach längerer Suche als Schreiber in Naumburg, und Hilbert erklärte sich bereit, ihn nach Freiberg zu begleiten – als Beichtvater für Marthe und ihre Familie und als Lehrer für Claras Söhne.
    Seine leiblichen Söhne hatte Lukas noch vor seinem Aufbruch aus Eisenach nach Weißenfels geholt. Sie wurden nun dort unter Norberts und Raimunds Kommando ausgebildet.
    Als die lärmende Kolonne den Oberen Markt überquerte, verloren die Metzger an den Fleischbänken und die Bäckersfrau am Brotstand vorübergehend die eben noch drängelnden Käufer. Also befahlen sie ihren Knechten und Mägden, auf die Ware aufzupassen, um selbst zu sehen, was dort los war. Das gab Gesprächsstoff für die nächste Kundschaft!
    Der Anblick des Marktplatzes rief in Marthe Erinnerungen an das denkwürdige Turnier kurz nach Claras Hochzeit mit Reinhard wach. Lukas hatte es gewonnen, obwohl Albrecht ihn dabei umbringen lassen wollte. Zuvor hatte Albrecht auf diesem Platz seine Macht durch einen Buhurt mit fünf Dutzend gerüsteten Reitern

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