Der Traum des Satyrs
Nacken und versuchte, seine Stärke in sich aufzunehmen. »Hast du schon einmal bei einer Geburt geholfen?«
»Ja.«
In stillem Zweifel betrachtete sie forschend sein Gesicht.
»In Zeiten des Krieges muss ein Mann viele Pflichten erfüllen.«
Er setzte sie auf das Bett, schob in einer fließenden Bewegung die Kissen am Kopfende zusammen und lehnte Emma dagegen. Dann legte er sich neben sie mit einem Arm unter ihren Schultern.
»Wie viel weißt du über das, was geschehen wird?«, hörte sie seine Stimme an ihrem Ohr.
»Jane sagte, dass es schmerzhaft sein würde. Aber der Schmerz würde nicht so lange andauern wie bei einer Frau, die ein rein menschliches Kind zur Welt bringt.« Sie schnappte nach Luft, als ihr Bauch sich ein weiteres Mal heftig verkrampfte.
»Ich bin hier«, versicherte er ihr. »Und deine Schwester hat nicht gelogen. Das alles wird in weniger als einer Stunde vorüber sein.«
In der Tat schienen ihre Beschwerden im Verlauf der Geburt sogar abzunehmen. Doch Emma klammerte sich weiterhin bei jeder Wehe an Dominic, dankbar für seine tröstenden Worte und die Stütze seines Körpers. Und gerade als sie glaubte, sie könnte nur noch schreien in dem verzweifelten Verlangen, die innere Fülle, die ihr ungeborenes Kind ausmachte, herauszupressen, begann endlich die Geburt.
Zu einer anderen Zeit wäre sie zu beschämt gewesen, um Dominics Hilfe bei der rohen und urtümlichen Aufgabe anzunehmen, die ihr Körper nun zu erfüllen hatte. Das war Frauenarbeit, die Emma hilflos machte und entblößte wie nie zuvor. Doch er war in den beinahe acht Stunden der letzten Nacht auf ihr und in ihr gewesen. Sein Geruch haftete an ihr, so wie ihrer an ihm. Sie hatte nichts mehr zu verbergen – nicht vor ihm.
Während die Zeit verging, verfolgte er mit wachsamem Blick jedes Zucken ihres Körpers. Geübte Hände streichelten ihr Haar und strichen ihr bei jedem Wehenkrampf beruhigend über den Rücken. Und in den letzten Augenblicken griffen seine Hände zwischen ihre Beine und brachten ihr Kind auf die Welt.
9
E in Mädchen!« Fassungslos starrte Dominic auf das Neugeborene in seinen Armen.
»Gesund?«, krächzte Emma erschöpft.
Sich kaum bewusst, was er tat, legte er das Kind auf ein Handtuch und fing an, es mit frischem Wasser, das zu diesem Zweck bereitstand, abzuwaschen.
Dieses winzige Mädchen war der Auserwählte? Beschützer seines Volkes? In der gesamten dokumentierten Geschichte seines Volkes hatte es niemals eine weibliche Dämonenhand gegeben.
»Dominic! Stimmt etwas nicht?«
Endlich bemerkte er die Furcht in Emmas Stimme und hielt das zappelnde Kind hoch, um es ihr zu zeigen. Sie hatte die Geburt in weniger als einer halben Stunde bewältigt und sich tapfer dabei gehalten. »Sie ist vollkommen. Du hast es gut gemacht.«
»Bring sie mir!«, beharrte Emma, die ihm offensichtlich nicht glaubte.
»Einen Augenblick noch.« Er hantierte herum, und seine Gedanken rasten, während er das Kind geschickt badete. Solange ihre Handfläche nicht silbern wurde, konnte man nicht wissen, ob sie tatsächlich eine Auserwählte war. Allerdings hatten sich die Bewahrer in dieser Hinsicht noch nie geirrt. Und tief in seiner Seele wusste er, dass es daran nur wenig Zweifel gab. Er sah in das unschuldige Gesichtchen des Babys und wünschte, es wäre anders.
Kurz darauf trocknete er es vorsichtig ab, legte es Emma in die Arme und ging wieder zu den Wasserbecken, um sich selbst eilig zu säubern.
Mutter und Kind betrachteten einander ernst, dann lächelte Emma und streichelte mit der Fingerspitze über eine weiche Babywange.
»Graue Augen. Wo hast du die nur her, Töchterlein?«, fragte sie schläfrig. Ihr Tonfall und ihre Miene wirkten mütterlich und liebevoll. Fasziniert versuchte Dominic, sich ihren Anblick, jetzt, in diesem Augenblick, einzuprägen.
Bisher hatte er jede Vollmondnacht seines Lebens im Tempel verbracht. Dort wurden deren Auswirkungen auf seine geistigen Fähigkeiten bewusst durch eine magische Aura gedämpft, die in uralten Zeiten gewoben worden war und bis heute von denen aufrechterhalten wurde, die in diesem Tempel lebten und beteten. Die vergangene Nacht hatte eine erregende und gefährliche Ausnahme gebildet. Er hatte die Kontrolle über seine Sinne verloren und war seinem körperlichen Verlangen komplett ausgeliefert gewesen. Was hatte diese Welt – diese Frau – nur an sich, das ihn so in ihren Bann zog?
»Du freust dich über sie?«, hörte er sich fragen, als er Tuch und Schale
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