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Der Traum des Satyrs

Der Traum des Satyrs

Titel: Der Traum des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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Einige endlose Sekunden lang standen sie wie Fremde in der Eingangshalle, genau dort, wo er sie letzten Abend zum ersten Mal leibhaftig erblickt hatte.
    »Du willst das Kind?«
    Sie hob die Brauen und hielt das Bündel in ihren Armen fester umschlungen. »Ob ich es will? Natürlich will ich es!«
    »Und doch hast du versucht, zu verhindern, dass du es empfängst.«
    »Ich will es«, beharrte Emma.
    Die Kleine rührte sich und streckte ein Fäustchen in die Luft, und Emma wiegte sich mit ihr sachte hin und her, um sie zu beruhigen. Sie hielt sie sanft und ganz selbstverständlich in den Armen. Liebevoll. Das Kind beruhigte sich wieder und begann, mit seinen Fingern nach dem Band zu grapschen, das das Mieder seiner Mutter säumte. Dominic sah dabei zu und ließ den Blick tiefer gleiten.
    Emmas Taille war wieder schmal. Von der Geburt eines Satyrkindes erholte eine Frau sich innerhalb von Stunden. Schon beim nächsten Vollmond in einem Monat wäre sie in der Lage, ein weiteres Kind zu empfangen. Ein Satyr konnte sechs Kinder in einem Jahr zeugen, wenn er sorglos genug war. Säen und ernten, säen und ernten, in einem endlosen Zyklus.
    Götter! Er wäre so gern derjenige, der das Einpflanzen beim nächsten Mal übernahm! Da, jetzt hatte er es sich selbst eingestanden! Er wollte bei ihr bleiben. Sich die Rechte eines anderen Mannes anmaßen. Töricht, wie er war.
    Abrupt fing sie an zu sprechen: »Ich möchte nicht undankbar sein. Und ich bin es auch nicht. Doch wie du dir vorstellen kannst, war die letzte Nacht schwierig – für Carlo. Und für mich. Es wird für alle das Beste sein, wenn du weg bist, wenn er zurückkommt.«
    Dominic rieb seine Hände aneinander. Die Dämonen in seiner Hand verhielten sich unnatürlich still, seit er durch das Portal gekommen war – ein Umstand, für den er nur dankbar sein konnte.
    Eines Tages würden sie ihn töten, und direkt mit seinem letzten Atemzug würden seine Kräfte auf das winzige Wesen in den Armen dieser Frau übergehen. Wie konnte man von einem Mädchen, das gar nicht dazu ausgebildet war, erwarten, eine solch erdrückende Last zu tragen?
    Er schaute wieder zu Emma. Wie viel sollte er ihr erzählen?
    Die Eltern wurden nie informiert, bevor es nötig war, und der Bewahrer hatte ihn davor gewarnt, mit ihr darüber zu sprechen.
    Niemand konnte aus seiner Welt ohne ausdrückliche Einladung hierherkommen. Also schien es gewiss, dass sie und das Kind hier in Sicherheit waren und glücklich in ihrer Unwissenheit leben konnten. Bis zu seinem Tod.
    Dann würde Emma lernen, ihn zu hassen. Wenn sie schließlich erfuhr, was ihr Kind war – geworden war, durch den Sex mit ihm.
    »Sieh mich an!«, befahl er.
    Trotzig begegnete sie seinem Blick. Für einen Moment fingen ihre Brillengläser das Licht ein und ließen ihre Augen wie ein weiteres Paar reflektierender Gläser erscheinen.
    »Was zwischen uns geschehen ist … es war nicht falsch«, erklärte er ruhig, in dem Versuch, sie beide zu überzeugen.
    »Bitte«, flüsterte sie, »es ist vorbei. Lass uns nicht darüber sprechen!« Das Licht veränderte sich, und ihre Augen waren wieder zu sehen, tief in ihren Höhlen liegend und von Schatten umrahmt. Verletzlich.
    Doch er würde sie nicht bemitleiden. Nicht er, den alle als erbarmungslos kannten. »Du bist wütend und verwirrt. Doch du
wirst
mich anhören!« Er packte sie an den Schultern und spürte, wie sie sich versteifte. »Wenn mir irgendetwas zustößt, wird dein Kind die Folgen spüren – in einer Weise, die du dir nicht vorstellen kannst.«
    Sie machte sich aus seinem Griff los und wich zurück. »Soll das eine Art Drohung sein?«
    Dominic stemmte seine Hände in die Hüften und musterte sie finster. »Nur eine Tatsache.«
    Sie zuckte verständnislos mit den Schultern. »Dann bitte ich dich, auf dein Wohlergehen zu achten, so dass meiner Tochter nichts zustößt.«
    »Emma«, sagte er und deutete die Treppe hinauf zu ihrem Schlafzimmer, »ob es uns gefällt oder nicht – ein Teil von mir ist heute Nacht auf dich und deine Tochter übergegangen. Wir drei sind nun miteinander verbunden, und es ist meine Pflicht, über euch beide zu wachen.«
    »Das ist die Pflicht eines Ehemanns und Vaters«, flüsterte sie. »Geh einfach! Bitte!«
    Einige Minuten lang stand Dominic einfach nur unentschlossen da. Dann wandte er sich ab.
    Emma folgte ihm zur Tür, offenbar bestrebt, ihn gehen zu sehen. All seine Instinkte drängten ihn, sie in seine Arme zu nehmen. Zu bleiben und sie

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